Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis
schweigend entgegen und ging zum Sofa. Er folgte ihr, setzte sich jedoch nicht neben sie, sondern zog sich einen Stuhl heran. Es war merkwürdig, ihn zu sehen, ohne ihn berühren zu können.
»Geht es dir gut?«
Sie lachte. »Niall meinte, es sei gefährlich hierherzukommen, und das Erste, was du mich fragst, ist, ob es mir gutgeht. Was immer du ihm angetan hast, es muss die Hölle gewesen sein.«
»Unser Junge vergibt nicht so schnell wie du.« Irial lächelte; es war ein trauriges Lächeln, und sie hätte ihm gern einige Fragen gestellt.
Aber sie tat es nicht. Sie rutschte auf dem Sofa hin und her und versuchte eine Haltung zu finden, in der die Schmerzen in ihrem Rücken erträglich waren. Sie war froh, dass es wehtat, doch wenn sie sich bewegte, traten ihr vor Schmerzen immer noch Tränen in die Augen. »Ich konnte nicht mit ansehen, wie Menschen für mich sterben. Und was auch immer du mir noch nicht erzählt hast.«
»Es wäre mit der Zeit immer schlimmer geworden«, gab er zu. Es war keine Entschuldigung, aber sie hatte auch keine erwartet.
»Will ich das überhaupt wissen?«
Er zündete sich eine seiner offenbar unverzichtbaren Zigaretten an und bedachte sie mit einem Blick, der in seiner Vertrautheit beinahe tröstlich war. Dann machte er eine wegwerfende Geste mit der Hand, wobei die Glut seiner Zigarette eine Linie in die Luft malte. »Krieg, vermehrte Anstrengungen an der Drogenfront, mehr Dunkelelfen in meiner Nähe. Vielleicht einige Verhandlungen mit Far Dorchas Elfen auf den Sex- und Todesmärkten.«
»Hätte ich das überlebt?«
»Möglicherweise.« Er zuckte die Achseln. »Du hast dich ziemlich gut geschlagen. Die meisten Sterblichen bleiben nicht so lange bei Bewusstsein wie du. Und da du mit mir verbunden warst, hättest du vielleicht tatsächlich überlebt. Ich wollte, dass du überlebst.«
»Ich habe mit Ashlyn gesprochen, und wenn du eine andere Sterbliche nimmst …«
»Willst du mir drohen, mein Liebling?« Er grinste sie an.
»Nein. Ich sage dir nur, dass ich nicht will, dass ich ersetzt werde.«
Sein Lächeln verschwand. »Und wenn ich es doch tue?«
»Dann wird Ashlyn sich mit der anderen, der Winterkönigin, zusammentun, und sie werden dir drohen, dir wehtun, unserem – deinem – Hof.« Sie sah ihn an. Sie war nicht sicher, ob dies die richtige Strategie war, doch sie konnte nicht zulassen, dass jemand anders so leiden musste, wie sie es getan hatte.
»Doch jetzt kommt der Punkt, den sie nicht begreifen können: Ich möchte nicht, dass dir jemand wehtut. Denn das würde auch mir wehtun. Wenn du eine andere Sterbliche als Leitung für all diese schrecklichen Dinge benutzt, wird mir das wehtun. Und was sie mit dir machen, wenn sie es herausfinden, würde mir auch wehtun.«
»Und?«
»Und du hast versprochen, nicht zuzulassen, dass mir irgendjemand wehtut.« Sie wartete, während er dasaß, sie ansah und rauchte. Ihre Freundschaft zu Ashlyn und Seth war zwar noch lange nicht wiederhergestellt, doch wenn Ashlyns Ratschlag etwas taugte, würde das einiges wieder in Ordnung bringen. Fürs Erste war das Leslies Ziel: Sie wollte die Dinge in Ordnung bringen – ihr Leben, ihre Zukunft, und wenn möglich auch die Beziehungen zu Personen, die ihr wichtig waren. Und dazu gehörte auch immer noch Irial.
»Der Hof der Finsternis ist, was er ist. Ich werde meinen Dunkelelfen bestimmt nicht sagen, sie sollen sich ändern, damit sie …«
»Jetzt rede dich nicht raus, Irial.« Sie winkte ihn näher zu sich heran.
Sein Erstaunen entschädigte sie für ihre Angst. Er drückte seine Zigarette aus und setzte sich zu ihr aufs Sofa, dicht genug, um sie berühren zu können, ohne es jedoch zu tun.
Sie drehte sich zu ihm hin, damit sie sich in die Augen sehen konnten. »Du hast mir dein Versprechen gegeben, Irial, und ich nehme dich beim Wort. Ich sage dir, was passieren wird, wenn du zulässt, dass sie dir wehtun: Damit tust du mir weh. Und wenn du das weißt und trotzdem eine andere Sterbliche zu dir nimmst … Was du bist und was du tust, geht mich nichts an, aber wenn du einen neuen Tintentausch veranlasst, in meiner Welt Kriege anzettelst und Sterbliche tötest, dann geht mich das sehr wohl etwas an. Und wenn meine Zuneigung zu dir dazu führt, dass du das alles nicht tun darfst … dann gebe ich eben zu, dass ich dich noch immer gernhabe.«
Er streckte seine Arme nach ihr aus, und sie wich nicht vor ihm zurück. Sie schloss die Augen und überließ sich seinen Küssen. Es war
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