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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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kniete auf dem Bett nieder, setzte sie auf und sah Hareys Abbild im Spiegel. Sie wartete auf etwas. Als ich mich wieder neben sie gelegt hatte, lächelte sie.
    -    Und für mich?
    Plötzlich verstand ich.
    -    Brille?
    Ich stand auf und begann in den Schubladen und auf dem Tischlein beim Fenster zu stöbern. Ich fand zwei, beide zu groß. Ich reichte sie ihr. Sie probierte die eine, dann die andere. Sie rutschten ihr über die halbe Nase vor.
    Mit langgezogenem Knirschen begannen sich die Fensterdeckel vorzuschieben. Noch ein Augenblick, und im Inneren der Station, die sich wie eine Schildkröte in ihrer Schale verkroch, herrschte Nacht. Tappend nahm ich Harey die Gläser ab und legte sie zusammen mit den meinigen unters Bett.
    -    Was werden wir tun? - fragte sie.
    -    Was man bei Nacht tut. Schlafen.
    -    Kris.
    -    Was gibt’s?
    -    Vielleicht mache ich dir einen frischen Umschlag.
    -    Nein, nicht nötig. Nicht nötig… Liebling.
    Als ich das sagte, war mir selbst nicht klar, ob ich mich verstellte, aber auf einmal im Dunklen umfaßte ich blindlings ihren schlanken Rücken, und als ich das Zittern darin spürte, da glaubte ich an sie. Im übrigen weiß ich es nicht. Ich hatte plötzlich das Gefühl, daß ich sie betrog, nicht sie mich, denn sie war nur sie selbst.
    Ich schlief dann noch mehrmals ein, und immer riß mich aus dem Schlummer ein Krampf, das hämmernde Herz beruhigte sich allmählich, ich drückte sie an mich, todmüde, und sie betastete prüfend mein Gesicht, die Stirn, sehr vorsichtig, um nachzusehen, ob ich nicht Fieber hätte. Das war Harey. Eine andere, wahrhaftigere konnte es nicht geben.
    Auf diesen Gedanken hin änderte sich etwas in mir. Ich hörte auf zu kämpfen. Fast sofort schlief ich ein.
    Eine zarte Berührung weckte mich. Angenehme Kühle umfing meine Stirn. Ich lag, etwas Feuchtes und Weiches bedeckte mir das Gesicht und hob sich nun langsam, und ich schaute in Hareys über mich geneigtes Gesicht. Mit beiden Händen drückte sie die überschüssige Flüssigkeit aus dem Mull in eine Porzellanschüssel. Daneben stand die Flasche mit der Flüssigkeit gegen Verbrennungen. Harey lächelte mir zu.
    -    Einen gesunden Schlaf hast du! - sagte sie, und dann, als sie den Mull wieder auflegte:
    - Tut das weh?
    -    Nein.
    Ich bewegte die Stirnhaut. Wirklich machten mir die Verbrennungen jetzt nicht zu schaffen. Harey saß auf dem Bettrand, in einen weiß und orange gestreiften Herrenbademantel eingehüllt, das schwarze Haar flutete über den Kragen. Die Ärmel hatte sie bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, um nicht behindert zu sein. Ich verspürte unheimlichen Hunger, wohl seit zwanzig Stunden hatte ich nichts zu kauen gehabt. Als Harey aufhörte, mein Gesicht zu verarzten, stand ich auf. Mein Blick fiel jählings auf die zwei nebeneinanderliegenden, völlig gleichen weißen Kleider mit roten Knöpfen, das erste, das ich ihr ausziehen geholfen hatte, den Ausschnitt vergrößernd, und das andere, worin sie gestern gekommen war. Diesmal hatte sie selbst mit der Schere die Naht aufgetrennt. Und gesagt, der Verschluß müsse sich wohl verklemmt haben.
    Diese zwei gleichen Kleider waren das furchtbarste von allem, was ich bisher erlebt hatte. Harey werkte beim Arzneischränkchen herum, sie machte dort Ordnung. Heimlich wandte ich mich weg und biß mir bis aufs Blut in die Faust. Immer diese zwei Kleider anstarrend - oder vielmehr dieses eine, verdoppelte -, begann ich zur Tür zurückzuweichen. Andauernd lief die Wasserleitung und machte Lärm. Ich öffnete die Tür, schlüpfte leise in den Korridor hinaus und schloß sie vorsichtig. Ich hörte das Fließwasser schwach rauschen und die Flaschen klappern, plötzlich setzte dieses Geräusch aus. Im Korridor brannten die länglichen Deckenlampen, ein verschwommener Fleck von widergespiegeltem Licht lag auf der Oberfläche der Tür, vor der ich mit
    zusammengebissenen Zähnen wartete. Ich hielt die Klinke, obwohl ich nicht erwartete, sie festhalten zu können. Ein heftiges Zerren riß sie mir fast aus der Hand, aber die Tür ging nicht auf, sie erzitterte nur und begann durchdringend zu knirschen. Verdutzt ließ ich die Klinke los und wich zurück, mit der Tür ging etwas Unwahrscheinliches vor, die glatte Kunststoffplatte bog sich, wie von meiner Seite her eingedrückt, einwärts zum Zimmer hin. Der Lack begann in feinen Splittern abzuspringen und entblößte den Stahl des Rahmens, der sich immer stärker

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