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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Mantel-und-Degen-Drama vor.«
    Amaouri und Diomed III. musterten sich. Sie wußten genau, welchen Stellenwert sie in einem Projekt einnahmen, das vor Zehntausenden von Jahren angelaufen war, ohne daß jemand etwas gemerkt hatte. Sie selbst, Dorian V. eingeschlossen, befanden sich in der Spitze einer Pyramide. Einst war die gesamte Erdbevölkerung die unterste Schicht dieser Pyramidenbasis gewesen.
    »Keine Sorge. Selbst Eingriffe in die Intimsphäre erfolgen im Interesse Dorians und der Erde!« versicherte Diomed.
    »Also schon wieder dieser merkwürdige Traum, für dessen Entstehen es keinen Hinweis gibt?«
    »Ja. Zum achtenmal, Diomed!«
    Amaouri sah ihn mit ihren kühlen, großen Augen an. Diomed wußte, wie wenig Chancen ein anderer Mann bei Amaouri hatte. Sie kannten sich gut und lange und wußten, was sie voneinander zu halten hatten.
    »Berichte bitte!« sagte er ruhig, stellte die Uhr zurück und legte die Hände flach auf die Tischplatte.
    »Du kennst die Geschichte!« warf sie ein. Sie rührte sich nicht, und niemand wußte, welche Gedanken sich hinter ihrer schönen Stirn verbargen. Nicht einmal Dorian.
    »Vielleicht fällt mir bei der achten Erzählung etwas auf, was die sieben Vorgänger nicht enthielten!« antwortete Diomed, streckte einen kleinen Finger aus und aktivierte das Aufzeichnungsgerät. Mildes Licht im Farbwert von viertausendachthundert Kelvin flutete durch den Raum und spielte auf den Zweigen der Bäume, auf den glatten Oberflächen der Blätter.
    »Dorian träumte wieder von einem Planeten namens Halcyon Epsilon. Dort hat sich eben – wobei dieses Wort natürlich der Schnelligkeit eines Traumes entspricht – ein Gebirge gehoben. Die Menschen dort nannten den Vorgang die Prächtige Orogenese. Als sich der kilometerlange Gebirgszug vollends aus dem Wasser gehoben hatte, fand man ein langes, deformiertes Stahlband, eine Art Fries. Man säuberte und restaurierte den Fries und erkannte darauf Szenen aus der Vergangenheit. Und Dorian ist im Traum davon überzeugt, daß die Vergangenheit der Erde gezeigt wird, in Verbindung mit dem Brustschild des Daidalos, den wir einfachheitshalber Dädalos nennen.«
    Diomed überlegte eine Weile, dann erkundigte er sich.
    »Dorian V. dialogisierte während des Schlafes?«
    »Richtig. Er sprach seinen Part als Dialog. Ich konnte nur einen Teil rekonstruieren, da er verschiedene Sprachen benutzte.«
    »Weiter …«
    Diomed und Amaouri befanden sich im obersten Geschoß eines der drei Turmhäuser, die am Rand des Raumhafens standen. Jetzt, nachdem Terra mit einer gewaltigen Menge von Schiffen das Weltall durchsucht hatte und man einsehen mußte, daß man zwar viel gesehen und gefunden hatte, darunter jedoch kein Volk gewesen war, das dieses riesigen Erbes würdig war, stagnierte die Sternenschiffahrt. Die riesigen Raumschiffe am anderen Rand des Flugfeldes, die zum Teil jahrelang ihren Platz nicht verlassen hatten, wurden gepflegt, durchgesehen und umgerüstet. Für den Tag X, dessen Datum in nebulösen Fernen liegen mochte. Sämtliche Bauwerke hier dienten jetzt nur noch einem Zweck: dem Projekt.
    Amaouri warf einen langen, nachdenklichen Blick auf die kreisrunde Betonfläche in strahlendem Weiß und sagte:
    »Er sprach mit einem Mann namens Kassandros. Er diskutierte mit ihm über den Brustschild.«
    »Ich verstehe. Ein lernpsychologisches Problem. Die Unsicherheit gegenüber der Wahrscheinlichkeit: Ist unser definiertes Fahrtziel tatsächlich eine Sonne oder besser ein Planet?«
    »So ist es. Was soll ich tun, Diomed?«
    »Nichts«, sagte er und lachte kurz. »Wir haben noch genügend Zeit.«
    »Wenn ich genauer nachdenke, so ist Zeit das einzige, das wir im Überfluß haben«, stellte Amaouri fest.
    »Glücklicherweise haben wir auch dich und Dorian«, schloß Diomed. »Was sagt Biona 2?«
    Amaouri zuckte die Schultern.
    »Wir alle wissen, daß auch eine Serie zusätzlicher Untersuchungen kein anderes Ergebnis bringen kann. Dorian V. ist, was seinen Körper betrifft und alle seine Reflexe, startbereit.«
    Wieder blickten sie beide, wie auf ein geheimes Kommando, durch das Panoramafenster. In der Mitte des Raumhafens stand im gitterförmigen Startgerüst das Raumschiff. Es sah aus wie eine goldschimmernde Granate mit schlanken Tragflächen. Schnell, zuverlässig, dauerhaft. Eines der schönsten Erzeugnisse der Erde. Eine der vielen Summen; die Summe der Raumfahrttechnik und der dazu benutzbaren Servoeinrichtungen aller Art. Ein guter Raumfahrer wie Dorian

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