Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
und der Tag des Verkaufs. Das mochte sein. Der Notar hatte nur ausgeklammert, dass die Tage dazwischen auch ziemlich schön sein konnten. Vielleicht machte es den Unterschied, dass wir nicht ein, sondern viele Hausbesitzer waren. Für die Unwägbarkeiten, die das mit sich brachte, hatte sich bei allen Weidenhofbewohnern eine seelische Hornhaut gebildet, die es ihnen leichter machte, tolerant zu sein. Mit den Wechselfällen unserer bisherigen Geschichte hatte jeder von uns auch seinen Bizeps der Sozialkompetenz erkennbar vergrößert. Hätten sonst, um nur ein Beispiel zu nennen, alle stillschweigend akzeptiert, dass Ylva und Mette entgegen den Statuten plötzlich ihre eigenen Zimmer haben wollten? Dauerhaft eigene Zimmer waren nie vorgesehen. Doch bei Regelabweichungen wurde mittlerweile immer seltener rumgemosert und immer öfter auf die typische Maltrinart mit einer Prise Sarkasmus nachreguliert: Die beiden Zimmer bekamen den Namen »skandinavisches Viertel«, und jeder machte seinen Frieden damit. Das war auch gut so, denn im Laufe der Monate zogen alle nach: Singles, Paare und Familien, wir alle richteten uns mit der Zeit in »unseren« Zimmern auf Dauer wohnlich ein, deponierten Klamotten in den Kommoden und zogen Wochenende für Wochenende immer wieder dort ein – sofern es bei unserer Ankunft noch zu haben war. Irgendwann, dafür war Maltrin ein Lehrstück, korrigierte eine organische Entwicklung bestimmte Regeln, die zwar gut klangen, aber an den Bedürfnissen vorbeigingen. Zum Beispiel an dem nach etwas mehr Stabilität und Berechenbarkeit, das sich selbst bei noch so anarchischen Weidenhofbewohnern im Laufe der Zeit manifestierte.
»Ich würde eher sagen«, ergänzte Elke meine Gedanken, »jetzt, wo Wolle nicht mehr da ist, müssen wir dann wohl doch selbst mal ein bisschen erwachsen und vernünftiger werden. Immerhin haben wir uns hier alle einem Projekt verschrieben, das verbindlicher ist als die meisten Beziehungen heutzutage.«
Diese Stichworte kamen auch Konrad sehr gelegen. Er nahm das Begriffspaar »erwachsen« und »vernünftig« zum Anlass, ein generelles Schifahrverbot während der anstehenden zweiten Ausbaustufe der Scheune zu fordern, die immerhin nichts Geringeres als eine Fußbodenheizung beinhaltete. Mit dieser Forderung spielte Konrad, wie alle sofort einzuordnen wussten, auf den abwesenden Steve an, der sich zur Eröffnung der Wintersportsaison beim Tiefschneefahren das Schultergelenk zertrümmert hatte. Was wir Steve allerdings hoch anrechneten, war die SMS , die er uns vom Krankenhausbett in Innsbruck geschickt hatte.
Sorry, falle vorläufig für Scheunenumbauarbeiten aus. Habe mir aber fest vorgenommen, bei der Gelegenheit das Rauchen aufzugeben. Mit dem eingesparten Geld ist wenigstens mein finanzieller Beitrag zum Projekt Scheune sicher. lg Steve
Am nächsten Morgen auf der Gartenbank hielten Olli und ich noch einmal fest, dass wir wahrscheinlich beide von der Hoffnung bei der Stange gehalten wurden, irgendwann später im Leben würde es noch einmal so richtig geil werden. Und dass wir diesem utopischen Zustand mit dem Weidenhof ein reelles Stück näher gekommen waren.
NACHBEMERKUNG DES AUTORS
Dieses Buch basiert auf wahren Begebenheiten, real existierenden Orten und behandelt Personen, die es gibt und gegeben hat. Aber um den Schutz dieser Personen zu gewährleisten und das Erlebte gestalterisch in den Gesamttext einzuordnen, spielt der Autor mit der Verschränkung von Wahrheit und Fiktion und hat Namen und andere Details geändert. Der Autor bittet um Verständnis, dass auch der Ort, in dem das im Buch beschriebene Haus steht, geheim bleibt. Maltrin findet selbst Google nicht.
DANKSAGUNG
Ich danke meiner Familie, meinen Mitbewohnern und den Menschen aus dem Dorf für ihre Unterstützung.
Weitere Kostenlose Bücher