Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
zurück und nahm das Foto aus dem Umschlag.
Julia zeigte auf Julius De Vere. »Ich erkenne niemanden außer deinem Großvater und Onkel Xavier.«
Jasons Headset piepste. »Ja, Purvis«, sagte er.
Er drehte sich um. Der Chauffeur kam über den geharkten Weg auf sie zu. Er trug ein weißes Kranzgebinde in der Hand. Jason nahm den Kranz und legte ihn auf das Grab seines Vaters.
»Okay. Ich bin unterwegs«, teilte Jason seiner Assistentin mit. »Sag unserem Piloten Mac, er kann schon mal die Maschine warmlaufen lassen.«
Er sah auf seine Uhr, drehte sich um und begann den Weg zurückzugehen, den er gekommen war. Den Umschlag und das Foto behielt er bei sich. Julia folgte ihm langsam nach.
»Sag Levine, er soll daran denken, meinen Aktenkoffer mitzubringen«, fuhr Jason fort. »Und zwei Reservierungen für die Rose Bar. Heute Abend, 21 . 00 Uhr. Und erinnere mich bitte dran.«
Er schaltete das Handy aus und ging zu dem Bentley, der direkt vor Julias Jaguar parkte. Der Chauffeur hielt die hintere Wagentür für ihn auf.
Jason zögerte. Er wandte sich um und winkte mit dem Briefumschlag in der Hand der schlanken Gestalt in Weiß zu, die ihm nachblickte. Sein Lächeln war unbeholfen, aber aufrichtig.
»Danke.«
XXIX
DER PATE
29 . Dezember 2021 Gramercy Hotel –
Lexington Avenue, New York
J ason stand unter dem venezianischen Kristalllüster in der Lobby des New Yorker Luxushotels. Nach der anstrengenden letzten Woche fühlte er sich wie ausgelaugt, und der einsetzende Jetlag machte sich zusätzlich bemerkbar. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und sah sich um. In einem großen italienischen Kamin brannte ein Feuer. Die Vorhänge waren aus rotem Samt, die Leinwände der Bilder an den Wänden riesig. Der Liftboy sah in seinem Jackett aus wie ein Matador.
Der Glanz der Alten Welt verschmolz mit der Ästhetik der Neuen – so oder ähnlich hätte Nick es zweifellos ausgedrückt.
Eine der drei Penthaus-Suiten hier im Hotel war Nicks Zuhause gewesen, wann immer er sich in New York aufgehalten hatte. Er hatte es »High Bohème« getauft und es geliebt.
Jason stand wie erstarrt. Alles, buchstäblich alles erinnerte ihn plötzlich an Nick.
Er sah auf seine Armbanduhr. 21 . 30 Uhr. Xavier Chessler würde bereits in der Rose Bar auf ihn warten. Er war ein Mann von absoluter Pünktlichkeit und führte sein Privatleben mit der gleichen rigorosen Disziplin wie seine Bankgeschäfte.
Jason trat in den Aufzug, dann hinaus in den hohen, von Kerzenlicht erhellten Raum.
Vor einer mit grünem Samt bespannten Wand, direkt unter einem Bild von Andy Warhol, saß Xavier Chessler.
Jason nahm ihm direkt gegenüber auf einem mit rotem Samt gepolsterten Stuhl Platz und musterte seinen Paten.
Das Alter war gnädig zu Xavier Chessler gewesen. Seine Mähne aus dichtem, glattem silbernem Haar umrahmte ein markantes Gesicht. Xavier Chessler war vor Kurzem vierundachtzig geworden, sah aber zwanzig Jahre jünger aus. Jason hegte den leisen Verdacht, dass der halb im Ruhestand lebende Investmentbanker sein relativ jugendliches Aussehen auch einigen dezenten Gaben von Botox zu verdanken hatte, woran seine extravagante Gattin Marina, die früher Teil des internationalen Modezirkus gewesen war, nicht ganz unschuldig sein mochte.
Xavier nippte an einem Cocktail.
Seltsam. Jason runzelte anzüglich die Stirn. Sein Pate war normalerweise sehr wählerisch, was seine Ernährung betraf, und rührte Alkohol so gut wie nie an.
Chessler sah Jason verschmitzt an. »Nur Ananassaft mit ein bisschen Ingwer, geschüttelt mit Minze, Limone und einem Spritzer Angostura.« Er schüttelte den Kopf. »Höchst erfrischend, wenn ich das bemerken darf. Auch wenn du wahrscheinlich deinen Single Malt vorziehst.«
»Für gewöhnlich bekommt man keinen Lagavulin in New York.«
»Das hier ist ein erstaunlicher Ort, mein junger Jason.« Er deutete auf das gemischte Publikum, das sich in der Bar versammelt hatte. Berühmtheiten. Junge Investmentbanker. Leute mit Geld. »Nick hat sich immer hier wohlgefühlt.«
Chessler winkte der nächsten Bedienung. Sogleich trat die junge Frau zu ihnen.
»Einen Lagavulin.« Er zeigte auf die Karte. »Und für mich das Gleiche wie vorher.« Als die Kellnerin fortgegangen war, fuhr Chessler fort: »Nick und ich haben hier Marinas letzten Geburtstag gefeiert. Du warst in Beijing. Adrian und deine Mutter haben für ihn hier den Sommer über das Zimmer bezahlt.«
»Ich wusste nicht, dass er im Juli hier
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