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Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Titel: Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Alec
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seltsame Mönch hatte inzwischen begonnen, die Kuppel zu umrunden, und kam gemessenen Schritts, ohne ein Anzeichen von Eile, auf ihn zu. »Dieses Kloster ist ein Portal, Nicholas.«
    Er kniete nieder und nahm eine Handvoll Sand auf.
    »Ein Portal, das zwei Welten verbindet.«
    Der Sand in seiner Hand wurde fortgeweht. Der geheimnisvolle Fremde richtete sich auf.
    »Die Welt der Engel und die Welt des Menschengeschlechts.«
    »Lawrence!«, keuchte Nick. Ganz ohne Zweifel – es war Lawrence St. Cartier, der vor ihm stand. Doch nach kurzer Überlegung wurde Nick klar, dass dies nie und nimmer der alte Professor sein konnte, der ihm seit so vielen Jahren vertraut war. Nick starrte die Gestalt vor ihm mit offenem Mund an.
    Der Lawrence St. Cartier, den er kannte, war ein agiler alter Herr von vielleicht eins fünfundsechzig. Die Gestalt, die vor ihm aufragte, übertraf seine Körpergröße um weit mehr als einen halben Meter; und Nick selbst war mit eins fünfundachtzig nicht gerade klein.
    »Ich habe Wahnvorstellungen«, sagte er zu sich selbst. »Es gibt keine andere Erklärung.« Man hatte ihn gewarnt, dass dergleichen im letzten Stadium seiner Krankheit geschehen könne. »Ich sehe Dinge, die es nicht gibt.«
    Der Fremde, der wie ein Mönch gekleidet war, griff nach Nicks Hand.
    »Ich bin aus fester Materie geschaffen wie du, Nicholas.« Er trat noch einen Schritt näher und legte Nicks Hand auf seine Brust. »Ich bin keine Einbildung.«
    Nick hob den Kopf und sah in das uralte, herrscherliche Antlitz. Die verwitterten Züge erinnerten in der Tat an das Gesicht von Lawrence St. Cartier mit seinem intensiven Adlerblick aus wasserblauen Augen und den buschigen weißen Brauen. Doch das Antlitz des Wesens vor ihm war sanfter, viel sanfter, und die Augen verströmten ein tiefes Mitgefühl, wie es in den Augen des alten Professors nur selten aufschien.
    Nick starrte auf das seidige weiße Haar der Gestalt, das fast bis zum Boden herabreichte. Die Haut des Fremden war wie von einem inneren Leuchten erfüllt.
    »Wer bist du?« Furcht und Erregung zugleich ließen Nicks Stimme zittern.
    Ein Lächeln ging über das Gesicht des Fremden. »Ich bin Jether, einer der Mächtigen des Himmels, Herrscher der vierundzwanzig Ältesten der Engel. Ich komme aus einer Sphäre, die zu begreifen du noch nicht imstande bist, Nicholas De Vere.«
    Mit tiefem Mitgefühl und Verständnis blickte Jether auf Nick hinab. Er deutete hinauf zu der fahlen Erscheinung am Himmel hoch über ihnen.
    »Der weiße Reiter – das Zeichen für die Öffnung des Ersten Großen Siegels der Offenbarung. Seine Ankunft weist auf die Zeit der großen Drangsal voraus, die nun bald über deine Welt kommen wird. Sie ist auch der Schlüssel zur Öffnung der Engelportale, welche die Welt des Menschengeschlechts mit den anderen Welten verbinden: Portale, die seit Anbeginn der Zeit darauf gewartet haben, eines Tages aktiviert zu werden.« Er hielt inne. »Zum Guten wie zum Bösen.«
    Nick war immer noch fassungslos.
    »Türen zwischen den Welten, wenn du so willst«, fuhr Jether fort. »C. S. Lewis hat es in seinen Romanen beschrieben. Die Tür im Kleiderschrank, die nach Narnia führt. Das kommt dem ziemlich nahe.«
    »Und … Lawrence?«, stieß Nick hervor.
    »Wir Engel treten in menschlicher Gestalt auf, wenn es uns notwendig erscheint. Du kennst mich in meiner menschlichen Form als Lawrence St. Cartier.« Jether blickte mit unendlicher Güte in seinen Augen auf Nick hinab. »Folge mir!«
    Er wandte sich um und schritt erneut die Rundung der Kuppel entlang, diesmal in die andere Richtung. Nick folgte ihm. Sie gelangten zu einer Eisentreppe, die von der Dachterrasse zu einem von Mauern umschlossenen, mit Maulbeerfeigenbäumen bestandenen Garten hinabführte. Ein schmaler, gewundener Kiespfad führte an einem Teich entlang, dessen dunkle Wasseroberfläche von zarten weißrosa Lotusblüten übersät war. Während die Gestalt hinabstieg und dann den Pfad betrat, sah Nick ihr entgeistert nach. Doch zu guter Letzt raffte er sich auf, um ihr zu folgen. In seinem Kopf tobte ein Gewitter aus unausgesprochenen Fragen.
    Jether hielt an einem rostigen Eisentor an, dem Zugang zum ältesten Teil des Klosters.
    »Dein Weg der Erleuchtung wird in ebendieser Nacht beginnen, Nicholas De Vere.«
    Sein Äußeres wurde durchscheinend. Dann schritt er direkt durch das geschlossene Tor hindurch, um auf der anderen Seite wieder feste Gestalt anzunehmen. Mit einer Handbewegung schaltete er das

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