Soldatenehre
ihn dabei der Stabsoffiziersbauch. Vetter Amadeus Hansen, der Geschäftsführer des Regiments und überzeugter Zivilist, wie seine grelle Weste betonte, lümmelte sich träge in einem Sessel vor dem Schreibtisch.
Ohne Vorrede fragte der Colonel: »Sie erinnern sich, als wir vor ein paar Tagen über den potentiellen Kunden von Alkalurops sprachen, hatte ich eine Optionsklausel in Ihrem früheren Kontrakt erwähnt.«
»Ja, Sir«, bestätigte L.J., ohne die Habt-Acht-Stellung aufzugeben.
»Es scheint, Ihr früherer Kunde hat uns kontaktiert und will die Option in Anspruch nehmen. War Ihnen bewusst, dass zum Zeitpunkt Ihres Überfalls zwei Morde stattgefunden haben?«
»Soweit ich hörte, wurden die Gouverneurin und der Legat ermordet, und zwar unmittelbar bevor wir aufsetzten.«
»Ja«, bestätigte der Colonel und drehte sich zu Major Thomas um. »Ich habe unseren Rechtsstab um ein Gutachten über unsere Pflichten unter solchen Umständen gebeten. Leider hat er keinen anwendbaren Präzedenzfall gefunden. Amadeus versichert mir, dass dies keine Auswirkung auf unsere vertraglichen Verpflichtungen hat.«
»Ich frage mich, was ein Kadetten-Ehrengericht davon halten würde«, wagte sich L. J. vor. Auch bei juristischen und Vertragsklaubereien musste es eine gewisse Ehre geben.
Der Colonel stierte L. J. mit einer Miene an, die der auf dem Porträt hinter ihm in nichts nachstand. »Mir sind ähnliche Gedanken gekommen. Leider geht meine Pflicht dem Regiment gegenüber weiter als das, was man sich in der Ausbildung erträumt. Wir haben einen Kontrakt -und der Kunde verlangt die maximale Verlängerung von sechs Monaten.«
»Sechs Monate, Sir? Der Überfall dauerte kaum drei Monate, selbst mit dem langen Abwurfintervall«, stellte L. J. fest und gestattete sich ein kritisches Stirnrunzeln.
»Ja, anfänglich fand ich das auch interessant.«
»Ist es ein erneuter Plünderzug?«
»Nein, Loren. Wir haben gerade den vollen Ver-tragstext erhalten, und diesmal will er, dass wir das Ziel erobern und halten.«
»Gestattet der Kontrakt eine derartige Ausweitung?«
Jetzt hatte Vetter Amadeus Anlass, sich zu winden. »Offenbar sind Teile des Kleingedruckten neu formuliert worden«, bemerkte der Colonel mit einem wütenden Blick auf den Zivilisten.
»In sämtlichen Kontrakten tauchen neue Formulierungen auf«, beschwerte sich Amadeus. »>Umstände außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Kunden<, >zunehmende Notsituationen<, >höhere Gewalt<. Bis die Gerichte diese Begriffe definieren, können wir nicht sicher sein, was das bedeutet.«
»Dann bringt es vor ein Gericht und findet heraus, was es bedeutet«, schlug L. J. vor. »Immerhin haben wir es mit einem Doppelmord zu tun.«
»Diese Formulierungen sind so vage, dass sie sich beliebig auslegen lassen.« Major Thomas schleuderte Amadeus einen Blick zu, der mehr Energie besaß als die meisten Gefechtsfeldlaser. »Ich habe die Klauseln mit den Rechtsstäben mehrerer anderer Regimenter diskutiert. Sie sind dagegen, dass wir mit Klauseln vor Gericht ziehen, deren Sprache so undeutlich ist, dass sie sichtbar zum Vorteil des Kunden geraten. Es tut mir Leid, Loren, du wirst es schlucken müssen.«
L.J. entspannte seine Haltung und dachte nach. Wer auch immer der Kunde war, er war zu eiskaltem Mord bereit. L. J. hielt gar nichts davon, sechs Monate lang eine Welt mit ihm zu teilen. Andererseits war er dem Kunden beim vorherigen Auftrag nicht begegnet. Mit etwas Glück würde das auch für die nächsten sechs Monate so bleiben. Aber das Regiment schuldete ihm dafür etwas.
Er nahm wieder Haltung an. »Den letzten Kontrakt habe ich erhalten, weil es ein neuartiger Auftrag war. Ich nehme an, dass ich diesen Befehl über eine Eroberungsaktion erhalte, weil das Regiment damit sein volles Vertrauen in meine Führungsqualitäten ausdrücken will.« So. Schluck du das, Colonel.
Der Colonel stand langsam auf, fixierte L. J. und starrte dann die beiden anderen Männer in seinem Büro an. »Nein, Major, Ihre Auswahl für diese Mission spiegelt in keinster Weise mein Vertrauen in Sie wider. Mein Geschäftsführer teilt mir mit, das Kleingedruckte des Kontraktes schreibe vor, dass der Kommandeur der vorhergegangenen Überfallaktion auch diese Mission befehligt. Mein Rechtsadjutant ist überhaupt keine Hilfe. Er sagt, ich müsse die Schwachsinnsklauseln akzeptieren, die dieser Zivilist durchgesehen und mir als unbedenklich zur Unterschrift vorgelegt hat. Major, ich bin mit keinem von Ihnen
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