Sohn der Dunkelheit
sicher bald gebrochen werden würde, wenn er und dieser Lesser weiterhin zusammen Geschäfte machten.
Assail fuhr mit der Maus herum. Klickte einen der Bildausschnitte an. Schwenkte die Überwachungskamera herum und suchte das Gehölz hinter dem Haus ab.
Nichts regte sich. Keine Schatten huschten umher. Nicht einmal die Zweige der Kiefern bewegten sich in der windstillen Luft.
Keine Spuren von Skiern. Keine Gestalt, die hinter einem Baum hervorspähte.
Sie konnte ihn natürlich auch von einem anderen Punkt aus beobachten, dachte er. Vom anderen Flussufer aus. Von der anderen Straßenseite. Vom Ende der Auffahrt.
Geistesabwesend griff er nach dem Flakon mit Puder, den er neben dem Keyboard aufbewahrte. Er hatte am späten Nachmittag geschnupft, als er im schwindenden Tageslicht auf Nachtsicht für seine Kameras umschalten musste. Seitdem hatte er noch zweimal geschnupft, nur um sich wachzuhalten.
Mittlerweile hatte er seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen. Oder waren es drei?
Als er mit dem Silberlöffelchen am Boden des Flakons entlangfuhr und kleine Kreise zog, hörte er nur das Schaben von Metall auf Glas.
Er sah hinein.
Augenscheinlich hatte er alles aufgebraucht.
Völlig genervt von einfach allem warf Assail den Flakon von sich und lehnte sich zurück. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, und der Drang, von einem Bild zum nächsten und wieder zum nächsten zu springen, verdrängte allmählich alles andere. Vage registrierte er, dass sein Kopf auf ungesunde Weise summte.
Doch er kam nicht raus. War in eine Sackgasse geraten.
Wo war seine schöne Einbrecherin?
Ihre Worte waren doch nicht etwa ernst gemeint gewesen?
Assail rieb sich die Augen. Er hasste es, wie sich seine Gedanken überschlugen, ohne dabei irgendetwas Sinnvolles zu produzieren.
Er konnte einfach nicht fassen, dass sie sich von ihm fernhalten wollte.
Als sein Handy klingelte, hob er es viel zu schnell auf, viel zu nervös. Und als er sah, wer es war, musste er sich ernsthaft am Riemen reißen.
» Haben Sie die Aufzeichnungen erhalten? « , blaffte er statt einer Begrüßung.
Die Stimme seines größten Kunden klang nicht erfreut. » Wer sagt mir denn, von wann sie stammen? «
» Sie müssen doch wissen, was Ihre Männer zu dem Zeitpunkt trugen. «
» Aber wo ist meine Ware? «
» Das kann ich Ihnen nicht sagen. Meine Verantwortung endet mit der Übergabe an Ihre Leute. Was danach passiert, geht mich nichts an. «
» Sollte ich je herausfinden, dass Sie mich verarschen, töte ich Sie. «
Assail seufzte gelangweilt. » Guter Mann, das wäre Zeitverschwendung. Wie sollten Sie dann an Ihren Stoff kommen? Und darf ich in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass für mich kein Anreiz besteht, Sie oder Ihre Organisation übers Ohr zu hauen? Mich interessiert der Gewinn, den Sie erzielen, ich werde also mein Äußerstes tun, damit mir weiter Geld zufließt. Es ist ein Geschäft. «
Ein langes Schweigen folgte, aber Assail kannte seinen Partner mittlerweile gut genug und wusste, dass der Jäger am anderen Ende nicht verunsichert oder ratlos war.
» Ich brauche eine neue Lieferung « , brummte er schließlich.
» Und ich beliefere Sie gern. «
» Sie müssen mir Kredit gewähren. « Jetzt runzelte Assail die Stirn – aber der Lesser fuhr fort, bevor er etwas einwenden konnte. » Sie schießen mir die nächste Bestellung vor, und ich sorge dafür, dass Sie Ihr Geld bekommen. «
» Auf diese Weise mache ich keine Geschäfte. «
» Ich sage Ihnen jetzt, was ich über Sie weiß: Sie sind eine kleine Organisation, die ein großes Gebiet kontrolliert. Sie brauchen Verteiler – denn die alten haben Sie getötet. Ohne mich und meine Männer sind Sie bedauerlicherweise am Arsch, wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen. Sie sind nicht ansatzweise in der Lage, ganz Caldwell zu beliefern – und Ihre Ware ist wertlos, solange Sie nicht in die Hände der Konsumenten gerät. « Als Assail nicht sofort antwortete, lachte der Lesser leise. » Oder dachten Sie etwa, Sie wären ein Unbekannter, mein Freund? «
Assail umklammerte sein Handy.
» Ich denke also, Sie haben recht « , schloss der Jäger. » Wir beide sind Freunde. Ich brauche mich nicht mit dem Großhändler herumzuschlagen, wer immer es ist. Besonders nicht in meiner derzeitigen … Erscheinungsform. «
Ja, allein der Gestank wäre für Benloise Grund genug, ihn vor die Tür zu setzen, dachte Assail.
» Ich brauche Sie. Sie brauchen mich. Und deshalb werden Sie die Ware
Weitere Kostenlose Bücher