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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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so ein Wort völlig falsch benutzt. Vielleicht kann er aber auch einfach Frank Tenholt fragen, wenn er ihn später besucht. Der hat doch Geschichte studiert, der muss so etwas wissen, wahrscheinlich kann der ihm auch beim Thema »Feme« weiterhelfen. Man muss solche Sachen klären, damit sie einem nicht das Gehirn verstopfen. In diesem Zusammenhang wäre vielleicht mal über einen Datentarif für sein schickes Mobiltelefon nachzudenken, das er sich bei der letzten Verlängerung seines Mobilfunkvertrages hat aufschwatzen lassen, mit dem er aber, wie er dem blasierten Bengel im Geschäft klarmachte, nur telefonieren wollte, woraufhin der ihn ansah, als spiele Stefan zu Hause noch Schellackplatten ab. Und es war klar, dass der Jüngling das nicht für einen sympathischen Spleen hielt. Stefan ärgerte sich am meisten darüber, dass ihn das überhaupt beschäftigte und der Blick des Bengels nicht einfach an ihm abprallte. Er hat dann, uneingestanden verunsichert, ziemlich schnell den Laden verlassen und kann deshalb bis heute mit seinem Telefon nicht ins Internet.
    Seine Füße stoßen unten an. Das Konzept von Betten mit Fußende hat ihm nie eingeleuchtet. Stefan reibt sich einmal mit den Händen das Gesicht und greift nach seiner Armbanduhr auf dem Nachttisch. Einen Radiowecker mit Leuchtziffern gibt es hier nicht mehr, den hat er mitgenommen, als er auszog. Er fühlt sich etwas matt, aber das wird sich nach der ersten Tasse Kaffee erledigen. Er könntesich unten einen kochen, doch er ist zum Frühstück mit Omma Luise verabredet, und wenn er jetzt einen Kaffee trinkt und bald darauf noch mal einen oder zwei, noch dazu das starke, fast zähflüssige Zeug, das seine Großmutter seit Jahrzehnten in sich hineinschüttet, dann wird ihm irgendwann die Pumpe galoppieren wie bei einem zünftigen Infarkt, was hier und jetzt gleich zwei Fragen aufwirft: Wie konnte Omma Luise trotz dieses Kaffees sechsundachtzig Jahre alt werden, ohne jemals Herzprobleme zu kriegen, und wann ist er eigentlich so ein Snob geworden? Schwarzen Filterkaffee, der womöglich schon eine ganze Weile auf einer Warmhalteplatte vor sich hin gammelt, empfindet Stefan mittlerweile als reines Gift.
    Er nimmt frische Sachen aus dem Koffer, der geöffnet auf dem Boden unter dem Fenster liegt, vor dem alten Rippenheizkörper, den irgendein Bekannter seines Vaters installiert hat, wie das ganze Heizungssystem und wie überhaupt das ganze Haus praktisch in Eigenarbeit gebaut oder jedenfalls umgebaut worden ist, da ja hier jeder einen kennt, der noch zwei kennt, die bestimmte Sachen installieren oder reparieren oder besorgen können, das geht praktisch alles unter der Hand, die Welt besteht aus Handwerkern. Stefan nimmt sich ein schwarzes T-Shirt, legt es aber gleich wieder zurück. Nicht so künstlermäßig rüberkommen, denkt er sich, mit so einem schwarzen T-Shirt mit Rundhalsausschnitt sieht man doch gleich wie ein Künstler aus, und wer weiß, wie das hier ankommt. Wahrscheinlich macht sich andererseits niemand Gedanken darüber, also nimmt er das T-Shirt dann doch, dazu die Jeans und eine frische Unterhose, die nun gar nicht künstlermäßig ist, sondern einfach so ein Slip, und wer soll den heute schon zu sehen bekommen.

    Das ist der Moment, in dem er zum ersten Mal an Charlie denkt, jedenfalls heute, aber wegen ihr ist er ja gar nicht hier, sondern wegen des Termins mit dem Makler. Immerhin, keine zehn Minuten hat es gedauert, denkt er, bis ich das erste Mal an sie gedacht habe, aber das geht auch wieder vorbei.
    Den Termin mit dem Makler hinter sich bringen, sich mit ein, zwei Leuten treffen, die es verdienen, und dann wieder abhauen – das war der Plan. Schnell rein, schnell raus, keine Gefangenen.
    Ganze zwei Mal ist er in den letzten zehn Jahren hier gewesen, und das auch nur wegen Omma Luise. Hat bei einem Kollegen in Essen übernachtet, sich wie ein Teilnehmer an einem Zeugenschutzprogramm in seine Heimatstadt geschlichen, bei Omma Luise Kuchen gegessen und ist wieder verschwunden. Telefoniert aber hat er immer wieder mit ihr. Mindestens einmal die Woche. Hat sich angehört, was ihre Beine und ihr Rücken machen und dass sie jetzt langsam Falten kriege, als würde sie alt. »Erst Mitte achtzig und schon Falten!«, hat Stefan mal gesagt, aber Omma Luise hat nicht gelacht. Einmal ist sie mit dem Zug nach München gekommen und hat eine seiner Vorstellungen besucht. Stefan brachte sie in einem sehr schicken Hotel unter, weil er ihr seine Bruchbude nicht

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