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Solomord

Solomord

Titel: Solomord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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langsam unerträglich. Sie drehte sich zur Wand und schloss die Augen.
    Bald bist du frei, Yvonnchen, dachte sie und kicherte dabei.

    »Das gibt’s doch gar nicht!«, schimpfte Brandt laut, als er das Büro betrat.
    Er war hundemüde und gereizt. Die letzte Nacht hatte er wenig geschlafen. Immer wieder war er aufgeschreckt, geplagt von dem schrecklichen Gedanken, dass sie Wagner nicht zu einem Geständnis brachten und wieder laufen lassen mussten. Sie hatten inzwischen zwar einen Haftbefehl, den Bruns aufgrund der Fluchtgefahr beim Richter erwirkt hatte, aber handfeste Beweise gab es bisher nicht.
    »Soll ich vielleicht noch mal …«, bot Teichert sich an, aber er winkte ab.
    »Aus dem bekommst du so nichts raus, oder welche Taktik hattest du dir überlegt?«
    Sein Kollege zuckte mit den Schultern. Er hatte zwar Verhörmethoden auf der Polizeischule gelernt, allerdings kaum eigene Erfahrungen sammeln können. Gegenüber Brandt fühlte er sich häufig als absoluter Anfänger. Auch wenn das in gewisser Weise den Tatsachen entsprach, aber wenn er nie die Gelegenheit bekam, das Gelernte in die Praxis umzusetzen, wie sollte er da kompetenter werden?
    »Kann man ihn denn nicht irgendwie unter Druck setzen?«
    Brandt schüttelte den Kopf und erzählte, dass er das schon versucht hatte.
    »Der badet so in seiner Selbstsicherheit. Wenn wir nicht etwas finden, was ihn total aus der Bahn wirft, wird er weiter schweigen. Wir sollten uns intensiver mit seinem Motiv beschäftigen. Warum hat er die Mädchen entführt und Michelle umgebracht?«
    Teichert rutschte tiefer in seinen Schreibtischstuhl.
    »Also, eine sexuelle Motivation hatten wir ausgeschlossen. Ich hab mich aber mal schlaugemacht, welche psychologischen Hintergründe eine solche Tat noch haben könnte.«
    Er reichte ihm ein dickes Buch, das die Aufschrift ›Grundlagen der Polizeipsychologie‹ trug. Brandt hielt nicht besonders viel von solchen Büchern. Zwar vermittelten sie, wie der Titel schon besagte, gewisse Grundlagen, aber die wahren Motive, die, die den Täter zu einer bestimmten Handlung bewogen hatten, lernte man am ehesten aus Gesprächen mit ihm, aus seinem Verhalten, seinen Gesten und den Ereignissen in seiner persönlichen Vergangenheit. Jeder Mensch wurde durch das, was er erlebt hatte, in seiner Persönlichkeit beeinflusst, geformt, manipuliert. Er selbst war das beste Beispiel dafür.
    »Hat Sonja denn schon etwas über den Unfall der Schwester herausgefunden?«
    Sein Kollege blickte überrascht auf.
    »Ich dachte, du …?«
    Brandt hatte den Zwist der beiden völlig vergessen. Ein wenig ärgerlich darüber, dass dieser Streit ihre Arbeit behinderte, fuhr er Teichert an.
    »Kannst du das nicht im Moment mal vergessen? Ihr solltet das sowieso klären. So kann das nicht weitergehen.«
    Er nahm den Telefonhörer in die Hand und wählte Sonja Munkerts Nummer.
    Keine zwei Minuten später stand die Assistentin in der Tür und reichte ihm wortlos die Akte. Teichert vermied es, sie anzusehen. Er hatte sich zum Fenster gedreht und starrte hinaus. Sonja Munkert trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    Brandt räusperte sich laut, doch sein Kollege reagierte nicht.
    »Meine Güte«, er schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich will, dass ihr euch aussprecht. Jetzt. Sofort. Wir sind schließlich ein Team. So kann ich mit euch nicht arbeiten!«
    Er stand auf und verließ das Büro.

    Im Gang traf er Schirmer, der ihn fragte, ob sie inzwischen ein Geständnis hätten.
    »So einfach, wie wir uns das gedacht haben, ist das nicht. Wagner macht total dicht.«
    Er erzählte seinemVorgesetzten von dem Verhör und dass er der Ansicht war, den Inhaftierten nur über die persönliche Schiene aus der Reserve locken zu können.
    »Bin gerade auf der Suche nach einem stillen Platz, wo ich mich mal mit Wagners Vergangenheit beschäftigen kann.«
    »Und wieso geht das nicht in deinem Büro?« Schirmer blickte ihn fragend an.
    »Krisensitzung«, antwortete er nur kurz, ehe er seinen Weg in die Cafeteria fortsetzte.

    Es gab reichlich freie Plätze um diese Zeit. Die Frühstückspausenzeit war schon lange vorbei und das Mittagessen stand noch nicht an.
    Er holte sich einen Kaffee und setzte sich an einen der zahlreichen Tische.
    Die Akte, die Sonja Munkert ihm aus dem Archiv besorgt hatte, enthielt einen Unfallbericht und einige Zeugenaussagen.
    Yvonne Wagner war 1983 durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Ein Auto hatte sie an einem Zebrastreifen erfasst und zehn

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