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Solomord

Solomord

Titel: Solomord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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Zug zu kommen, aber jetzt, wo sich ihm die Möglichkeit bot und seine Meinung gefragt war, machte er einen Rückzieher. Vielleicht lag es an der vorausgegangenen Versöhnung, die ihn innerlich aufgewühlt hatte, aber diesmal überließ er dem erfahrenen Kollegen gern das Feld.
    Doch Hagen Brandt schüttelte energisch seinen Kopf.
    »Nein, Nils. Ich möchte, dass du das Verhör führst!«

18
    Etwas zögernd betrat Teichert den Raum. In Gedanken war er mehrere Male seine geplante Verhörtaktik durchgegangen, doch nun, als er Wagner grinsend an dem Tisch sitzen sah, waren die Fragen und Sätze, die er sich zurechtgelegt hatte, wie weggeblasen. In seinem Kopf herrschte eine Leere, die ihn schwitzen ließ und den entschlossenen Ausdruck auf seinem Gesicht zunichtemachte.
    Sein Gegenüber spürte sofort seine Unsicherheit.
    »Na, schickt man nun schon die Azubis? Dann kann der Fall nicht so brisant sein.«
    Teichert zuckte leicht zusammen. So viel Dreistigkeit hatte er nicht erwartet. Der Mann, der aufrecht und mit herausgestreckter Brust vor ihm saß, wirkte auf ihn nicht wie ein eiskalter Killer. Als Mörder musste man schon ziemlich unverfroren sein, um die Hemmschwelle zu überwinden, einen Menschen zu töten. Doch der etwa Ende 30-Jährige machte auf ihn eher den Eindruck des netten jungen Mannes von nebenan. So jedenfalls hatte sein Kollege ihn beschrieben. Niemals wäre Brandt auf die Idee gekommen, seinen Nachbarn zu verdächtigen, hatte er gesagt. Aber wer wusste schon, was in dem anderen vorging?
    »Herr Wagner, wir wissen, was Sie getan haben.«
    »So?«
    »Ja. Sie haben Michelle Roeder entführt und getötet. Außerdem halten Sie Marie Priebe irgendwo gefangen.«
    »Können Sie das beweisen?«
    Er befand, dass es besser war, bei der Wahrheit zu bleiben.
    »Bedauerlicherweise nicht. Noch nicht.«
    »Und warum lassen Sie mich dann nicht laufen?«
    Die vorlaute Art machte ihn wütend und er musste sich zusammenreißen, Wagner nicht anzubrüllen. Wir sind eindeutig in der besseren Situation, sagte er sich und versuchte zu lächeln.
    »Weil wir wissen, warum Sie es getan haben.«
    Er genoss den verwunderten Blick seines Gegenübers. Das Grinsen war aus Wagners Gesicht verschwunden. Er kniff die Augen zusammen und fragte mit einem misstrauischen Unterton in der Stimme, was er denn glaube, welche Gründe ihn denn angeblich zu der Tat veranlasst hätten.
    Teichert lehnte sich lässig zurück. Er war auf dem besten Weg, die Oberhand in dem Gespräch zu gewinnen. Er schwieg bewusst einige Minuten, ehe er mit Brandts Vermutung rausrückte.
    »Erinnern Sie sich an den 5. Juni 1983?«
    Wagner nickte wortlos. Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Teichert konnte förmlich zusehen, wie sein Gegenüber immer blasser wurde.
    »Ihr schlechtes Gewissen quält Sie. Sie möchten etwas gutmachen, etwas, wofür allein Sie die Verantwortung tragen.«
    Der Inhaftierte saß wie versteinert vor ihm und starrte auf den Tisch. Seine Selbstsicherheit hatte sich plötzlich in Luft aufgelöst. Er wirkte wie ein Häufchen Elend. Doch Teichert empfand kein Mitleid. Der Mann vor ihm hatte nicht nur Michelle Roeder umgebracht, sondern trug Mitschuld am Tod seiner Schwester. Brandt hatte recht gehabt, ebenso wie die Zeugin, die ausgesagt hatte, dass Michael Wagner das Mädchen auf die Straße geschubst hatte.

    »Das hast du gut gemacht«, lobte Brandt seinen Kollegen.
    Sie standen im Flur am offenen Fenster. Teichert hatte sich eine Zigarette angezündet und blies den Rauch ins Freie. Eigentlich rauchte er gar nicht, aber nach dem Verhör war ihm einfach danach gewesen.
    »Aber ein Geständnis haben wir immer noch nicht.«
    Er war ein wenig enttäuscht. Zwar war es ihm gelungen, Wagner in die Enge zu treiben, seiner vorlauten Art Kontra zu geben, aber gestanden hatte er trotzdem nicht.
    »Warte mal ab. Morgen sieht die Sache schon ganz anders aus. Der wird uns schon noch erzählen, wo er Marie versteckt hält.«
    Brandt war fest davon überzeugt, dass Wagner bald gestehen würde. Die erste Hürde hatten sie genommen. Sie hatten ihm deutlich gemacht, dass sie ihn durchschauten, schlauer waren als er. Schon bald würde ihm einleuchten, dass es besser für ihn war zu kooperieren. Teichert hatte es jedenfalls mehrmals im Verhör angedeutet. Und dann würden sie das Mädchen endlich retten.
    »Wird aber auch höchste Zeit. Wenn wir sie nicht bald finden, könnte es zu spät sein.«

    Lore saß am Küchentisch und machte Hausaufgaben.
    »Ging das

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