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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Aber falls das von der Kommission für irgendwelche Wahnvorstellungen meinerseits gehalten werden soll, sage ich nichts.
    Frage: Warum?
    Antwort Bertons: Weil der Inhalt meiner Halluzinationen, selbst wenn er um Rache zum Himmel schreit, meine persönliche Angelegenheit ist, der Inhalt meiner Solaris-Erfahrungen hingegen nicht.
    Frage: Soll das heißen, daß du jedwede weitere Antwort verweigerst, bis die zuständigen Organe der Expedition einen Beschluß gefaßt haben werden? Denn du siehst wohl ein, daß die Kommission nicht dazu ermächtigt ist, sofort einen Beschluß zu fassen
    Antwort Bertons: So ist es.«
    Damit endete das erste Protokoll. Da war noch der Ausschnitt aus einem zweiten, das elf Tage später abgefaßt worden war.
    »Vorsitzender … dies alles in Betracht ziehend, ist die Kommission, zusammengesetzt aus drei Ärzten, drei Biologen, einem Physiker, einem Ingenieur und Mechaniker, sowie dem stellvertretenden Expeditionsleiter, zu der Überzeugung gelangt, daß die von Berton geschilderten Vorgänge den Inhalt eines halluzinatorischen Syndroms darstellen, das unter dem Einfluß einer Vergiftung durch die Planetenatmosphäre ablief und sich in Bewußtseinstrübungen mit begleitender Erregung der assoziativen Zonen der Hirnrinde äußerte, und daß diesen Vorgängen in der Realität nichts oder fast nichts entsprach.
    Berton: Verzeihung, was heißt das, >nichts oder fast nichtsfast nichts    Vors.: Ich bin noch nicht zu Ende. Gesondert protokolliert wurde ein Votum separatum des Doktors der Physik Archibald Messenger, der erklärte, seiner Meinung nach könne sich das, was Berton erzählt hat, in Wirklichkeit zugetragen haben und sei gewissenhafter Untersuchung würdig. Das wäre alles.
    Berton: Ich wiederhole meine Frage von vorhin.
    Vors.: Das ist ganz einfach. >Fast nichts<, das besagt, daß gewisse reale Phänomene deine Halluzinationen angeregt haben können, Berton. Der normalste Mensch kann in einer windigen Nacht einen bewegten Strauch für irgendeine Gestalt halten. Was ist nun erst auf einem fremden Planeten, wenn die Geisteskräfte des Beobachters unter Gifteinwirkung stehen. Das ist keine Beleidigung für dich, Berton. Wie lautet nun in Anbetracht des obigen deine Entscheidung?
    Berton: Ich erführe gern vorher, was dieses Votum separatum von Herrn Doktor Messenger für Konsequenzen hat.
    Vors.: Praktisch gesehen, keine. Das heißt, daß diesbezügliche Untersuchungen nicht aufgenommen werden.
    Berton: Wird das protokolliert, was wir reden?
    Vors.: Ja.
    Berton: Dann möchte ich sagen, daß meiner Überzeugung nach die Kommission nicht mich beleidigt hat - ich zähle hier nicht -, sondern den Geist dieser Forschungsreise. So, wie ich es das erste Mal gesagt habe, werde ich nun weitere Fragen nicht mehr beantworten.
    Vors.: Ist das alles?
    Berton: Ja. Aber ich möchte gern Herrn Doktor Messenger sprechen. Geht das?
    Vors.: Natürlich.«
    Damit endete das zweite Protokoll. Am unteren Rand der Seite befand sich die kleingedruckte Anmerkung, Dr. Messenger habe am nächsten Tag ein fast dreistündiges vertrauliches Gespräch mit Berton geführt und sich hierauf abermals mit der Forderung
    nach Untersuchungen zu den Aussagen des Piloten an den Expeditionsrat gewandt. Messenger habe behauptet, dafür sprächen neue, zusätzliche Informationen, die er von Berton erhalten habe, aber erst nach einem positiven Ratsbeschluß aufdecken könne. Der Rat, verkörpert durch Shannahan, Timolis und Trahier, habe diesen Antrag abschlägig beschieden, womit die Angelegenheit abgeschlossen worden sei.
    Das Buch enthielt auch noch die Fotokopie einer Seite eines Briefes, den man bei Messengers Nachlaßpapieren gefunden hatte. Das war wahrscheinlich ein Konzept; Ravintzer hatte nicht feststellen können, ob dieser Brief abgeschickt worden war, und was er für Konsequenzen hatte.
    … seine abgrundtiefe Stumpfsinnigkeit« - so begann der Text. »Aus Sorge um die eigene Autorität hat der Rat, oder konkret gesagt, haben Shannahan und Timolis (denn Trahiers Stimme gilt nichts) meine Forderungen abgelehnt. Ich wende mich nun direkt ans Institut, aber Du verstehst selbst, das ist nur ohnmächtiger Protest. Durch mein Wort gebunden, kann ich Dir leider nicht mitteilen, was Berton mir gesagt hat. Auf den Ratsbeschluß hat sich selbstredend ausgewirkt, daß mit der großen Entdeckung ein Mensch ohne jeden wissenschaftlichen Grad daherkam, obwohl so mancher Forscher diesen Piloten um seinen

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