Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
nach Ägypten geflohen war«, hatte er dagegengehalten. »Er und seine Tochter Jotapa …«
»Legenden sind sehr mächtig für jene, die daran glauben …«, hatte sie erwidert.
Inzwischen fragte er sich, ob es das alles wert gewesen war.
Er drehte den Brief, den Lawrence St. Cartier ihm gegeben hatte, in den Händen, als von der Treppe am Rand der Terrasse Tritte schwerer Stiefel zu hören waren.
Vier muskulöse Soldaten mit Maschinenpistolen erschienen auf der Terrasse. Ihre Köpfe waren kahl geschoren, und Nick erkannte sofort das Muster ihrer Uniformen. Elitekämpfer einer Sondereinheit der jordanischen Armee. Die Königliche Garde.
Der Professor legte seine Serviette auf den Tisch. Er stand auf, schob den Stuhl zurück und verbeugte sich.
»Königliche Hoheit …« Er verneigte sich erneut.
Nick wandte den Kopf. Vor ihm stand Prinzessin Jotapa von Jordanien.
»Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe, Nicholas. Professor …« Jotapa wandte sich Lawrence St. Cartier zu. »Professor, wären Sie so freundlich, Nicholas und mich einen Moment allein zu lassen? Ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu bereden.«
St. Cartier nahm seinen Computer und seine Unterlagen an sich, dann setzte er seinen Panamahut auf.
»Euer Wunsch ist mir Befehl, Königliche Hoheit … Nicholas, ich werde früh ins Bett gehen.« Es sah besorgt auf den jungen Mann hinab. »Ich rate dir, das Gleiche zu tun. Du hast einen ziemlich schweren Schock erlitten. Ich sehe dich dann zum Frühstück. Um sechs.« Nach einer weiteren Verbeugung vor Jotapa ging er forschen Schrittes über die Dachterrasse und dann die Treppe hinunter.
Nicholas schob seinen Stuhl zurück. Sein Gesicht war bleich; er kämpfte noch mit den Erkenntnissen, die der Abend gebracht hatte.
»Nick …« Jotapa runzelte die Stirn. »Einen schweren Schock …? Was meinte er damit?«
Nick starrte sie nur stumm an. Seine Hände spielten immer noch mit dem Brief, den Lawrence St. Cartier ihm gegeben hatte.
»Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
»Es ist alles okay«, erwiderte Nick leise. »Nur ein paar schlechte Neuigkeiten, das ist alles.« Er faltete den Brief fein säuberlich zusammen und steckte ihn in die Innentasche seiner Lederjacke. »Bis morgen früh bin ich darüber hinweg.« Er studierte ihr herzförmiges Gesicht. »Du siehst auch nicht gerade fröhlich aus. Was ist passiert?«
Er runzelte die Stirn. Er kannte Jotapa als moderne, selbstständige junge Frau in Jeans und T-Shirt. Aber heute trug die Vierundzwanzigjährige ein knielanges Kleid aus blassrosa Atlasseide, das ihre schlanken Hüften umschmeichelte, sowie hochhackige Schuhe von gleicher Farbe; und ihre langen Beine waren mit Seidenstrümpfen bedeckt. So, wie sie vor ihm stand, war sie das Musterbild einer Prinzessin aus königlichem Hause.
»Nick …« Sie legte ihre schmale, schlanke Hand auf seinen gebräunten Arm. Goldreifen klirrten an ihrem Handgelenk. »Du weißt, ich hätte dich nicht aufgesucht, wenn es nicht wirklich wichtig wäre.«
Er nickte. Jotapa bedeutete den Soldaten mit einer Geste, Abstand zu halten, und zog sich dann mit Nick an den Rand der Terrasse zurück.
»Es geht um meinen Vater, den König. Er kam letzte Nacht von Jerusalem zurück. Er hat sich dort mit deinem Bruder Adrian getroffen.« Tränen stiegen ihr in die Augen. »Er ist letzte Nacht verstorben. Ein Herzinfarkt.«
Nick nahm ihre Hand. Sie zitterte.
»Es tut mir so leid, Jotapa.«
»Ich musste dich sehen.«
»Natürlich.«
»Schau, Nick, ich kann nicht lange bleiben, aber ich muss es dir selber sagen: Nicholas, wir können uns nicht mehr sehen. Es ist aus.«
»Was?« Er starrte sie ungläubig an.
»Ich weiß, was wir am Telefon gesagt haben.« Jotapa senkte den Blick. »Meine Gefühle sind ebenso stark wie deine. Nicholas, du musst mir glauben.«
»Wir haben doch gerade erst …«
»Es tut mir leid, Nick.«
»Es war meine Beziehung mit Klaus von Hausen, nicht wahr? Du hast es herausgefunden.«
»Nick, der jordanische Geheimdienst hat ein ganzes Dossier über dich«, erklärte sie leise. »Ich wusste, wer du warst, bevor ich dich das erste Mal zu Gesicht bekommen habe. Ich wusste, worauf ich mich einließ.«
»Gibt es einen anderen?«
»Nein, niemanden. Überhaupt niemanden, Nick. Ich bin ganz allein.«
Nick zog sie an sich. Er sah ihr in die Augen.
»Hast du Schwierigkeiten? Kann ich dir irgendwie helfen?«
Jotapa warf einen Blick über die Schulter,
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