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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gespürt und sich bemüht, die Lage in dem engen Tunnel so zu verändern, daß er die schwächliche Taschenlampe und Memos Eichhornbüchse in der richtigen Position halten konnte, ohne sich Fuß und Knöchel abzuschießen. Er hatte gesehen, wie die Maultentakel wie breiiger weißer Seetang gewogt hatten, bevor er das erstemal geschossen hatte und nicht einmal angesichts des Knalls zusammengezuckt war, bevor er nachgeladen und noch einmal gefeuert hatte. Das Ding hatte sich in den Tunnelboden eingegraben und Mike einen letzten Schuß auf seinen Rücken ermöglicht. Es war, als würde man Kies gegen eine Panzerplatte werfen.
    Eine Minute später war dasselbe Neunauge oder sein Zwillingsbruder keine anderthalb Meter vor ihm durch die Tunneldecke gestoßen, hatte mit dem offenen Gesicht pulsiert und sich blind gewunden, um ihn zu finden. Mike hatte vergessen, daß diese Kreaturen nicht in ihren alten Tunnels bleiben mußten, und diese Nachlässigkeit hätte ihn fast das Leben gekostet.
    Er hatte dem Ding die nutzlose Spritzpistole ins Maul geworfen, den zahnbewehrten Kiefer deutlich gesehen, als es sich in seine Richtung wandte, und dann hatte er geladen, geschossen, geladen, geschossen.
    Als er die Nachbilder auf seiner Netzhaut weggeblinzelt hatte, war es fort gewesen.
    Er war hektisch weitergekrochen, war in Panik geraten, hatte zur Decke des Tunnels und zwischen den Händen durch nach unten geblickt und darauf gewartet, daß das Maul sich durchbohren und ihn verschlingen würde.
    Es war einen Augenblick später mehrere Meter vor ihm aufgetaucht, hatte sich aber weiter direkt nach unten gebohrt, als wäre es selbst wegen etwas an der Oberfläche in Panik geraten. Der Gestank von Benzin hatte sich im Tunnel ausgebreitet.
    Mike hatte selbst einen Moment zu krabbeln aufgehört, weil ihm die Bedeutung dieses Geruchs die Fassung raubte.
    Großer Gott, großer Gott, es ist zu Kevs Tanklaster vorgedrungen! Er wünschte sich, er hätte eins der Funkgeräte gehabt. Funktionieren Funkgeräte unterirdisch? Kev oder Duane hätten es gewußt. Dann fiel ihm ein: Duane war tot; Kevin möglicherweise auch.
    Mike kroch weiter, und sein Körper war zu einem simplen Organ geworden, das dazu geschaffen war, Schmerzen von verschiedenen Extremitäten zu seinem überstrapazierten Gehirn zu übermitteln. Es war kühl hier unten. Es wäre schön, sich hier zu einem gemütlichen warmen Ball zusammenzurollen und einzuschlafen, bis die letzte Batterie leer war und das Licht erlosch... einfach nur schlafen und von nichts träumen.
    Mike kroch weiter; er hatte die Eichhornbüchse wieder geladen, aber am rechten Bein in den Hosenbund gesteckt, und seine Hände hinterließen blutige Abdrücke auf dem welligen Tunnelboden.
    Als er das Geräusch hörte, war es lauter als die Neunaugenlaute bei den vorangegangenen Angriffen. Es war, als würden beide Kreaturen ihm den Tunnel entlang folgen. Von hinten. Sehr schnell, der raschen Zunahme von Lärm und Vibrationen nach zu urteilen.
    Mike kroch schneller und klemmte die Taschenlampe zwischen die Zähne; er stieß sich den Kopf an der harten Tunneldecke an, als er so schnell kroch, wie er konnte.
    Hinter ihm schwollen die Grabgeräusche an. Jetzt konnte er die Kreaturen riechen - ihren Gestank nach verfaultem Müll und totem Fleisch. Aber da war noch ein Geruch - scharf und beißend. Er drehte sich um und sah ein grelles Licht, das sich hinter der Biegung des Tunnels rasend schnell näherte.
    Etwas Großes und Lautes und Grelles füllte den Raum hinter ihm aus. Er spürte die Hitze, als wären Maul und Eingeweide des Neunaugendings zu einem Brennofen geworden.
    Plötzlich kippte der Tunnelboden unter ihm weg und Mike purzelte nach vorn, rutschte über lose Steine und kalten, glatten Fels. Es handelte sich hier um eine größere Höhle, so dunkel wie der Tunnel, aber viel breiter. Mike zog Memos Eichhornbüchse heraus und spannte den Hahn, während er sich unablässig weiter seitwärts strampelte, bis er schließlich gegen ein vertikales Stück Fels stieß.
    Das Licht aus der Tunnelöffnung wurde heller, die Erde bebte, und plötzlich erschien das Neunauge mit panisch pulsierenden Tentakeln ums Maul. Es schoß an Mike vorbei wie ein Eilzug, der sich nicht die Mühe macht, wegen einer so unbedeutenden Station zu halten, das glühende, schwelende Fleisch zischte keine fünfzig Zentimeter an Mikes Füßen vorbei, der vergeblich versuchte, sich in die solide Felswand hinter sich zu drücken.
    Das Ding war

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