Sohn der Dunkelheit

Titel: Sohn der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward

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interpretierte. Darin liegt der Schlüssel. Je gewichtiger der Präzedenzfall, desto besser die Aussichten. «
    Welch ein Hohn. Die Rechtsauslegung des Vaters würde den Sohn zu Fall bringen.
    » Unser Problem ist der König. Er muss am Leben bleiben – und darf die Schwachstelle in seiner Legitimation nicht erkennen und beheben, bevor wir uns aufgestellt haben. «
    » Du mailst meinem Vertrauten die entsprechenden Passagen, und dann setzen wir uns zusammen. «
    » Das wird ein paar Tage in Anspruch nehmen. «
    » Verstanden. Aber ich erwarte deinen Anruf. «
    Als sie Namen austauschten und Xcor die E-Mail-Adresse von Throe weitergab, hellte seine Stimmung sich auf. Wenn dieser Kerl recht behielt, würde die Herrschaft von Wrath ohne weiteres Blutvergießen enden. Und dann konnte Xcor über die Zukunft der Spezies bestimmen: Soweit er wusste, hatte Wrath keine Familie, wenn er also beseitigt war, gab es niemanden, der Anspruch auf den Thron erheben konnte. Obwohl das natürlich nicht hieß, dass keiner aus dem Gebüsch gekrochen kam.
    Doch mit Emporkömmlingen würde er zurechtkommen. Und mit Unterstützung des Rates würde er bestimmt ein populärer Anführer werden – vorausgesetzt, es tanzte niemand aus der Reihe.
    Denn Wrath war nicht der Einzige, der die Gesetze ändern konnte.
    » Verschwende keine Zeit « , sagte Xcor. » Du hast eine Woche. Nicht länger. «
    Die Antwort war äußerst zufriedenstellend: » Ich begebe mich sogleich an die Arbeit. «
    Wenn das kein schöner Abschluss für das Telefonat war.

33
    Der Tunnel, der das Haupthaus mit dem Trainingszentrum verband, war kalt, schummrig und ruhig.
    Qhuinn war allein auf dem Weg und froh darüber. Wenn man sich beschissen fühlte, gab es nichts Schlimmeres, als von fröhlichen Leuten umgeben zu sein.
    Er kam an die Tür, die durch die Rückwand des Büroschranks führte, gab die Kombination ein und wartete, bis die Schlösser aufschnappten. Dann ging es vorbei an Bürokram und Stiften, raus durch eine zweite Tür und um einen Schreibtisch herum. Als Nächstes passierte er den Kraftraum, doch ihm war nicht nach Training zumute. Nach dem Initiationsritus tat ihm alles weh – besonders die Arme, mit denen er sich an den Griffen festgehalten hatte.
    Mann, seine Hände waren noch immer taub, und als er die Finger krümmte, ahnte er zum ersten Mal in seinem Leben, wie eine Arthritis sich anfühlen musste.
    Er ging weiter bis zum Klinikbereich. Als er sich die Kleidung glattstrich, fiel ihm auf, dass er noch immer in der Robe steckte.
    Doch er würde nicht zurückgehen, um sich umzuziehen, so viel stand fest.
    Er klopfte an den Aufwachraum und rief: » Luchas? Bist du wach? «
    » Komm rein « , antwortete sein Bruder heiser.
    Qhuinn musste sich innerlich wappnen, bevor er eintrat. Und er war froh, dass er es getan hatte.
    Luchas lag auf dem Bett, den Kopf auf Kissen gebettet, und er sah immer noch aus, als stünde er an der Schwelle zum Tod. Das Gesicht, das Qhuinn intelligent und jung in Erinnerung hatte, war von Falten durchzogen und düster. Der Körper war unerträglich dünn. Und diese Hände …
    Gütiger Himmel, die Hände.
    Da wollte er sich über schmerzende Hände beschweren?
    Er räusperte sich. » Hi. «
    » Hallo. «
    » Tja, also. Wie ist es dir ergangen? «
    Echt super Frage. Dem Kerl standen wochenlange Bettruhe und dann Monate der Physiotherapie – und er konnte sich glücklich schätzen, wenn er jemals wieder einen Stift würde halten können.
    Luchas winselte, als er versuchte, die Achseln zu zucken. » Ich bin überrascht, dass du gekommen bist. «
    » Nun, du bist mein … « Qhuinn verstummte. Denn faktisch war Luchas kein Verwandter mehr von ihm. » Ich meine … ja. «
    Luchas schloss die Augen. » Ich war immer dein Bruder und werde es immer bleiben. Kein Schriftstück kann das ändern. «
    Qhuinns Augen wanderten zu der verstümmelten rechten Hand und dem Siegelring. » Ich glaube, Vater würde dir da widersprechen. «
    » Vater ist tot. Seine Meinung zählt nicht mehr. «
    Qhuinn blinzelte.
    Als er schwieg, öffnete Luchas die Augen. » Du scheinst überrascht. «
    » Nichts für ungut, aber so etwas hätte ich nie aus deinem Mund erwartet. «
    Luchas deutete auf seinen geschundenen Körper. » Ich habe mich geändert. «
    Qhuinn zog sich einen Stuhl heran, setzte sich und rieb sich das Gesicht. Er war hierhergekommen, weil ein Besuch beim totgeglaubten, entfremdeten Bruder der einzig annähernd annehmbare Grund war, eine Party