Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
verbeugte sich. »Ihr Whisky steht auf dem Barschränkchen. Ich habe mir erlaubt, bereits ein Glas einzuschenken.«
»Maxim, noch eines. Mutter war sehr verwirrt. Sie erzählte etwas von einer Akte, die angekommen sei …« Er hielt inne. »Von meinem Vater.«
»Von Master James?« Maxim runzelte die Brauen. »Aber Master James ist tot.«
Jason nickte. »Ja, Maxim, das wissen wir«, sagte er geduldig.
»Am Dienstag ist in der Tat ein Päckchen angekommen. Eine FedEx-Sendung, adressiert an Madam Lilian. Sie hat die Empfangsbestätigung selbst abgezeichnet. Danach hat sie das Abendessen verweigert.«
»Danke, Maxim.«
Mit einer Verbeugung schloss Maxim die hohe Mahagoni-Doppeltür zum Salon.
Jason ging hinüber zum Barschrank und schaltete die kleine Lampe ein, die darauf stand; dann nahm er sich den Whisky, den Maxim für ihn eingeschenkt hatte. Schweigend sah er aus dem hohen Fenster hinauf in den Nachthimmel. Nach einer Weile griff er sich die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein.
Er wechselte von SKY zu CNN , danach zu VOX USA . Die üblichen Bilder von Plünderungen und von Soldaten, die in den streng reglementierten Straßen von New York Kontrollen durchführten. Er sah die Schlangen an den Lebensmittelausgaben in Los Angeles und seufzte. Amerika war in Anarchie verfallen. Die Vereinigten Staaten waren nicht wiederzuerkennen. Ja, sie sollten noch in diesem Monat in dreiunddreißig Regionen aufgeteilt werden, die alle eine eigene autonome Regierung haben würden. Das wäre das Ende der USA .
Gott sei Dank hatte er das Hauptquartier von VOX nach Babylon verlegt – auf Adrians Anraten hin.
Die große Standuhr schlug die Stunde. 2 . 00 Uhr in der Nacht. Er schaltete BBC NEWS 24 ein und ließ sich auf das Sofa sinken. Im Halbdunkel des Salons sah er Adrians Gesicht auf dem Bildschirm aufscheinen.
»Adrian De Vere, Präsident des Europäischen Superstaats, beendete den heutigen Weltgipfel mit der Ankündigung eines Hilfsprogramms in Höhe von fünfzig Billionen Dollar …«
Jason schaltete um auf Video. Bilder von Adrian, Nick und ihm selbst als Kinder liefen über den Bildschirm. Seufzend ließ er sich in die Polster zurücksinken und legte die Füße auf den Couchtisch. Eine jüngere Ausgabe von Lilian hielt einen kleinen Nick auf dem Schoß, während dieser drei Kerzen auf einem riesigen Geburtstagskuchen ausblies. Jason und Adrian standen mit Hemd und Fliege daneben.
Erinnerungen an die Party zu seinem siebzehnten Geburtstag wurden wach. Es war auf dem Landsitz der Familie in Narragansett gewesen. Nick war mit einer Kamera herumgelaufen und hatte wie ein Wilder fotografiert: Jason, Adrian und alles andere, was ihm vor die Linse kam.
»Nick.« Jason seufzte. Seit dem Tod seines Bruders waren über dreieinhalb Jahre vergangen, und immer noch wünschte er sich jeden Tag aufs Neue, irgendwann eine Chance zu bekommen, die Dinge wiedergutzumachen.
Sein Handy meldete sich. Eine Textnachricht von Tante Rosemary. Adrian war soeben im Krankenhaus angekommen. Lilian schlief. Stabil.
»Mutter«, entfuhr es ihm.
Sein Blick fiel auf das Originalgemälde von Annigoni, das über Lilians Schreibtisch hing. Jason stand auf, durchquerte den Raum und nahm vorsichtig das Bild von der Wand.
Dahinter lag ein kleiner, eingebauter Safe. Jason blieb einen Augenblick wie erstarrt davor stehen, bevor er die Zahlenkombination eingab.
Die Tür des Safes sprang auf. Jason griff hinein und zog ein Bündel alter, überquellender Mappen heraus. Er ging die Papiere sorgfältig durch.
Die Heiratsurkunde seiner Eltern James und Lilian. Die Sterbeurkunde seines Vaters … Nicks Sterbeurkunde. Jason runzelte die Stirn. Kopien der Heiratsurkunde von Julia und ihm sowie Lilys Geburtsurkunde.
Warum hat sie diese Sachen im Safe aufbewahrt? Egal. Aber da, ganz unten …
Er fand die dünne schwarze Aktenmappe mit James De Veres hochgeprägtem Wappen in Gold, von der seine Mutter gesprochen hatte.
Jason zog sie aus dem Tresor und legte sie auf Lilians Schreibtisch. Anschließend legte er die übrigen Papiere wieder in den Safe zurück und ließ die Tür einschnappen.
Als Nächstes goss er sich einen weiteren Whisky ein. Mit dem Glas und der schwarzen Aktenmappe setzte er sich wieder auf die Couch. Dann öffnete er die Mappe und sah sich deren Inhalt an.
Drei Belege von Geldtransaktionen … Kontonummern … keine Namen. Ansonsten nichts außer einem unschuldig aussehenden dicken Umschlag aus bläulichem Leinenpapier.
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