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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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neuenglischer Winter bevor. Alice hatte nicht vor, eine jener Mütter zu werden, die ihr brüllendes Neugeborenes zu beruhigen versuchten, während die anderen Fahrgäste ihr vorwurfsvolle Blicke zuwarfen.
    »Besser«, sagte Daniel.
    »Besser als ein Auto?«, fragte Alice.
    »Ein Grundstück«, sagte Daniel verschmitzt, »ein ordentliches Stück Land in Maine, direkt am Wasser.«
    So einfach konnte sie das nicht glauben: »Daniel Kelleher, wenn das ein Witz sein soll …«
    »Das würde ich mir nie erlauben, verehrte Dame«, sagte er, indem er auf sie zuging und ein Ohr an ihren Bauch legte.
    »Hörst du, Gummibärchen?«, sprach er zu ihrem Gürtel.
    »Daniel!«, rief sie und versuchte, ihn von sich zu drücken. Sie mochte es nicht, wenn er mit dem Baby sprach, als wäre es schon Teil seines Lebens.
    Daniel ignorierte sie.
    »Heute in einem Jahr bauen wir Sandburgen, du und ich. Papa hat einen ganzen Strand für dich.« Er richtete sich wieder auf. »Neds Großvater hat seinen Enkeln Land vererbt, aber Ned ist sein Anteil egal. Es gehört uns!«
    »Für eine Fünfzigdollarwette?«, fragte Alice.
    »Also sagen wir mal so: Es war die letzte in einer langen Reihe von Fünfzigdollarwetten, die er vielleicht nicht alle ganz abbezahlt hat.«
    »Daniel!« Trotz der guten Nachricht war sie ein bisschen sauer.
    »Liebling, mach dir doch keine Sorgen. Du bist mit einem Glückspilz verheiratet«, sagte er mit einem Augenzwinkern.
    Alice glaubte nicht an Glück. Und wenn es das gab, blieb es ihr fern. In zwei Ehejahren hatte sie drei Fehlgeburten gehabt. Bevor Alice und ihre Geschwister zur Welt kamen, hatte ihre Mutter zwei Babys verloren. Das wusste Alice, obwohl sie nicht danach zu fragen gewagt hatte. Ihre Mutter hatte dazu nie mehr gesagt, als dass Gott sie wohl prüfen wolle, indem er ihr das Liebste nahm. Alice fragte sich, ob die Kinder in ihrem Fall nicht deshalb wieder verschwanden, weil sie wussten, dass sie nicht willkommen waren. Oder, um genau zu sein, weil sie wussten, dass Alice keine Mutter war.
    Sie kannte den Ablauf: Erst blieben die dunklen Flecken in der Unterwäsche aus, dann folgten ein paar Wochen Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerz, dann sah sie Blut in der weißen Toilettenschüssel. Und wieder war eine Seele dahingegangen.
    Im Aufzug des Bürogebäudes, in dem sie arbeitete, hatte sie ein Gespräch zwischen zwei Mädchen mitgehört. Die eine hatte der anderen zugeflüstert, dass ihr ein Arzt in New York ein Diaphragma angepasst habe.
    »Das ist eine Befreiung, sag ich dir!«, meinte sie. »Harry passt nämlich überhaupt nicht auf.«
    »Wenn die Männer die Kinder rauspressen müssten, würden sie schon aufpassen«, sagte die Freundin. »Stell dir vor: Ronald beim Hecheln und Pressen.« Sie schloss den Mund und blies die Wangen auf, bis beide in verhaltenes Gelächter ausbrachen.
    Alice hätte so gerne mit ihnen darüber gesprochen und mehr erfahren. Aber sie kannte die beiden nicht, und außerdem fand sie es vulgär, dass sie über derartige Dinge sprachen. Sie wusste nicht, wen sie fragen sollte, also fuhr sie eines Morgens vor der Arbeit zu einer entfernt gelegenen Gemeinde. Man sprach von der Anonymität der Beichte, dabei sah man den Priester ja, bevor er in den Beichtstuhl stieg, und auch er konnte einen sehen. Dieser war ein alter Mann mit schlohweißem Haar. Auf einem Schild las sie: PFARRER DELPONTE. Vermutlich Italiener, dachte Alice. Italienerinnen waren leicht zu haben, das war allgemein bekannt. Hoffentlich würde er sie nicht für eine halten. Sie war schließlich verheiratet.
    Sie kniete im Halbdunkel des Beichtstuhls nieder, schloss die Augen und bekreuzigte sich.
    »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, amen«, begann sie mit den wohlvertrauten Worten.
    Als sie ihm von den Fehlgeburten berichtete, errötete sie tief.
    »Ich frage mich, ob ich vielleicht noch nicht so weit bin«, sagte sie. »Ich frage mich, ob ich es nicht vielleicht etwas hinauszögern sollte. Vor ein paar Jahren ist meine Schwester gestorben, und ich bin noch nicht wieder ganz ich selbst. Ich fürchte mich davor, Mutter zu werden. Ich glaube, ich bin nicht bereit, einem neuen Menschen in meinem Leben genug Liebe zu geben, zumindest jetzt noch nicht.«
    Sie hatte nicht zu Ende gesprochen, da fragte er: »Wie alt sind Sie?«
    »Vierundzwanzig.«
    Alice hätte schwören können, dass sie durch das Gitter einen erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen hatte.
    »Natürlich sind Sie alt genug,

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