Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
linkes Handgelenk. Er öffnete den Manschettenknopf und blickte voll Schrecken auf das »Hexermal«. Es schwelte förmlich auf seiner Haut.
Julius De Vere quälte ihn aus dem Grab. Aus der Hölle selbst. Dessen war er sich sicher.
Xavier holte sein Handy hervor, scrollte die Nummernliste durch und wählte.
»Ich glaube, wir haben da ein Problem«, sagte er ins Telefon. Als er bemerkte, dass die Kellnerin auf ihn zukam, lächelte er sie an. »Die Rechnung, bitte.«
Kaum war die junge Frau gegangen, senkte er die Stimme. »Nein … nichts, mit dem ich nicht fertig werde. Ich wollte es Ihnen nur sagen … Ja … Es sieht so aus, als hätte Nicholas einen Brief geschrieben. Bevor er starb. Verschickt in einem Umschlag mit dem Wappen von Mont-Saint-Michel … Ja, ich habe ihn … Natürlich werde ich die Beweise vernichten. Jason De Vere kommt am Wochenende zu Besuch. Ich werde herausfinden, was er weiß. Wir sollten ihn im Auge behalten … Informieren Sie mich über unsere Londoner Verbindung, sobald Sie diese lästige IT -Pest, diesen Weaver, erledigt haben.«
Er schaltete das Handy aus und starrte grimmig vor sich hin.
Sein Patensohn würde ein ernst zu nehmender Gegner sein, falls sein Argwohn sich schließlich erhärten sollte. Aber das würde, wenn man die Sache richtig handhabte, nicht von heute auf morgen der Fall sein.
Jason De Veres Vernichtung nach der Öffnung des Siebten Siegels würde unumgänglich sein. Bis dahin würde er den Zwecken der Bruderschaft dienen.
CAMDEN TOWN, London
Es regnete in Strömen.
Dylan Weaver stand, von der Straße aus nicht zu sehen, in der Eingangsnische der Iceland-Filiale. Er blickte erst auf seine Uhr und dann nach hinten durch die Glastür des Gefrierkost-Supermarkts, bevor er sich auf die beinahe menschenleere High Street hinauswagte.
Etwa hundert Meter entfernt standen immer noch die beiden schwarzen Range Rover, die um 11 . 00 Uhr vor dem Haus, einer ehemaligen Klavierfabrik, vorgefahren waren, in dessen zweitem Stock sein Apartment lag.
Er zog sich den gelben Anorak über den Kopf und leerte den Inhalt einer angefangenen Tüte Kartoffelchips in seinen Mund.
Mit einem raschen letzten Blick zu seiner Wohnung hinüber eilte er durch den Regen in Richtung U-Bahn-Station Kentish Town. Er konnte von hier aus die Northern Line nach King’s Cross nehmen und dort in die Circle Line nach Paddington umsteigen. So würde er gerade noch den letzten Express nach Heathrow erwischen.
Zum fünften oder sechsten Mal vergewisserte er sich mit schwitzigen Fingern, dass das eselsohrige Flugticket immer noch in seiner Tasche steckte. Die Superhacker in Hangzhou mussten die Harddisk vor über einer Stunde erhalten haben.
Sein Flug ging morgen um die Mittagszeit mit dem Virgin-Atlantic-Airbus vom Terminal 3 nach Schanghai. Das Flugzeug würde gegen Abend dortiger Zeit auf dem Pudong Airport landen.
Und dann wäre er erst einmal in Sicherheit.
XXX
APOKALYPSE
M ichael stand vor Gabriels Gemach und betrachtete seinen Bruder vom Eingang aus.
»Deine Seele ist bereit?«, fragte er.
»Die Träume …« Gabriel sah zu Michael auf. Sein Gesicht war von Leid erfüllt, seine Züge von Kummer gezeichnet. »Königreiche steigen auf und vergehen … das Menschengeschlecht … das Gericht … die Offenbarung des heiligen Johannes. Ich sehe die Dinge, die da kommen werden … alles, was der Welt des Menschengeschlechts bevorsteht … Als der Offenbarer.« Gabriel zitterte. »Als Verkünder …«
Michael sah Gabriel wortlos an.
»Dort vor mir war ein fahles Ross …« Gabriel schauderte. »Der Name seines Reiters war Tod …« Er stand auf, trat auf die Terrasse hinaus und richtete seinen Blick auf das Rubinentor. »Krieg … Hungersnot … Pest«, flüsterte er. »Hagel und Feuer, mit Blut vermischt …« Er senkte den Kopf. »Ich wünschte, dass es nie so weit gekommen wäre.«
»Er hat ihnen wieder und wieder Gelegenheit gegeben zu bereuen.« Michael wurde von Gefühlen übermannt; seine Stimme bebte. »Sie haben Christos verschmäht. Sie haben das große Opfer verschmäht. Sie ziehen es vor, Lucifer zu folgen. Jehovah hat eine Ewigkeit gewartet, Gabriel. Jahrtausendelang hat er das Gericht hinausgeschoben.«
Michael ging durch das Gemach zu seinem Bruder hinüber.
»Und doch liebt Er sie immer noch«, sagte Gabriel leise.
»Er kann Sein Gericht nicht länger hinausschieben.« Michael legte seine Hand auf das Schwert. »Die Waagschalen des Frevels
Weitere Kostenlose Bücher