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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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engagierten, und war bereits mit einem Topf Hühnerfrikassee bei ihr vorbeigegangen, um der Ärmsten ihr Beileid auszusprechen. Außerdem hatte Mrs Trilby mehr als einmal beobachtet, wie Scarlett, Michael und ich nach der Arbeit zusammen heimgekommen waren; einmal, spät nachts, erhaschte Mrs Trilby sogar einen Blick |39| auf Scarlett und Michael, als sie sich unter einer Straßenlaterne küssten. Er sei ein netter Junge gewesen, ließ sie in ihrem näselnden Tonfall verlauten. Mähte nach dem Herzinfarkt ihres Mannes, Arthur, den Rasen und verschaffte ihr im Supermarkt immer die besten Bananen, selbst wenn er sie extra aus dem Lager holen musste. So ein netter Junge aber auch!
    Mit derlei neuen Infos und jeder Menge Mitleid versehen kehrte meine Mutter also ins Haus zurück, setzte mir ein viel zu üppiges Frühstück vor und saß dabei, während ich auf meinem Teller herumstocherte. Sie hielt ihren Kaffeebecher in der Hand und lächelte mich an, als wartete sie darauf, dass ich etwas sagte. Als wäre Michael Sherwood es nun – da er einen Rasen gemäht und die besten Bananen herausgesucht hatte – wert, dass man um ihn trauerte.
    »Um wie viel Uhr fängt der Trauergottesdienst an?«, fragte Marion und nahm ihre Marlboro Lights von dem Tablett mit Krimskrams, das auf dem Küchentisch stand.
    »Um elf«, antwortete ich.
    Sie zündete sich eine Zigarette an. »Bei uns jagt heute ein Termin den anderen, aber ich werde versuchen zu kommen, okay?«
    »Geht klar«, meinte Scarlett.
    Marion arbeitete in einem Laden namens
Fabulous You
; das war ein schicker Fotograf, wo die Kunden – vielmehr Kundinnen – sich schminken, stylen und mit Klamotten aufbrezeln lassen konnten. In dieser Aufmachung wurden sie fotografiert, um diese Fotos dann ihrem Freund oder Ehemann schenken zu können. Marion verbrachte vierzig Stunden pro Woche damit, Hausfrauen und Teenager zu stark zu schminken, in die immer gleichen Abendkleider zu stecken und ihnen ein leeres Champagnerglas in die |40| Hand zu drücken, auf dass sie mit ihrem verführerischsten Blick vor der Kamera posieren konnten. Ein echt harter Job, vor allem, wenn man die Qualität des Rohmaterials berücksichtigte, mit dem Marion teilweise zu arbeiten hatte. Nicht jede Frau auf der Welt hat das Potenzial, glamourös auszusehen. Marions Standardkommentar zu dem Thema lautete, dass man selbst mit Abdeckstift und kreativer Beleuchtung Wunder nur bis zu einem gewissen Grad vollbringen könne.
    Sie schob ihren Stuhl zurück und fuhr sich mit den Händen durchs Haar; Scarlett hatte ihr rundes Gesicht mit den dunkelgrünen Augen geerbt, doch Marions dichte Haare waren wasserstoffblond (sie färbte sie alle paar Wochen nach). Sie lackierte ihre Nägel stets in einem grellen Rot, qualmte eine Zigarette nach der anderen und besaß mehr Unterwäsche als eine Edeldessous-Boutique. Als ich sie kennen lernte – an jenem Tag, als sie mit Scarlett in das Haus gegenüber einzog   –, trug Marion legere Hosen, die gerade noch so an den Hüftknochen hingen, ein bauchfreies Netztop mit Spaghettiträgern sowie zehn Zentimeter hohe Absätze. Und sie flirtete unverhohlen mit den Typen von der Umzugsfirma. Sie war nicht nur nicht wie meine Mutter, sie war wie
keine
andere Mutter. Ich fand, sie sah aus wie Barbie, und war seitdem völlig fasziniert von ihr.
    »Dann mal los.« Marion stand auf und verwuschelte Scarletts Haare im Vorübergehen liebevoll noch ein wenig mehr. »Auf in den Kampf«, fuhr sie in ihrem typischen, leicht schleppenden Tonfall fort. »Ihr ruft mich an, wenn ihr mich braucht, okay?«
    »Geht klar.« Scarlett aß noch einen Löffel Rice Crispies.
    |41| »Tschüs, Marion«, meinte ich.
    »Sie wird nicht kommen«, sagte Scarlett, als Marion im Stockwerk über uns war und uns nicht mehr hören konnte. Dafür hörten wir, wie die Dielen unter ihren Füßen knarrten.
    »Warum nicht?«
    »Weil Beerdigungen sie angeblich fix und fertig machen.« Scarlett hatte aufgegessen und ließ ihren Löffel in die Schüssel fallen. »Marion weiß für jede Gelegenheit eine perfekte Ausrede.«
    Wir gingen ebenfalls hoch, um uns umzuziehen und fertig zu machen. Ich ließ mich auf Scarletts Bett plumpsen; es war übersät mit Klamotten, Zeitschriften, Laken und Decken, die nicht zusammenpassten. Scarlett öffnete ihren Kleiderschrank, stellte sich, die Hände in die Hüften gestemmt, davor und überlegte. Marion rief lautstark Tschüs von unten zu uns hoch. Die Haustür fiel ins Schloss, dann hörte

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