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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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klar bei dir?«, fragte ich.
    »Ja. Es ist einfach nur so seltsam.« Ihre Stimme klang leise und irgendwie hohl; sie hatte ihre Augen auf etwas |47| gerichtet, das sich geradeaus vor uns befand. »Richtig schräg.«
    Ich folgte ihrem Blick und begriff, was sie meinte. Denn unsere Ober-Cheerleaderin Elizabeth Gunderson stand, umringt von einigen Freundinnen, auf den Stufen zum Kircheneingang und schluchzte hysterisch in ein rotes T-Shirt , das sie mit beiden Händen umklammerte.
    Kurz bevor wir zu den Leuten stießen, die sich vor dem Eingang drängten, blieb Scarlett so abrupt stehen, dass ich tatsächlich im ersten Moment automatisch einige Schritte weiterging und dann zu ihr zurückkehren musste. Sie stand mit verschränkten Armen da. Wirkte plötzlich sehr allein.
    »Scarlett?«
    »Keine gute Idee«, murmelte sie. »Wir hätten gar nicht erst herkommen sollen.«
    »Aber . . .«
    Doch bevor ich weitersprechen konnte, trat Ginny Tabor von hinten auf uns zu, warf ihre Arme um Scarlett und mich und brach flennend zusammen. Sie roch nach Haarspray und Zigarettenrauch und trug ein blaues Kleid, das entschieden zu viel Bein zeigte.
    »Nein, nein, nein, ich halte das nicht aus!«, schluchzte sie und hob den Kopf, um Scarlett und mich anzusehen, nachdem wir uns ihrem Klammergriff so behutsam wie möglich entzogen hatten. »Es ist so schrecklich, grauenvoll, furchtbar. Ich habe keinen Bissen mehr runtergebracht, seit ich davon gehört habe. Bin total durch den Wind, ein Wrack.«
    Schweigend gingen wir weiter, Ginny im Schlepptau, die ihre Zigaretten aus der Tasche kramte, eine anzündete, |48| den Rauch mit der Hand wegwedelte. »Als wir zusammen waren, lief zwar nicht alles bestens, aber ich habe ihn so geliebt. Es lag bloß an den Umständen, dass es zwischen uns nicht geklappt hat.« Schluchzend schüttelte sie den Kopf. »Aber in den zwei Monaten, die wir liiert waren, hat er mehr für mich bedeutet als alles andere auf der Welt, ehrlich. Mehr als alles auf der Welt.«
    Ich warf einen Blick zu Scarlett hinüber, die auf den Asphalt starrte, als müsste sie ihn auswendig lernen, und sagte: »Tut mir sehr Leid für dich, Ginny.«
    Ginny atmete Rauch aus, lang, tief, und stieß schließlich mit gepresster Stimme hervor: »Es ist einfach anders, wenn man ihn gekannt hat, ich meine,
wirklich
gekannt, versteht ihr?«
    »Ich weiß«, antwortete ich. Wir hatten Ginny in den letzten Wochen nicht mehr oft gesehen. Nach unserer ersten wilden Zeit zu Beginn der Sommerferien schickten ihre Eltern sie in ein Ferienlager mit der krassen Themenkombination Bibelkunde und Cheerleadertraining und fuhren ohne sie nach Europa. Auch okay, dachten wir in jenem Moment. Vor allem, wenn man praktisch ununterbrochen mit ihr abhing, so wie wir, war Ginny wirklich nur eine Zeit lang am Stück zu ertragen, weil sie ständig auf Hochtouren lief. Einige Tage später waren sich dann Scarlett und Michael begegnet und die zweite Hälfte unserer Sommerferien begann.
    Wir bewegten uns in der Schlange auf die Kirche zu und kamen zu der Stelle, wo Elizabeth stand. Natürlich machte Ginny einen Riesenauftritt daraus, indem sie wieder anfing zu heulen, auf Elizabeth zustürzte und sie umarmte. Da standen die zwei nun und weinten sich beieinander aus.
    |49| »Es ist echt der Horror«, meinte ein Mädchen, das hinter mir stand. »Er liebte Elizabeth so sehr. Das T-Shirt in ihrer Hand gehörte ihm. Sie hat es seit der Nachricht von dem Unfall nicht mehr losgelassen.«
    »Ich dachte, die beiden hätten sich getrennt«, sagte ein anderes Mädchen und ließ eine Kaugummiblase zerplatzen.
    »Ja, als die Sommerferien anfingen. Er liebte sie allerdings immer noch«, meinte das erste Mädchen und fuhr dann fort: »Was diese Ginny Tabor für ein Getue macht! Dabei war sie höchstens zwei Tage oder so mit ihm zusammen.«
    Als wir endlich drinnen angekommen waren, setzten wir uns auf eine der hinteren Bänke. Dafür mussten wir uns an zwei älteren Damen entlangschlängeln, die geziert ihre Knie zur Seite nahmen. Vorne am Altar hingen zwei Riesenposter mit Fotos von Michael: Kinderbilder, Schulporträts, Schnappschüsse und in der Mitte ein vergrößer ter Abzug des berühmten Dias, bei dessen Anblick wir im Juni in der abgedunkelten Aula applaudiert und vor Begeisterung mit den Füßen getrampelt hatten. Ich wollte Scarlett darauf aufmerksam machen, doch als ich den Kopf drehte und merkte, dass sie mit kreideweißem Gesicht blicklos auf die Rückseite der Bank vor uns

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