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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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da hat er die Füße in den Strümpfen geküßt, und einmal, als ich den
Fuß verletzt hatte, hat er ihn verbunden und nachher geküßt.»
    L.: «Mir geht die Luft aus, was küßt er
dir denn sonst noch?»
    Ich: «Wie dumm, er kann doch nur ans
Gesicht ran — überall sonst ist doch Zeug darüber.»
    L.: «Gottseidank, daß da Zeug drüber
ist. Oh, wenn Herr Konsul das alles ahnte, er würfe dich und den Engländer
gewiß in die Weser.»
    Ich: «Er ahnt es ja aber Gottseidank
nicht, und deshalb brauchst du dich doch auch nicht aufzuregen, denn es
passiert nichts Böses. — Du bist aber doch eine alte Ziege, daß du dich von dem
netten Vetter nicht hast küssen lassen, der dich so liebte.»
    L: «O Gott, nun kommt das wieder
— hätt’ ich dir das doch nie erzählt.»
    Ich: «Ja, deshalb bist du nun so ein
Tranpott geworden, aber ich liebe dich trotzdem ganz wahnsinnig.»
    Nachher mußte Linsche mich frisieren,
die es besser kann als ich. Nachdem ich es zweimal wieder aufgemacht hatte,
sagte sie: «Ich kann es nicht begreifen, daß mit einem Mal diese vermaledeite
Eitelkeit in dich gefahren ist. Früher war dir das doch ganz einerlei.»
    Ich: «Ja, jetzt bin ich eben verliebt,
das ist der Unterschied.»
    L.: «Der Hund sieht dich auch immer
ganz erstaunt und erschrocken an, und er weiß nicht, was er darüber denken
soll.»
    Ich: «Ja, das hab’ ich wahrhaftig auch
schon gemerkt, natürlich fühlt er, daß was los ist, aber ich will ihn nachher
trösten.»
    Onkel Herbert fuhr nun mit mir allein
zu Hillmann. Er hatte ein Privatzimmer bestellt, wir waren sechzehn Personen.
Als Percy mit dem blendend sitzenden englischen Frack hereinkam, fand ich, daß
ich noch nie einen so gut aussehenden Mann gesehen hätte. Er saß mir beim Essen
schräg vis-à-vis zwischen Béatrice und Frau Plessis. Ich saß zwischen Herrn
Plessis und Carl Fr. Als der Sekt kam, nahm Percy sein Glas, hob es etwas zu
lange zu mir hin trank mir zu. Er sah mich dabei so an, daß ein Blitz von ihm
zu mir herüberzuckte. Ja, ich hätte keine Angst zu haben brauchen, daß ich
nicht lieben könnte!!
    Wie froh war ich, als das Essen vorbei
war und wir alle in den Tanzsaal herübergingen. Den ersten Tanz mußte man mit
seinem Tischherrn tanzen, wie das immer ist. Percy tanzte mit Frau Plessis — es
war ein bezauberndes Paar. Ich sah plötzlich, als die Musik zu Ende war, wie er
mit ihr vor der Kapelle stand und mit dem Kapellmeister redete. Dann reichte er
ihm etwas hinauf. Ich fragte Karl Br., was denn Percy da wohl eben gemacht
hätte. Er sagte: «Ach, der Vetter, der englische Vetter, der ist ganz und gar
in dich verschossen, der hat jetzt irgendein Lieblingslied von dir bestellt.»
Ich ahnte nicht, daß man das könnte, das hatte ich jedenfalls noch nie erlebt.
Percy brachte Frau Plessis zu ihrem Mann zurück und schoß dann zu mir herüber.
Er nahm mich in den Arm, und einige Minuten später spielte die Musik unseren Strauß-Walzer «G’schichten aus dem Wiener Wald». Nun war es heute schon wieder
ganz anders wie vor acht Tagen in Vegesack. Ja — wie soll ich das sagen? Es
wurde immer schlimmer und immer schöner. Wir tanzten und waren beide doch ganz
woanders. Er sagte immer leise und süße Sachen zu mir herunter. Er möchte jetzt
am liebsten mit mir wegfahren nach London und weg von all den vielen Menschen.
Ich antwortete, daß ich es so fühlte, als wären wir hier auch ganz allein, und
alle Menschen wären für mich versunken. Dann sagte er: «Daisy, für heute und
morgen abend habe ich noch eine Überraschung für dich.»
    Du kannst es Dir gar nicht denken!
liebste Bertha, wie göttlich schön dieser Abend war!
    Ich flehte ihn nun an, mit Béatrice zu
tanzen, die er doch aus London her kannte. Er tat es aber ganz widerstrebend.
Mich holten alle meine anderen Freunde, aber ich wußte immer, wo Percy war. Und
dann flog ich wieder in seine Arme, und er sagte: «Weißt du, Daisy, daß du mir
noch nie gesagt hast, ob du mich liebst?» Ich sagte zurück: «Ich weiß es ganz
fest und sicher, daß ich dich liebe, aber noch nie so stark wie heute abend.
Und weißt du, daß du es mir auch noch nie richtig gesagt hast?» Da sah er mir
während des Tanzens ganz furchtbar ernst in die Augen und sagte: «Ich sage es
dir erst Montag.»
    Um 12 war Onkel Herbert wieder müde,
und wir hatten doch erst drei Stunden getanzt, während er doch im Lehnstuhl saß
und gar nicht müde zu sein brauchte, — aber wir mußten weg. Percy und Béatrice
gingen mit uns.

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