Sommer, Sonne und dein Lächeln: Sommerträume (German Edition)
die er festgehalten hatte.
Die Preise, die er gewonnen hatte, und die Honorare, die er jetzt verlangte, standen in ihrer Bedeutung hinter dem Bild selbst. Sogar wenn ihn niemand bezahlt, wenn niemand seine Arbeit anerkannt hätte, wäre Sidney in diesem Moment trotzdem in seiner Dunkelkammer gewesen und hätte seinen Film entwickelt. Er war respektiert, erfolgreich und reich. Trotzdem hatte er keinen Assistenten und arbeitete noch immer in derselben Dunkelkammer, die er sich vor zehn Jahren eingerichtet hatte.
Als Sidney seine Negative zum Trocknen aufhängte, hatte er schon eine Vorstellung, welche er vergrößern wollte. Dennoch sah er sie kaum an, sondern ließ sie da hängen, schloss die Tür auf und verließ die Dunkelkammer. Morgen war sein Blick bestimmt frischer. Warten können war ein Vorteil, den er nicht immer besessen hatte. Im Moment wollte er ein Bier. Er musste sich so einiges durch den Kopf gehen lassen.
Er ging direkt in die Küche und nahm sich eine kalte Flasche. Er öffnete den Verschluss und warf ihn in den Mülleimer, den seine einmal die Woche kommende Haushälterin mit einer Plastiktüte versehen hatte. Der Raum war sauber, nicht besonders heiter mit den scharfen Kontrasten von Weiß und Schwarz, aber auch nicht trübe.
Er setzte die Flasche an und ließ die Hälfte des Inhalts durchseine Kehle gluckern. Dann steckte er sich eine Zigarette an, ging mit dem Bier zum Küchentisch, setzte sich auf einen der Stühle und legte die Füße auf die nackte Holzplatte.
Das Küchenfenster gab den Blick auf einen nicht so besonders glamourösen Teil von Los Angeles frei. Hier war alles ein wenig schäbig, rau, derb und hart. Auch das Licht des frühen Abends machte es nicht hübscher. Sidney hätte in eine bessere Gegend der Stadt umziehen können oder hinauf in die Berge, wo nachts die Lichter der Stadt wie in einem Märchen leuchteten. Doch Sidney zog das kleine Apartment vor, von dem man in die nicht so verwöhnten Straßen der Stadt blickte, die für ihren Glanz und Glitzer bekannt war. Er brachte keine Geduld für Glanz und Glitzer auf.
Blanche Mitchell. Die war darauf spezialisiert.
Er konnte nicht abstreiten, dass ihre Porträts von den Reichen, Berühmten und Schönen gut gemacht waren – in ihrer Art sogar ausgezeichnet. In ihren Fotos lagen Mitgefühl, Humor und eine geschmeidige Sinnlichkeit. Er wollte nicht einmal abstreiten, dass es für ihre Art von Arbeit einen Platz in der Branche gab. Es war nur einfach nicht sein Blickwinkel. Blanche Mitchell spiegelte Kultur wider, er stürzte sich direkt auf das Leben.
Ihre Arbeit für das CELEBRITY MAGAZINE war professionell, perfekt und oft auf ganz eigene Weise sezierend gewesen. Die überlebensgroßen Leute, die sie fotografiert hatte, waren nicht selten auf eine Art zurückgestutzt worden, die bewirkte, dass sie menschlich und umgänglich wirkten. Da Blanche selbstständig arbeitete, kamen die Stars, die zukünftigen Stars und die Starmacher, die sie für das Magazin fotografierte, zu ihr. Und im Laufe der Jahre hatte sie einen Ruf und einen Stil entwickelt, der sie zu einer der ihren machte, zu einem Teil des inneren, auserwählten Kreises der Reichen und Berühmten.
Sidney wusste, dass das mit einem Fotografen passieren konnte. Man konnte seinen Themen ähnlich werden, seinen eigenen Studienobjekten. Manchmal wurde das, was man abbilden wollte,ein Teil von einem selbst. Zu sehr ein Teil von einem selbst. Nein, er nahm Blanche Mitchell nicht ihren künstlerischen Standort übel. Sidney hatte lediglich seine Zweifel bezüglich der Zusammenarbeit mit ihr.
Er mochte keine Partnerschaften.
Doch das war die Abmachung. Als LIFE-STYLE mit dem Auftrag an ihn herangetreten war, eine Bilderstudie über Amerika zu liefern, war er fasziniert gewesen. Bildberichte konnten eine starke, bleibende Aussage haben, die aufzurütteln und aufzuschrecken oder zu besänftigen und zu amüsieren vermochte. Als Fotograf hatte er immer genau solche Aussagen angestrebt. LIFE-STYLE wollte ihn, wollte die starken, manchmal prägnanten, manchmal zwiespältigen Gefühle, die seine Bilder ausdrücken konnten. Aber sie wollten auch ein Gegengewicht. Die Sicht einer Frau.
Er war nicht so stur, dass er diesen Standpunkt und die damit verbundenen Möglichkeiten nicht begriffen hätte. Und doch passte es ihm nicht, dass der Auftrag von seiner Einwilligung abhing, den Sommer, seinen Campingbus und die Anerkennung mit einer Prominentenfotografin zu teilen. Und überhaupt
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