Sommerkussverkauf
magische Weise aufgehoben worden.
»Ich weiß nicht, wie du es anstellst«, sagte Maddy, als der alte Cyrus Sharp in seinen Gummistiefeln aus dem Laden geschlurft war, mit seinem morgendlichen
pain au chocolat
und einem Laib Walnussbrot unter dem Arm. »Du hättest Cyrus vor fünf Jahren im Pub hören sollen, als er herausfand, dass aus dem alten Eisenwarengeschäft ein Delikatessenladen werden sollte. ›Diese verdammten Yuppies und ihr vermaledeites, ausländisches Essen … die wollen die Stadt mit Kräutern und Knoblauch ausräuchern … was stimmt denn nicht mit Päckchenpudding und dazu einer Dose Erbsen?‹ … Und jetzt sieh ihn dir an: Er ist praktisch dein bester Kunde! Außerdem hat er eine Schwäche für dich.« Maddy grinste breit. »Ich sage dir, du hast ihn definitiv am Haken.«
»Er ist ein Schatz.« Juliet lächelte, griff nach dem Besen und kehrte rasch den getrockneten Schlamm auf – zumindest hoffte sie, dass es sich nur um getrockneten Schlamm handelte –, den die Gummistiefel von Cyrus hinterlassen hatten. »Wäre er fünfzig Jahre jünger, würde ich ihn mir angeln. Na ja, wenn er nicht so sehr nach Bauernhof riechen würde.«
Es beeindruckte Maddy jedes Mal, auf welch geheimnisvolle,
mühelose
Weise Juliet es geschafft hatte, innerhalb von maximal zwei Monaten eine waschechte Einheimische zu werden. Vielleicht hatte es mit ihren strahlenden, dunklen Augen zu tun, mit ihrem glänzenden, schwarzen Haar und ihrer herrlich altmodischen Stundenglasfigur. Vielleicht lag es an ihrer warmen, samtigen Stimme und dem ihr innewohnenden Mitgefühl. Aber was immer es auch war, es funktionierte. Juliet war freundlich, wunderbar diskret und wurde von allen angebetet. Als alleinerziehende Mutter war sie mit dem zweijährigen Tiff nach Ashcombe gekommen. Der Kleine besaß das Lächeln seiner Mutter und – so konnte man annehmen – die blonden Haare seines Vaters. Mittlerweile war der Siebenjährige ein bezaubernder, ausgelassener Junge und der beste Freund von Maddys Nichte Sophie. Die beiden waren fast gleich alt und unzertrennlich.
»Schau dich nur an«, sagte Juliet, als Maddy mit vier Kühlboxen aus der Küche kam. »An einem Montagmorgen so aufgebrezelt zu sein. Ich bin beeindruckt.«
»O Gott, ist es zu viel?« Maddy zog eine Grimasse; normalerweise gab sie sich mit ihrem Aussehen für ihre Liefertour nicht so viel Mühe. »Ich sehe doch nicht wie angemalt aus, oder?«
»Sei nicht albern. Die Stammkunden werden sich nur wundern, womit sie das verdient haben, mehr nicht.« Juliet hob spielerisch die Augenbrauen. »Und ich bin auch neugierig.«
»Ich will einen Neukunden werben.« Maddy stellte die Kühlboxen auf dem Boden ab.
»Süße, das wird dir definitiv gelingen.«
»Es geht nur ums Geschäft, Miss Oberschlau. Ich habe am Samstag jemand auf einer Party getroffen. Wenn ich es gut anstelle, haben wir bald einen neuen Kunden. Er arbeitet für Callaghan & Fox; die wurden bisher von Blunkett beliefert.« Maddy klang durchaus ein klein wenig selbstgefällig; es war immer ein besonderer Kick, wenn man einem Konkurrenten einen Kunden abjagen konnte. Vor allem, wenn es sich bei dem Konkurrenten um Blunkett handelte.
»Und ist dieser Neukunde zufällig ziemlich attraktiv?«
»Tja, ich habe meine Kontaktlinsen nicht getragen, aber ich denke schon.« Maddy grinste und hob die Kühlboxen hoch, als zwei Touristen in den Laden traten. »Sicher kann ich das erst sagen, wenn ich ihn wiedersehe.«
Juliets Augen funkelten. »Vergiss darüber nur nicht, wieder zurückzukommen.«
Maddy hatte schon früh entdeckt, was mit das Beste an Siebenjährigen war: wenn etwas unwiederbringlich verloren schien, konnte man ihnen fünfzig Pence anbieten, damit sie sich auf die Suche nach dem Gegenstand begaben. Und dann gaben sie so lange nicht auf, bis sie ihn tatsächlich gefunden hatten. Am Sonntagmorgen hatten Tiff und Sophie das Badezimmer mit der Detailgenauigkeit von zwei Spurensicherern durchkämmt und mit atemberaubender Geschwindigkeit die verloren geglaubte Kontaktlinse schließlich lokalisiert.
Feierlich hatte Sophie Maddy die Linse überreicht. »Ich glaube, das ist schon ein Pfund pro Nase wert.«
Maddy hatte ihre Handtasche durchwühlt und dabei den Kopf geschüttelt. »Du bist ganz die Tochter deines Vaters.«
Sophie hatte sie angesehen, als ob sie nicht ganz richtig sei. »Natürlich bin ich die Tochter meines Vaters. Sonst wäre er ja nicht mein Dad.«
Jedenfalls waren zwei Pfund ein echtes
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