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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vorbei, es hatte sich durch weiteres Gestein gebohrt und eine Spur von Schleim und schwelendem Fleisch hinterlassen, bevor Mike zweierlei klar wurde: Das Neunauge hatte in Flammen gestanden, und Mike war nicht mehr im Tunnel.
    Er befand sich in der Knabentoilette im Keller von Old Central!
    Kevin ging in eine Richtung, Cordie in die andere, beide rutschten über die glatte Oberfläche des Stahltanks. Die Neunaugen knallten in die Mitte, wo Cordie und Kevin gewesen waren, schlugen auf den Edelstahl und glitten mit einem Kratzen von Zähnen auf Metall wieder auf den Erdboden zurück. Eine der Kreaturen glitt über den Schlauch, als es zurückrutschte, und riß ihn aus dem Füllstutzen im Boden. Benzin ergoß sich blubbernd hangab-wärts über das Gras.
    »Scheiße«, flüsterte Kevin. Er rutschte nach vorne und sah in die offene Füllklappe des Tanks: mehr als halb voll, aber nicht voll genug.
    Die Neunaugenwesen kreisten beide im weichen Erdboden des Rasens, ihre grau-rosa Rücken buckelten wie eine Karikatur des Ungeheurs von Loch Ness. Kevin hörte eine Tür schlagen und fragte sich, ob es sein Vater oder seine Mutter sein könnte, die am Südostende des Hauses zur Tür herausschauten und über den wogenden Baumwipfeln zu der Gewitterfront blickten. Er hoffte nicht. Zwei Schritte auf den Rasen, und sie würden die kreisenden Neunaugenwesen sehen; noch zwei Schritte und sie würden den Laster auf der Nordeinfahrt sehen.
    »Bleib hier!« rief er, ließ sich an der gekrümmten Seite des Tanks hinunterrutschen und sprang mit dem weitesten Sprung, den er zustande brachte, vom Trittbrett über dem linken hinteren Kotflügel ab.
    Er landete und rollte zum offenen Ende des Schlauchs. Dieser saugte mittlerweile Luft, da die Zentrifugalpumpe weiterarbeitete. Kevin wollte ihn in den unterirdischen Tank zurückschieben.
    »Paß auf!«
    Er wirbelte nach rechts und sah beide Neunaugen auf sich zurasen - sie fraßen sich durch den Boden so schnell wie ein Mensch laufen konnte.
    Kevin warf sich hinter den Laster und riß instintkiv den Schlauch herum. Aber die Bewegungen seiner rechten Hand an den Schaltern waren nicht instinktiv, aber ein Vorgehen, das dem geistigen Befehl vorauszueilen schien.
    Das erste Neunauge war sechs Schritte von Kevins Füßen entfernt, als die Pumpenfunktion sich umkehrte und Benzin aus dem Tank ins offene Maul des Dings spritzte. Es tauchte in den Kies. Kevin bespritzte seinen Rücken, als es sich unter die Erde wand, und ließ Benzin in das Loch fließen, als es fort war.
    Das zweite hatte sich nach rechts gewandt und gekreist, jetzt kam es näher. Cordie schrie in dem Augenblick, als Kevin den Benzinbogen fünf Meter auf den Rasen hinausplätschern ließ und das Vorderteil des Dings tränkte.
    Benzingeruch warnte ihn, daß das zweite Neunauge hinter ihm an die Oberfläche gekommen war. Kevin sprang auf den hinteren Kotflügel, als das Ding blind vorbeischoß und mit dem Maul nach dem linken Hinterreifen schnappte. Er tränkte es und ließ wieder Benzin in das Loch fließen, das es hinterlassen hatte.
    Benzindämpfe stiegen ringsherum auf, als Kevin sich auf das hintere Trittbrett des Lasters schwang, die Pumpenfunktion erneut umkehrte und das Risiko einging, zur Öffnung des unterirdischen Tanks zu laufen und den Schlauch wieder hineinzuhängen. Benzin begann zu fließen. Noch drei oder vier Minuten. Vielleicht weniger.
    Er sprang aus einer Entfernung von anderthalb Metern auf den Kotflügel und wußte, es war zu weit, aber er sah den Rückenwulst des Neunauges unter dem Laster durchsausen. Seine Füße berührten Metall, rutschten ab, seine Knie schlugen heftig auf, und Kevin krallte mit den Fingern an der fast aalglatten Wand des Tanks. Er fiel zurück auf die brodelnde Fleischmasse unter ihm.
    Cordie beugte sich weit herunter, sie hielt sich mit der rechten Hand an der Einfüllklappe oben fest und packte ihn am Handgelenk. Sein Gewicht zog sie fast selbst herunter. Sie grunzte. »Los doch, Grunzhacker, klettern!«
    Kevin strampelte, fand Halt an dem zerbissenen Reifen und kletterte hinauf, als das Neunaugending gerade wieder gegen den Reifen prallte.
    Er lag keuchend und hechelnd auf dem Tank. Wenn sie emporstiegen und wieder so hoch zustießen, würden sie ihn erwischen. Aber für den Augenblick war er zu müde und zittrig. »Sie sind getränkt«, japste er. »Wir müssen sie nur noch anzünden.«
    Cordie saß mit überkreuzten Beinen da und beobachtete die Kreaturen, die unter dem Rasen kreisten.

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