Solange du atmest
zuâ, sprach die Stimme weiter. âIch habe den Verdacht, dass du nicht mehr gewillt bist, meinen Anweisungen Folge zu leisten. Daher hielt ich es für besser, dir noch einen weiteren Ansporn zu geben. Also: Deine Freundin befindet sich in meiner Gewalt. Solltest du nicht genau das tun, was ich sage, oder die Polizei informieren, dann wird jetzt nicht mehr nur dein Verlobter dran glauben müssen, sondern auch â¦â
âBitte, nein!â, schluchze Miley. Noch immer lähmte der Schock ihre Glieder. Tränen schossen ihr in die Augen und liefen in salzigen Bächen über ihre Wangen. Woher wusste dieser Mistkerl bloÃ, dass sie mit dem Gedanken gespielt hatte, die Polizei zu informieren?
Von Fletcher natürlich, beantwortete sie sich ihre Frage selbst. Ihre Knie waren plötzlich so weich wie Gummi, und sie musste sich an die schmutzige Korridorwand lehnen, um nicht zu Boden zu sinken.
âBitteâ, stieà sie flehentlich hervor. âBitte, tun Sie Juna nichts!â
âDas liegt ganz bei dir, Mileyâ, antwortete die Stimme sofort. âAlso, das hier wird deine unwiderruflich letzte Aufgabe sein, Miley. Hör also besser gut zu â¦â
1. November, 05:00 Uhr, Holy Spirit Cemetery, Sarasota, Florida
Craig lag vollkommen still und lauschte angestrengt auf jedes noch so leise Geräusch in seiner Umgebung. Doch da war nichts.
Es herrschte Totenstille.
Knapp eine halbe Stunde war es inzwischen her, dass sein Entführer ihn samt des Sarges über den Boden gezerrt und ihn dann in eine Grube hatte fallen lassen. Ihm schmerzte noch immer der ganze Körper, weil er bei dem Sturz gegen die Wände seines Gefängnisses geschleudert worden war.
Doch das erschien bedeutungslos angesichts des grauenhaften Bildes, das sich immer wieder vor seinem inneren Auge formte, seit er gehört hatte, wie Erde auf den Deckel des Sarges rieselte. Egal, wie er sich auch bemühte, die Ruhe zu bewahren â immer wieder sah er sich, gefangen in diesem verdammten Sarg, sechs Fuà tief unter der Erde.
Er wusste, dass es nichts half, in Panik zu geraten, doch das nutzte ihm nichts.
Er war begraben worden â lebendig begraben. Und das konnte eigentlich nur bedeuten, dass sein Entführer aus irgendeinem Grund das Interesse an ihm verloren hatte.
Langsam legte Craig die Hände auf seine Brust und faltete sie. Zum zweiten Mal in seinem Leben betete er.
9. KAPITEL
1. November, 05:15 Uhr, Easy Internet Café, Tampa, Florida
Gehetzt blickte Miley über ihre Schulter zurück, als sie aus dem Internetcafé hinaus auf die StraÃe trat. Nachdem sie die Anweisung von der Stimme bekommen hatte, war sie geduckt von den Toiletten zur Eingangstür geschlichen. Sie war jetzt auf sich gestellt, denn Fletcher konnte sie nicht mehr länger vertrauen.
Es deutete alles darauf hin, dass er mit Craigs und Junas Entführer gemeinsame Sache machte, und sie durfte kein Risiko eingehen.
Natürlich wusste sie, dass es sich genauso gut auch negativ auswirken konnte, wenn die Stimme Craig wirklich als Handlanger nutzte und nun erfuhr, dass Miley ihn einfach stehen lieÃ.
Aber sie konnte nicht anders. Irgendetwas tief in ihr drin sagte ihr, dass von Fletcher Gefahr ausging. Sie musste weg!
Sie konnte Fletcher von ihrer Position aus sehen. Offenbar studierte er konzentriert den Inhalt der Datenbank, die sie von dem Datenträger im Bettyâs kopiert hatten. Wahrscheinlich war er sogar schon damit beschäftigt, die Daten hochzuladen. Jedenfalls schien er gar nicht zu merken, dass weder Juna noch sie von der Toilette zurückkehrte.
Fletchers Wagen stand auf der anderen StraÃenseite. Sie wusste ja, dass er immer einen Ersatzschlüssel hinter der Klappe des Tankdeckels aufbewahrte. Mit klopfendem Herzen öffnete sie die Klappe. Erleichtert atmete sie auf, als ihr der Schlüssel in die Hand fiel. Dann schaute sie sich suchend um. Etwa fünfzig Meter weiter entdeckte sie einen Papierkorb direkt unter einer StraÃenlaterne.
Das musste der Mülleimer sein, von dem die Stimme vorhin am Telefon gesprochen hatte. Darin hatte sie einen GPS-Empfänger deponiert, der Miley direkt zu der Stelle führen sollte, an der Craig sein Tagebuch versteckt hatte. Das wiederum sollte ihr dabei helfen, ihre letzte Aufgabe zu erfüllen.
Angeekelt steckte sie die Hand in den Papierkorb und versuchte, nicht daran zu denken, was sich, abgesehen von dem
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