Sommermaerchen
widerstehen können, mit ihr zu flirten, ihre Wangen auf so bezaubernde Weise zum Erröten zu bringen.
Nun, das kleine Zwischenspiel mochte ja sehr angenehm gewesen sein, aber er hatte eine Pflicht zu erfüllen. Entschlossen suchte er seine Gastgeberin auf.
„Lady Allyngham?“, fragte sie recht irritiert. „Mein lieber Major, ich würde Sie ja herzlich gern mit ihr bekannt machen, wenn es in meiner Macht stünde. Aber sie ist gegangen.“
„Gegangen!“
„Nun ja. Sie verabschiedete sich vor wenigen Minuten. Mr Mortimer wollte sie zur Dover Street begleiten.“ Sie schenkte ihm ein listiges Lächeln. „Und er ist wirklich ein sehr aufmerksamer Begleiter.“
Heftige Enttäuschung durchfuhr Jack. Was gewiss nur an seinem Wunsch lag, endlich Allynghams Ring und Medaillon zurückzugeben, um dann London verlassen zu können. Doch in seinem Innersten war ihm klar, dass er Eloise Allyngham unbedingt wiedersehen musste.
Jack verließ die Gesellschaft Lady Parhams und begab sich in die St. James’ Street, wo er ein imposantes weißes Gebäude betrat, in dem sich „White’s“, einer der exklusivsten Herrenklubs Londons, befand. Es herrschte Hochbetrieb. Jack blieb eine Weile an einem Tisch stehen, um eine besonders lebhafte Spielrunde Hazard zu verfolgen. Später schlenderte er durch das Kartenspielzimmer und begegnete mehreren Bekannten, von denen einige früher am Abend auch bei Lady Parham gewesen waren. Eine Gruppe Gentlemen spielt gerade Bassett, doch einer von ihnen sah auf und winkte ihm zu.
„Genug vom Tanzen, Clifton?“
Jack lächelte. „So ungefähr, Renwick.“
Charles Renwick war ein alter Freund. Neben ihm saß Edward Graham, ein Freund seines Vaters, doch die übrigen Gentlemen kannte Jack nicht. Mit Ausnahme des Kartengebers: Sir Ronald Deforge, ein stämmiger Mann mit fahlem Gesicht und Pomade im Haar. Jack unterdrückte ein Gefühl des Abscheus. In diesem Moment sah Sir Ronald auf, blickte Jack unter halb gesenkten Lidern an und verzog die Lippen herablassend. Als Jack zögerte, sprach ihn ein Herr mit rosigen Wangen und buschigem roten Backenbart an.
„Die Schlacht auf der Tanzfläche kann genauso höllisch sein wie eine echte Belagerung, was, Major? Nun, machen Sie sich nichts daraus. Setzen Sie sich und spielen Sie mit.“
„Genau. Wir sind hier, um uns gegenseitig zu trösten“, erklärte Mr Graham.
„Kommen Sie schon, Deforge, teilen Sie endlich aus!“
„Ach?“ Jack gab dem Diener ein Zeichen, ihm etwas zu trinken zu bringen.
„Natürlich. Was nützte es, noch bei den Parhams zu bleiben, wenn Lady Allyngham nicht mehr da war?“ Edward Graham betrachtete stirnrunzelnd sein Blatt. „Ich hatte gehofft, sie später zu einem Tanz überreden zu können, und fand heraus, dass sie heimlich hinausgeschlüpft war.“
Jack bemühte sich, nicht mehr als leises Interesse zu zeigen.
„Wie es scheint, war Major Clifton der Einzige von uns, dem die Gunst eines Tanzes zuteil wurde“, bemerkte Sir Ronald.
Der Gentleman mit dem roten Backbart gab Jack einen leichten Stoß in die Rippen.
„Stimmt, Sir Ronald hat recht, Major. Sie Glückspilz! Wie haben Sie das angestellt, Mann? Sind Sie gut mit ihr bekannt?“
„Nein, überhaupt nicht“, erwiderte Jack. Er nahm seine Karten auf. „Ich weiß nur sehr wenig über die Dame.“
„Ah, die ‚Göttliche Allyngham‘.“ Jacks Nachbar hob das Glas wie zu einem Toast.
„Ganz London liegt ihr zu Füßen. Welcher Mann möchte eine solche Frau nicht sein eigen nennen? Wir alle sind ihre Sklaven. Doch sie schenkt uns nur einen Tanz und ab und zu die Gelegenheit zu einer Ausfahrt, mehr nicht. Und weiß uns mit leichter Hand dorthin zu lenken, wo es ihr beliebt. Selbst Sir Ronald hier ist ganz bezaubert von ihr, nicht wahr?“
Sir Ronalds Miene verdüsterte sich einen Moment lang, doch er antwortete nur gleichgültig: „Sie ist zweifellos eine Schönheit.“
„Es heißt, sie würde sich mit nichts weniger als einem Herzog königlichen Geblüts zufriedengeben“, warf ein Herr in dunkelbrauner Weste schmunzelnd ein. „Die Damen sehen es allerdings nicht gerne, wenn ihre Gatten über eine andere Frau in Verzückung geraten. Sie haben sie die ‚Flatterhafte Witwe‘ getauft.“
„Wohl wahr“, meinte Mr Graham seufzend. „Ich wünschte nur, sie wäre noch ein wenig flatterhafter, dann stünden die Chancen für mich vielleicht etwas besser.“
Er erntete lautes Gelächter, das von gutmütigen Verwünschungen unterbrochen wurde,
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