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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wirtschafteten gemeinsam und durchwühlten Spinde und Kühlschränke. Bald merkte ich, daß sie mit dem Kochen nicht recht zu Rande kam und nicht viel mehr fertigbrachte, als Konservendosen zu öffnen, das heißt, soviel wie ich auch. Ich verschlang den Inhalt zweier solcher Dosen und trank unzählige Tassen Kaffee. Harey aß auch, aber so, wie Kinder manchmal essen, um die Erwachsenen nicht zu kränken, nicht eigentlich mit Überwindung, aber mechanisch und teilnahmslos.
    Wir gingen dann in den kleinen Operationsraum neben der Funkstation; ich hatte einen bestimmten Plan. Ich sagte Harey, ich wolle sie für alle Fälle untersuchen, setzte sie in den aufgeklappten Lehnsessel und nahm Spritze und Nadeln aus dem Sterilisator. Ich wußte fast auswendig, was wo zu finden war, so gut gedrillt hatte man uns in der Trainingskopie der Station, auf der Erde. Ich nahm Harey einen Tropfen Blut aus dem Finger ab, machte Abstriche, trocknete sie im Exhaustor und bestäubte sie im Hochvakuum mit Silberionen.
    Die Sachlichkeit dieser Arbeit wirkte beruhigend. Harey ruhte auf den Polstern des aufgeklappten Sessels und musterte die von Apparaten strotzende Einrichtung des Operationssaals.
    Das abgebrochene Summen des Haustelefons unterbrach die Stille. Ich hob den Hörer ab.
    -    Kelvin - sagte ich. Ich ließ kein Auge von Harey, die seit einiger Zeit apathisch war, wie erschöpft von den Erlebnissen der letzten Stunden.
    -    Du bist im OP? Na endlich! - ich vernahm etwas wie einen Seufzer der Erleichterung.
    Da sprach Snaut. Ich wartete, den Hörer fest ans Ohr gedrückt.
    -    Du hast einen »Gast«, stimmt’s?
    -    Hm. - Ja.
    -    Und bist beschäftigt?
    -    Ja.
    -    So eine Untersuchung, hm?
    -    Und? Willst du eine Partie Schach spielen?
    -    Ach, laß das, Kelvin. Sartorius will dich sehen. Das heißt, uns.
    -    Das ist was Neues - entgegnete ich verblüfft. - Und was ist mit… - ich unterbrach mich und endigte: - Ist er allein?
    -    Nein. Ich habe mich schlecht ausgedrückt. Reden will er mit uns. Wir verbinden uns zu dritt per Visofon, bloß daß wir die Schirme verhängen.
    -    Ach ja? Warum hat er mich dann nicht direkt angerufen? Schämt er sich?
    -    So was in der Art - knurrte Snaut undeutlich. - Also was ist?
    -    Geht es darum, daß wir uns verabreden? Sagen wir, in einer Stunde. Gut?
    -    Gut.
    Ich sah ihn auf dem Bildschirm, nur das Gesicht, nicht größer als eine Handfläche. Während leichtes Sirren des Stroms die Zeitspanne füllte, sah mir Snaut nur prüfend in die Augen.
    Endlich äußerte er sich mit einigem Zögern:
    -    Wie lebst du denn so?
    -    Erträglich. Und du?
    -    Ich nehme an, ein wenig schlechter als du. Kann ich vielleicht…
    -    Willst du zu mir kommen? - vermutete ich. Ich schielte über die Schulter nach Harey.
    Sie lehnte den Kopf schräg über das Polster und lag, die Beine übereinandergeschlagen; mit unbewußt gelangweilter Geste warf sie das silbrige Kügelchen hoch, das den Abschluß des Kettchens an der Sessellehne bildete.
    -    Laß das, hörst du? Du, laß das! - erreichte mich Snauts erhobene Stimme. Ich sah auf dem Bildschirm sein Profil. Das weitere hörte ich nicht, er deckte das Mikrofon mit der Hand ab, aber ich sah, wie er die Lippen bewegte.
    -    Nein, ich kann nicht kommen. Vielleicht später. Also in einer Stunde - sagte er dann schnell, und der Schirm erlosch. Ich hängte den Hörer ein.
    -    Wer war das? - fragte Harey gleichgültig.
    -    So ein Typ halt. Snaut. Ein Kybernetiker. Du kennst ihn nicht.
    -    Wird das noch lange dauern?
    -    Warum? Ist dir fad? - fragte ich. Ich legte das erste Präparat der Serie in die Kassette des Neutrinomikroskops und drückte der Reihe nach die bunten Schaltknöpfe. Dumpf surrten die Kraftfelder los.
    -    Vergnügungen gibt es hier nicht viele, und wenn dir die Gesellschaft meiner Wenigkeit nicht ausreicht, dann wird es trist aussehen - sagte ich und dehnte zerstreut die Pausen zwischen den Wörtern; zugleich zog ich beidhändig das große schwarze Kopfteil zu mir nieder, worin das Okular des Mikroskops leuchtete, und drückte die Augen in die weiche Gummimuschel. Harey sagte etwas, was ich nicht ausnahm. Ich sah von oben, in steiler Verkürzung, eine riesige, von silbernem Glanz überflutete Wüste. Auf ihr lag von verschwommenen Nebeln umgeben etwas wie zerscherbte und verwitterte, flache Felsklötze. Das waren die roten

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