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Solar

Solar

Titel: Solar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McEwan
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Markt, sich der Lage gewachsen und werden auch noch reich dabei, oder Sie gehen zusammen mit allen anderen unter. Wir sitzen alle im selben Boot, es gibt kein Entkommen...«
    Aus verschiedenen Richtungen drang ihm verächtliches Zischeln ans Ohr; angefangen hatte das schon, als er »wir heizen den Planeten auf« gesagt hatte. Seine Übelkeit wurde immer schlimmer, der aufgeblähte Kadaver in seinem Inneren wurde unangenehm lebendig. Während Saleels Einführung hatte er in dem Bühnenvorhang einen Spalt bemerkt - einen Fluchtweg, den er jeden Moment brauchen würde. Er unterbrach seinen Vortrag, atmete tief durch, richtete sich auf und blickte in die Runde, um die Kritiker ausfindig zu machen. Jahrzehntelange Erfahrung als Redner hatte ihn gelehrt, wie wertvoll eine ungezwungen wirkende Pause sein konnte. Er wusste, die alteingesessenen Machtzentren Londons kultivierten eine irrationale Abwehrhaltung gegenüber den Grundlagen der Physik und eindeutigen Statistiken. Die Leugner wollten wie alle anderen, dass alles so weiterging wie bisher. Sie fürchteten um den Wert ihrer Unternehmen, sie hegten den Verdacht, die Klimawissenschaft argumentiere genau wie sie selbst nur im eigenen Interesse. Für sie alle empfand Beard die ganze Verachtung des frisch Konvertierten.
    Als er Luft holte, um seine Rede fortzusetzen, stieg ihm ein fischiger Brei in die Kehle, wie salzige Sardellen mit einem Schuss Galle. Er schloss die Augen, schluckte heftig und wechselte das Thema.
    »Gestern stand in der Zeitung, dass in vier Jahren der zweihundertste Geburtstag von Charles Darwin und der hundertfünfzigste Jahrestag des Erscheinens von Die Entstehung der Arten begangen wird. Dadurch aber gerät womöglich das Werk eines anderen großen viktorianischen Wissenschaftlers in den Hintergrund: das des Iren John Tyndall, der in ebenjenem Jahr 1859 anfing, sich eingehend mit der Erforschung der Erdatmosphäre zu beschäftigen. Sein Interesse galt unter anderem dem Licht, weshalb ich mich ihm besonders verbunden fühle. Er hat als Erster bemerkt, dass das Blau des Himmels durch die Streuung des Lichts in der Atmosphäre entsteht, und von ihm stammt auch die erste Beschreibung des Treibhauseffekts. Er hat Apparaturen konstruiert, mit denen er zeigen konnte, wie Wasserdampf, Kohlendioxid und andere Gase verhindern, dass die Erde die von der Sonne empfangene Wärme wieder in den Weltraum abgibt, wodurch Leben überhaupt erst möglich wird. Nehmen Sie diese schützende Decke aus Dampf und Gasen weg, schreibt er« - Beard zog ein Kärtchen aus der Brusttasche seines Jacketts und las vor -, »>so würden Sie sicher jede Pflanze zerstören, die durch eine Gefriertemperatur zerstört werden kann. Die Wärme unserer Felder und Gärten würde unersetzt in den Raum ausströmen und die Sonne würde über einer Insel aufgehen, die fest in dem eisernen Griff des Frostes gehalten wird.<
    Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wussten nur wenige, dass die industrielle Zivilisation die Atmosphäre mit Kohlendioxid anreichert. Erst nach und nach kam man dahinter, wie die Moleküle dieses Gases die längeren Wellen im Lichtspektrum absorbieren und folglich Wärme speichern. Je mehr Kohlendioxid, desto wärmer der Planet. In den sechziger Jahren ergaben Messungen mit einem unbemannten Satelliten, dass die Atmosphäre unseres Nachbarplaneten Venus zu fünfundneunzig Prozent aus Kohlendioxid besteht. Die Oberflächentemperatur liegt bei über vierhundertsechzig Grad, so heiß, dass Zink schmelzen würde. Ohne den Treibhauseffekt würden auf der Venus etwa die gleichen Temperaturen herrschen wie auf der Erde. Vor fünfzig Jahren haben wir Jahr für Jahr dreizehn Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gepumpt. Heute sind es fast doppelt so viel. Es ist über fünfundzwanzig Jahre her, seit Wissenschaftler die amerikanische Regierung zum ersten Mal auf den vom Menschen verursachten Klimawandel hingewiesen haben. Der Weltklimarat hat in den vergangenen fünfzehn Jahren drei Berichte herausgegeben, die immer dringlichere Warnungen enthalten. Voriges Jahr fand man bei einer Analyse von fast tausend führenden Fachartikeln nicht einen einzigen, der anderer Meinung war. Vergessen Sie die Sonnenflecken, vergessen Sie den Tunguska-Meteoriten von 1908, hören Sie nicht auf die Lobby der Ölindustrie und deren Denkfabriken und Medienvertreter, die ständig behaupten - wie es die Tabaklobby getan hat -, man könne das von zwei Seiten betrachten, die Wissenschaftler

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