Sommermond
Vater zu haben.
„Ich wollte das alles nicht“, flüsterte er. „Ich wollte nur verhindern, dass dir oder Ben etwas passiert.“
„Lass uns später darüber reden“, erwiderte Jo. „Ich bin einfach nur froh, dass dir nichts passiert ist.“
„Seltene Worte …“, entgegnete Alex.
„Ich werde versuchen, mich zu bessern“, sagte Jo. „Ich will dich nicht auch noch verlieren.“
Alex sah ihm ein letztes Mal in die Augen, bevor er wieder an ihm vorbei in Richtung Ben spähte. Jo bemerkte seinen Blick und sagte: „Wer weiß, wie es ohne seine Hilfe ausgegangen wäre, was?“
Alex nickte abwesend.
„Er liebt dich wirklich“, sagte Jo, und plötzlich klangen diese Worte nicht mehr so fremd aus seinem Mund. Es war fast, als hätte er sich endlich damit abgefunden, dass er und Ben …
Sein Gedankengang stockte. Ja, was waren Ben und er eigentlich? Zusammen? Getrennt?
„Er wird bald weg sein“, sagte Alex und senkte den Blick. „Ich hab’s vergeigt.“
Als er Jo laut seufzen hörte, blickte er wieder auf. Jo sah ihn mitfühlend an.
„Vielleicht sollte ich euch kurz allein lassen“, sagte er dann und trat einen Schritt nach hinten.
„Nein!“, entgegnete Alex sofort, sprach aber gleich darauf wieder ruhiger. „Er will sicher nicht mit mir sprechen.“
Jo lachte leise. „Doch, das glaube ich schon.“
Mit diesen Worten wandte er sich um und schritt zurück zu seinem Wagen. Neben Wagner blieb er stehen und lenkte dessen Aufmerksamkeit auf sich. Offenbar wollte er dem Oberkommissar ein paar Fragen stellen.
Alex blickte zu Ben. Der Dunkelhaarige blickte zurück und zögerte noch einen ganzen Moment, bevor er auf Alex zuging.
„Entschuldigen Sie mich bitte!“, warf Alex dem Sanitäter knapp zu.
Er versuchte seinen Kopfschmerz zu ignorieren und eilte dem Dunkelhaarigen entgegen. In der Mitte des Weges trafen sie sich, blieben voreinander stehen und sahen sich in die Augen. Keiner von ihnen sagte etwas. Ihre Blicke hafteten aneinander. Sie sprachen auch ohne Worte. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit seufzte Ben, trat anschließend auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. Alex schmiegte sich an ihn. Er konnte Ben riechen, fühlen, seinen Herzschlag spüren. Benommen schloss er die Augen.
„Danke …“, flüsterte er.
„Ich hab‘ doch gesagt, dass ich dir helfe“, erwiderte Ben. „Oder hast du ernsthaft geglaubt, ich überlass dich diesen Kerlen?“
Alex schüttelte kaum merklich den Kopf. Innerlich wünschte er sich, Ben würde ihn nicht mehr loslassen. Doch genau das geschah wenige Sekunden später. Mit sanfter Gewalt drückte Ben sich von ihm und sah ihm in die Augen.
„Jetzt hat das alles ein Ende“, sagte er. „Jetzt kannst du anfangen, den Rest deines Lebens in den Griff zu bekommen.“
„Das heißt, du fährst morgen?“, fragte Alex.
Ben schwieg einen kurzen Moment und senkte den Blick. Als er wieder aufsah, nickte er kaum merklich. „Es tut mir leid …“
„Verstehe …“
Alex wandte den Blick ab und starrte an ihm vorbei in die Dunkelheit. Bens Worte klangen endgültig, seine Ehrlichkeit tat weh. Alex wollte etwas erwidern, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er schaffte es nicht, all das, was in den letzten Stunden passiert war, zu verarbeiten. Tränen stiegen in ihm auf. Doch er hielt sie zurück. Er presste seine Lippen zusammen und blickte mit glasigen Augen vor sich ins Leere. Seine Sicht verschwamm.
„Hey …“, flüsterte Ben, hob eine Hand und legte sie an seine Wange.
Mit dem Hauch einer Berührung drehte er Alex‘ Gesicht zu sich zurück. Alex starrte ihn an. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.
„Ich hab‘ das alles für uns getan!“, sagte Alex und klang verzweifelt. „Ich will dich nicht schon wieder verlieren! Ich … Ich will mit dir zusammen sein!“
Bens Blick wurde mitfühlend.
„Ich weiß“, erwiderte er. „Aber es ist so viel passiert. Vielleicht tut uns der Abstand ganz gut. Wer weiß, wie’s danach weitergeht? Bis dahin hast du genug Zeit, dein Leben neu zu ordnen.“ Er stockte kurz und nahm seine Hand aus Alex‘ Gesicht. „Und sobald ich zurück bin, werd‘ ich dich besuchen kommen. Versprochen.“
„Ach, was …“, entgegnete Alex und machte eine wirre Geste dazu. „Bis dahin hast du längst ‘nen Neuen. Bestimmt irgend’n Ami, der dich nicht mehr nach Hause fliegen lässt oder so.“
„So ein Unsinn!“ Ben schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich werd‘ da drüben gar keine Zeit für sowas haben.“
Alex
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