Sohn der Dunkelheit

liefern und mir achtundvierzig Stunden geben, um zu bezahlen. Sie haben vollkommen recht: Ohne den anderen läuft nichts, Bruder. «
    Assail bleckte die Fänge, und sein Spiegelbild in der Scheibe des Monitors sah wahrlich zum Fürchten aus.
    Dennoch sagte er ganz gelassen: » Wo soll die Übergabe stattfinden? «
    Als der Lesser erneut lachte, als fände er Spaß an dieser Sache, konzentrierte Assail sich auf die Fratze, die ihm entgegenlachte. Es wäre unklug von dem Jäger, raffgierig zu werden oder sich zu viele Freiheiten herauszunehmen.
    Denn es gab da eine Regel in der Geschäftswelt, die immer galt: Niemand war unersetzlich.
    Als Trez erwachte, hatte er das Gefühl, auf einer Wolke zu schweben – und eine Sekunde lang fragte er sich, ob es so war. Sein Körper schien völlig gewichtslos, sodass er nicht einmal sagen konnte, ob er auf dem Bauch oder dem Rücken lag.
    Ein merkwürdiges Geräusch drang durch seine Benommenheit.
    Ssst.
    Er hob den Kopf. Schlagartig stellte sich die Orientierung ein: Das rote Leuchten seines Digitalweckers sagte ihm, dass er quer und bäuchlings auf dem Bett lag.
    Und wieder dieses Geräusch.
    Was war das? Metall auf Metall?
    Er spürte die Bewegungen von iAm am Ende des Flurs, denn die Gegenwart seines Bruders war ihm so vertraut wie die eigene. Sollte also sonst noch jemand in der Wohnung sein oder irgendeine Bedrohung bestehen, würde iAm sich der Sache annehmen.
    Trez rappelte sich auf, stieg aus dem Bett und … halleluja, das Zimmer drehte sich im Kreis. Allerdings hatte er auch rein gar nichts im Magen. Und womöglich hatte er zudem Leber, Nieren und Lunge während seines Migräneanfalls von sich gegeben. Zum Glück war der Schmerz verklungen, und die Benommenheit war gar nicht übel. Ein bisschen wie betrunken sein, nur dass der Kater vorher kam.
    Er wankte ins Bad und war schlau genug, das Licht ausgeschaltet zu lassen. Dafür war es noch ein bisschen früh.
    Die Dusche tat so gut, dass er am liebsten geheult hätte. Rasieren sparte er sich fürs Erste – dafür wäre später Zeit, wenn er wieder etwas im Magen hatte. Der Morgenmantel fühlte sich gut an – angenehm warm, vor allem, als er den Kragen hochschlug und den Hals bedeckte.
    Das Barfußlaufen nervte etwas, umso mehr, als er aus seinem Zimmer auf die Marmorfliesen im Flur trat, aber er musste herausfinden, was dieses Geräusch …
    An der offenen Tür zum Zimmer seines Bruders blieb Trez stehen. iAm stand halb im Schrank und holte Hemden auf Bügeln heraus. Als er die nächste Ladung auf der Messingstange zusammenschob, gab es wieder dieses Geräusch. Sssst.
    Natürlich wirkte sein Bruder nicht überrascht, dass Trez erschienen war. Er warf die Ladung einfach aufs Bett.
    Scheiße.
    » Du machst dich vom Acker? « , murmelte Trez, und seine eigene Stimme hallte in seinem Kopf wider.
    » Ja. «
    Scheiße. » Hör zu, iAm, ich wollte nicht … «
    » Deine Sachen packe ich auch ein. «
    Trez blinzelte.
    » Ach so? « Zumindest ließ ihn sein Bruder nicht im Stich. Oder wollte er sich die Befriedigung verschaffen, Trez’ Sachen vom Balkon zu werfen?
    » Ich habe eine sichere Unterkunft für uns aufgetan. «
    » In Caldwell? «
    » Ja. «
    Musste man ihm jedes Wort aus der Nase ziehen? » Willst du mir nicht sagen, wo? «
    » Das würde ich, wenn ich es könnte. «
    Trez ließ sich stöhnend an den Türstock zurücksinken und rieb sich die Augen. » Du hast eine neue Bleibe für uns – und weißt nicht, wo sie ist? «
    » Du hast es erfasst. «
    Okay, vielleicht war es doch keine Migräne gewesen, sondern ein Schlaganfall. » Tut mir leid, ich kapiere nicht ganz … «
    » Uns bleiben « – iAm sah auf die Uhr – » drei Stunden, um zu packen. Nur Kleidung und persönliche Gegenstände. «
    » Möbliert also « , folgerte Trez nüchtern.
    » Ganz genau. «
    Trez vertrödelte etwas Zeit damit, seinem Bruder beim supereffizienten Packen zuzusehen. Hemden wurden von Bügeln gestreift, ordentlich gefaltet und in schwarzen Louis-Vuitton-Epi-Taschen verstaut. Mit den Hosen verfuhr er genauso. Feuerwaffen und Messer kamen in ein Set aus Stahlkoffern.
    Bei dieser Geschwindigkeit würde sein Bruder in einer halben Stunde fertig sein.
    » Du musst mir sagen, wo es hingeht. «
    iAm sah ihn an. » Wir ziehen zur Bruderschaft. «
    Trez’ Hirn leerte sich wie der Spülkasten einer Toilette, und der Nebel lüftete sich mit einem Schlag. » Entschuldige, was? «
    » Wir ziehen zu ihnen. «
    Trez’ Augen traten hervor. » Ich