Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
machen.“
„Die Expedition sollte mit fünf Schiffen starten“, entgegnete Ninive und verteilte die Seife auf ihrem Oberkörper, „was ist mit den anderen beiden passiert?“
„Die standen in den Hangars am vorderen Flugfeld, das sie an die Ossfhang verloren geben mussten. Isaak vermutet, dass General Zervett deshalb zum Handeln gezwungen ist. Ich weiß ja nicht, wie der sonst so drauf ist, aber er machte mir heute einen äußerst unentspannten Eindruck ... Jedenfalls ist es so, dass wir uns an ihre Fersen heften müssen. Und das bedeutet: Wir brauchen eines der Schiffe. Und da es nur noch drei von ihnen gibt, haben wir eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir schleichen uns ein – doch das wäre ein großes Risiko, da uns keine Zeit bleibt, das richtig zu planen – oder aber wir erkämpfen uns eins der Schiffe.“
„Erkämpfen? Wir sind zu sechst!“, entgegnete Ninive. Sie hob die Hand um Lilian zu bedeuten, mit ihrer Antwort zu warten, dann ließ sie sich hinab unter Wasser gleiten. Sie spürte die Wasserbewegung in ihren schwimmenden Haaren, das ewigwährende Wiegen des Meeres, bevor sie ausatmete und den Druck des umgebenden Wassers auf ihre Lungen wirken ließ. Dann tauchte sie wieder auf, die Augen geschlossen, den kühlen Abendwind auf ihrer Haut spürend. Sie fröstelte einen Augenblick, dann rieb sie sich Salzwasser und Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah Lilian wieder an.
Sie war nicht lange unter Wasser gewesen, doch es schien, als hätte ihr das kurze Untertauchen kühle Wogen durch das Gemüt gespült. Sie fühlte sich jetzt leichter. Das Sonnenlicht war schwächer geworden und allmählich bekam das Wasser um sie herum einen dunklen Farbton.
„Keine Sorge“, setzte Lilian das Gespräch fort, als hätte es keine Pause gegeben. „Wir haben Somatoniker unter uns. Und wenn es nicht gerade gegen Ossfhang geht, sind Seamus und ich mit herkömmlichen Waffen und dem Überraschungsvorteil auf unserer Seite sehr effektiv.“
„Seamus und du...? Das bedeutet, die anderen sind Somatoniker?“ Ninive gab Lilian die Seife zurück und kam langsam ein paar Schritte näher.
„Nein, Martin nicht. Er hat einen Sonderauftrag. Er muss sich in einen der Hangar einschleichen und eine Ortungssignatur an Zervetts Schiff installieren, damit wir ihnen folgen können. Isaak ist Somatoniker, ein sehr guter sogar, aber ich weiß nicht, warum er das kann ... er stammt jedenfalls aus keinem mir bekannten Klonprogramm.“
„Ich hatte in Paris am Institut Einsicht in viele Forschungsprogramme, mir ist weder er noch Ilyena aufgefallen“, erwiderte Ninive.
„Ilyena ist nicht ganz so mysteriös, auch wenn sie das selbst nicht gerne hört“, Lilian kicherte leise und deutete zum Strand zurück. „Sie gehört zum Schwarzen Turm. Oder vielleicht sollte man sagen, dass sie aus deren Reihen stammt. Ich weiß nicht, ob sie sich noch als Teil davon sieht. Der Schwarze Turm ist eine Art Gemeinschaft, die von einem Klon gegründet wurde, der sich vom Institut für Sangre-Forschung abgesetzt hat. Aber nicht in Paris, sondern ...“
„Sondern in München“, ergänzte Ninive, während sie sich immer weiter dem Strand näherten. „Davon habe ich gehört. Sein Name ist Corbinian Trent. Bevor er sich in die Alpen zurückzog und diese Gemeinschaft aufbaute, hat er in München ganze Vororte zerlegt. Die Deutschen arbeiteten zu der Zeit noch nicht mit Neurohemmern sondern mit irgendwelchen langanhaltenden Tranquilizern. Barbarisch, wenn du mich fragst, und dennoch halte ich Corbinian Trent für einen geflohenen Schwerverbrecher.“
„Er war in einem Institut eingesperrt ohne Entscheidungsgewalt über sein eigenes Leben“, warf Lilian ein und ließ sich ein paar Schritte zurückfallen.
„Richtig, aber es gibt Mittel und Wege, auf diese Art zu funktionieren“, entgegnete Ninive ohne langsamer zu werden.
„Du weißt es sicher am besten“, Lilian zuckte mit den Schultern. „Aber sprich Ilyena nicht auf das Thema an, sie hat ihre eigenen Ansichten ... obwohl ich gestehen muss, diese auch nicht wirklich zu kennen. Vielleicht glaube ich nur, dass sie anderer Meinung wäre? In Wirklichkeit weiß ich nicht, wie sie zu Trent und dem Schwarzen Turm steht.“
„Keine Sorge, ich habe mit ihrer Art von Gespräch bereits Bekanntschaft gemacht. Viel mehr interessiert mich, was du über Isaak weiß.“
„Um ehrlich zu sein, weiß ich eigentlich fast nichts über ihn. Aber du solltest mit ihm direkt sprechen, ich glaube,
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