Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
geliebte Sommerkönigin lebte. Devlin war dagegen gewesen. Seth zu töten oder ihn im Elfenreich festzuhalten, wäre besser für Sorcha gewesen – und damit für sie alle.
»Vielleicht solltest du dort bleiben.« Die Stimme der Königin des Lichts klang nicht hörbar anders, dennoch befiel Devlin ein wachsendes Unbehagen. In all der Ewigkeit hatte Sorcha ihn immer nur für kurze Stippvisiten weggeschickt.
»Dort bleiben?!« Er war in der letzten Zeit sowieso schon viel zu häufig zwischen den Welten hin- und hergereist. Und da ein Tag am Hof des Lichts einer ganzen Woche bei den Sterblichen entsprach, machte ihm der ständige Wechsel zwischen den Zeiten zunehmend zu schaffen. Seine eigenen Gefühle, die sich leichter unterdrücken ließen, wenn er dauerhaft bei seiner Königin im Elfenreich war, gewannen zunehmend an Präsenz. Er schlief unruhig, war immer müde – und damit anfällig für Emotionen.
»Du willst, dass ich in der Welt der Sterblichen bleibe?« Er sprach betont langsam.
»Ja. Für den Fall, dass er dich benötigt. Ich … ich brauche dich dort mehr als hier.« Ihr warnender Blick machte deutlich, dass sie keinen Widerspruch duldete.
Er hätte gern widersprochen. Schließlich ging es hier um mehr als nur darum, Seth zu beschützen. Devlin wusste nicht, was seine Königin vor ihm verbarg. »Er ist bei Irial und Niall, meine Königin. Außer wenn er die Sommerkönigin besucht, lebt er behütet am Hof der Finsternis. Sicherlich …«
»Du widersetzt dich meinem Befehl? Hast du am Ende doch noch beschlossen, mir den Gehorsam zu verweigern?«
Er kniete nieder. »Habe ich mich jemals einem deiner Befehle widersetzt?«
»Du hast ohne direkten Befehl gehandelt, aber dich widersetzt? Ich weiß es nicht, Devlin.« Sie seufzte leise, ein Flüstern der Luft, bei dem der Park den Atem anzuhalten schien. »Aber du könntest es. Das ist mir klar.«
»Ich widersetze mich deinem Befehl nicht«, sagte er. Das war keine richtige Antwort. Die Wahrheit hätte sie in ein Gespräch verwickelt, das er vierzehn Sterblichenjahre vermieden hatte. Er hätte sagen müssen, dass er den direkten Befehl der Königin missachtet hatte, ein halbsterbliches Kind zu töten.
Ein Vergehen, für das ich exekutiert werden könnte, verstoßen, aus dem Elfenreich verbannt … und das zu Recht. In ihm regte sich das schlechte Gewissen. Ich gehöre zum Hof des Lichts. Ich bin Sorchas Befehl unterstellt. Ich werde nicht noch einmal versagen, wiederholte er stumm seine tägliche Selbstermahnung. Laut fügte er hinzu: »Ich widersetze mich nicht, aber ich bin dein Ratgeber, meine Königin, und ich möchte dich ungern allein zurücklassen, während du augenscheinlich …«
»Während ich augenscheinlich was?«
Trotz seiner ehrerbietigen Haltung begegnete er ihrem Blick mit einer Unerschrockenheit, die sonst niemand im Elfenreich gewagt hätte. »Während du augenscheinlich Gefühle entwickelst.«
Sie ignorierte, dass er die Wahrheit ausgesprochen hatte, und entgegnete nur: »Teile ihm mit, mir wäre es lieb, wenn er nach Hause käme. Du bleibst so lange da … wie er dich braucht.«
»Zu Befehl, meine Königin.«
»Wirklich?« Sorcha lehnte sich in den sie umgebenden stacheligen Schleier. An den Stellen, wo die spitzen Enden sie hätten stechen können, verschwanden die Dornen. Dann sprossen zu ihren Füßen und um seine Knie neue Dornen aus der Erde. Die Ranken erklommen ihren Körper und krochen über ihren Arm bis zu den Fingern. Schließlich hob sie die Hand und drückte sie an seine Wange, so dass die Stacheln sich sowohl in seine als auch ihre Haut bohrten. »Gehörst du wahrhaftig zu mir, Bruder?«
»Das tue ich.« Er rührte sich nicht von der Stelle.
»Du wirst ihr begegnen.« Sorchas Blut tropfte auf seine Haut, vermischte sich mit seinem und sein Körper nahm es auf. Devlin lebte ebenso von Blut wie die Zwillinge, die ihn erschaffen hatten. Doch anders als sie brauchte er sowohl das Blut der Ordnung als auch das der Zwietracht.
»Ich werde Bananach treffen«, gab Devlin zu, »aber sie hat mir nichts zu befehlen. Das ist nur dir vorbehalten. Ich diene der Unveränderlichen Königin, dem Hof des Lichts, dem Elfenreich .«
Die Ranke kroch von ihrer Haut auf seine, so dass er die Nahrung aufnehmen konnte, mit der Sorcha sie gefüllt hatte.
»Bis jetzt.« Sorcha strich mit einer Hand über seine Wange. »Aber nichts hält ewig. Die Dinge ändern sich. Wir ändern uns.«
Devlin konnte nicht sprechen. So nah war seine
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