Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
Isaak rief den beiden Klonen zu, sie sollen in Deckung bleiben und wirbelte wieder herum. Genau in diesem Moment explodierten Blitze seiner Opfer hinter ihm. Er entleerte das Magazin auf die anrückenden Wesen auf Sequanas Seite. Diese hatte ihre Waffe in Anschlag gebracht und feuerte ebenfalls.
„Wir müssen synchron bleiben!“, rief sie ihm zu, als sie sich wieder umdrehten, um der nächsten Welle an gleißenden Blitzen zu entgehen. Doch als sie sich umgedreht hatten, sahen sie die ersten Gestalten nur wenige Schritte vor ihnen. Sie hatten ihre Masken und Schleier abgenommen und das silberne Augenfeld glitzerte über den verstümmelten Nasen und aufgerissenen Mündern, aus denen ihnen spitze Zähne entgegenblitzten.
Isaak warf das Sturmgewehr auf den Boden. Er hatte keine Zeit zum Nachladen. Er zog die beiden Kampfmesser, die er aus dem Spind genommen hatte, und machte sich bereit, die Wesen in Empfang zu nehmen. Aus dem Augenwinkel sah er Ninive, die nach vorne schoss. Sie prallte gegen einen der Körper und stieß diesen zu Boden. Mit einem geschickten Griff zog sie aus dem Gürtel der fremden Gestalt ein langes, altertümlich aussehendes Säbel und zog es diesem durchs Gesicht.
Isaak wusste, dass keine Zeit blieb, sich vor dem bevorstehenden Blitz wegzudrehen. Sequana neben ihm feuerte eine Salve auf die Angreifer. Er stürzte nach vorne, die Messer nach vorne gereckt und auf den nächsten Schleier in Reichweite gezielt.
Und dann lösten die Blitze aus. Es wurde gleißend hell um ihn herum. Sein Körper fühlte sich sofort taub an, und die Beine sackten ihm weg. Ein Rauschen in den Ohren legte sich über die Kampfgeräusche um ihn herum. Es war fast, als würde er in Zeitlupe fallen. Er riss die Augen auf und erkannte Konturen des Raums um ihn herum. Konturen der Wesen, die wie ein Meer aus Masken und Schleiern über ihn ragten.
Plötzlich ebbte das Rauschen in seinen Ohren ab, und er erkannte die Umgebung wieder, auch wenn sie nun von einem blauen Pulsieren durchzogen war, als hätte man den Raum in ein schwach beleuchtetes Aquarium versetzt. Isaak war sich nicht sicher, ob das ein Resultat der Blendwirkung durch die Blitze war, oder ob tatsächlich etwas mit dem Raum passiert war. Er drehte sich auf die Seite und sah Ninive, die über dem leblosen Körper kniete, den sie sein eigenes Säbel hatte spüren lassen. Sie atmete schnell ein und aus. Mühsam rollte er sich auf den Bauch und brachte langsam die Knie unter seinen Körper, dann stütze er sich hoch. Sequana lag leblos auf der anderen Seite von ihm bäuchlings auf dem Boden. Er konnte nicht erkennen, ob sie atmete oder nicht, doch etwas anderes zog seine Aufmerksamkeit auf sich.
Etwa einen Meter über der auf dem Boden liegenden Sequana schwebte eine Person in der Luft, umgeben von einer Säule aus schwachem, blauen Licht. Einzelne Strahlen hatten sich aus dieser Säule gelöst und liefen in einem weiten Kreis durch die Reihen der Wesen, die langsam zurückwichen. Die Person, die in der Säule schwebte, war eine Frau, die Isaak an Ninive erinnerte. Sie breitete ihre Arme langsam aus, und die Lichtstrahlen schossen nun direkt auf die Wesen, die sich in das Dunkel zurückziehen wollten. Einige der Strahlen erwischten die Wesen in der vordersten Reihe, denen die Masken und Schleier heruntergefallen oder verrutscht waren, und trafen sie in das silbrige Gesichtsfeld. Die Körper erstarrten augenblicklich und ein aufgeregtes Zischen erhob sich von der Menge der Wesen. Die Strahlen durchdrangen die Gesichtsfelder und aus den Köpfen der getroffenen Gestalten schossen weitere Lichtstrahlen, die die Gesichter um sie herum trafen, die Masken und Schleier schmolzen und in ihre Gesichter eindrangen. Es war wie eine immer schneller werdende Kettenreaktion.
Plötzlich übertönte ein elektrisch klingendes Surren die Geräusche der Wesen. Es schwoll an und Isaak musste sich die Ohren zuhalten. Und dann verschwand das Surren, und die Säule, die die Frau umgab, explodierte in einer Welle aus Licht, die durch die Reihen der Gestalten lief und sie von den Füßen hob. Die Körper wurden zurückgeworfen und gegen die Wände der Cafeteria geschmettert.
Isaak atmete tief durch und sah sich im plötzlich wieder dunkler gewordenen Raum um. Ninive war neben ihm aufgestanden. Die leblosen Körper der Wesen lagen in Scharen an den Wänden. Die Frau, die eben noch in der Lichtsäule geschwebt hatte, beugte sich über Sequana und schüttelte sie sanft an der Schulter.
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