Sommermaerchen
schnell in eine Richtung, die sie in Verlegenheit brachte. Vorsichtig antwortete sie: „Ich denke, ein solcher Schluss wäre recht anmaßend von Ihnen.“
Sein Lächeln vertiefte sich, und er beugte sich etwas weiter vor. „Und dennoch wiesen Sie die letzten vier Gentlemen ab, die Sie um einen Tanz baten.“
„Diesen Gentlemen hatte ich bereits zuvor einen Tanz geschenkt. Und etwas Abwechslung ab und zu gefällt mir nun mal.“ Sie lächelte ihm zu, als die Tanzfigur sie trennte, während er ihr amüsiert nachblickte.
„Und gefällt es Ihnen, mit mir zu tanzen, Mylady?“, fragte er, als sie ihre Hände wieder in seine legte.
„Für den Augenblick, ja“, antwortete sie leichthin.
„Ich stimme Ihnen völlig zu“, meinte er. „Auch ich stelle mir angenehmere Dinge vor, mit denen wir uns die Zeit vertreiben könnten.“
Eloise errötete heftig und war erleichtert, als sie wieder getrennt wurden und sie keine Antwort auf diese unerhörte Bemerkung zu finden brauchte. Sie fragte sich, ob es klug gewesen war, mit diesem Fremden zu tanzen. Seine Wirkung auf sie war sehr beunruhigend. Er brauchte nur zu lächeln, und sie benahm sich wie ein naives Schulmädchen! Das musste sofort aufhören, bevor sie sich zu sehr in seinen Bann ziehen ließ. Als die Musik endete, machte Eloise einen angedeuteten Knicks und trat zur Seite. Ihr Tanzpartner folgte ihr.
„Ich bin zwar eine ganze Weile nicht mehr in der Stadt gewesen“, sagte er, „aber ist es nicht immer noch üblich, zwei Tänze mit einem Herrn zu tanzen?“
Sie hob unwillkürlich das Kinn. „Ich möchte Ihrer Eitelkeit nicht neue Nahrung geben, Sir. Ein Tanz reicht, bis Sie mir vorgestellt worden sind.“ Sie öffnete ihren Fächer, schenkte dem Fremden ein letztes Lächeln und ging weiter.
Alex wartete bereits auf sie. „Unser Gastgeber sagte mir, Lord Berrow habe sich für heute Abend entschuldigt. Er ist gar nicht in der Stadt. Allerdings erwartet Parham ihn morgen auf der Soiree der Renwicks.“
„Wie lästig. Hätten wir das gewusst, hätten wir nicht zu kommen brauchen.“ Sie hakte sich bei ihm ein. „Lass uns aufbrechen.“
„Bist du sicher? Du wirst so viele Herren enttäuschen, wenn du jetzt gehst. Sie hoffen alle, wenigstens einen Tanz mit dir zu bekommen.“
Eloise zuckte die Achseln. Da sie nicht mit ihrem aufregenden Fremden tanzen konnte, wollte sie mit niemandem tanzen. Sie beschäftigte sich eingehend damit, sich ihre durchsichtige Stola um die Schultern zu legen, um Alex’ Blick nicht begegnen zu müssen. „Was ist geschehen, Elle? Mir gefällt deine ausweichende Art gar nicht. Hat dein letzter Tanzpartner etwas zu dir gesagt, das dich bekümmert hat?“
„Nein, nein.“ Sie winkte ab. „Er war nur eine nette Ablenkung für mich, mehr nicht.“
„Er schien von dir aber sehr angetan zu sein.“
„Glaubst du?“, fragte sie ihn ein wenig zu eifrig.
Alex runzelte die Stirn. „Wäre es denn wichtig für dich?“
Hastig wandte Eloise den Blick ab. „Nein, natürlich nicht. Es ist nur sehr schmeichelhaft. Er war recht amüsant.“
Nachdenklich betrachtete Alex den hochgewachsenen Fremden, der einige Meter entfernt an der Wand lehnte und zu ihnen herüberblickte. „Ich denke eher“, sagte er leise, „dass dieser Mann sehr gefährlich sein könnte.“
„Zum Teufel!“
Jack sah Lady Allyngham an Mortimers Arm davongehen.
Es hätte ihn keine große Mühe gekostet, Parham darum zu bitten, ihn der Dame vorzustellen. Das war ja auch seine Absicht gewesen, als er heute hier erschien.
Doch dann hatte er Eloise Allyngham gesehen, und ihr Anblick hatte jede seiner Absichten, ob nun gut oder böse, aus seinem Gedächtnis verbannt.
Ein Jahr war es nun her, dass Allyngham ihm das Medaillon anvertraut hatte, und das winzige Porträt darin war ihm sehr vertraut geworden. Trotzdem hatte es ihn völlig aus der Fassung gebracht, dem Original selbst zu begegnen. Das Bild deutete die Schönheit der üppigen blonden Locken an, die ihr Gesicht umrahmten. Doch es hatte ihn nicht auf ihr strahlendes Lächeln vorbereiten können, ebenso wenig wie auf den humorvollen Blick und die Intelligenz in ihren dunkelblauen Augen.
Heute war es lediglich seine Absicht gewesen, Lady Allyngham die Dinge zu übergeben, die ihr Gatte ihm anvertraut hatte, um sich dann unauffällig wieder zurückzuziehen. Dann war er mit ihr zusammengestoßen, und als sie zu ihm aufschaute, war ihm der Zweck seines Besuchs entfallen. Und er hatte der Versuchung nicht
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