Sommermond
er. „Das ist echt schön geworden.“
„Gern“, erwiderte sie und drückte sich von ihm weg. „Am liebsten würd‘ ich dich gar nicht gehen lassen.“
„Ach, was!“, erwiderte Ben. „Du hast doch Max.“
Max sah kurz zu ihnen herüber, bevor er sich wieder dem Kabelsalat zweier Lichterketten widmete.
„Ja, aber der ist nicht schwul“, sagte Isabelle.
Ben musste lachen. „Was zum Teufel willst du mir damit sagen?“
Isabelle zog einen Schmollmund und erinnerte ihn damit schon wieder an ein kleines Kind. „Na ja …“, murmelte sie, trat auf ihn zu und strich sein T-Shirt glatt. „Du bist doch mein bester Freund. Ich werd‘ die ganzen schwulen Geschichten vermissen. Die klingen aus deinem Mund immer so romantisch.“
„Vielleicht hält Peer ja als vorrübergehender Ersatz her“, grinste Ben. „Ich kann ihn ja mal fragen.“
„Wag es bloß nicht!“, erwiderte Isa gespielt drohend. „Wenn, dann organisier‘ ich das selbst.“
Ben lachte erneut. „Du meinst das echt ernst, oder?“
Isabelle nickte selbstbewusst. „Ich brauch‘ einen Schwulen an meiner Seite! Ich hab‘ mich total daran gewöhnt, mit dir über alles sprechen zu können.“
„Ich bin ja nicht aus der Welt“, lächelte Ben. „Es gibt ja Telefon und Handy und Internet und Webcam und …“, zählte er auf.
„Ist ja gut!“, warf Isa ein. „Ich hab’s kapiert.“ Sie blickte ihn mit großen Augen an. „Ich hab‘ einfach nur Angst, dass du uns vergisst.“
„Isa …“, versuchte Ben sie zu beruhigen. „Es ist nicht mal ein Jahr.“
„Trotzdem …“, murmelte sie und zog wieder einen Schmollmund.
Ben seufzte und sah ihr in die Augen. Er wollte gerade etwas erwidern, als er Max seinen Namen rufen hörte.
„Ben! Hilf mir mal bitte!“
Ben spähte über Isabelles Schulter und sah, wie Max mit einer Lichterkette um den Hals auf einen Stuhl kletterte.
„Ja, warte!“, rief Ben ihm zu.
Dann wandte er sich noch einmal an Isabelle: „Ich werd‘ dich anrufen, so oft ich kann, und du wirst meine erste Ansprechpartnerin sein, wenn irgendwelche Kerle auf meinem Herz herumtrampeln.“
„Das will ich hoffen“, sagte Isabelle. „Wehe, wenn nicht!“
Ben lächelte noch einmal und wollte sich gerade abwenden, als Isabelle ihn am Arm zurückhielt. Irritiert blieb er stehen und warf einen entschuldigenden Blick in Max‘ Richtung.
„Was ist jetzt eigentlich mit Alex?“, fragte Isabelle. „Wird er kommen?“
Bens Magen zog sich zusammen. Die Frage quälte ihn.
„Ich weiß es nicht“, war seine ehrliche Antwort. „Irgendwie hoff‘ ich’s, aber … ich glaube, ich hab’s versaut.“
„Habt ihr denn noch mal geredet?“, fragte Isabelle.
Ben schüttelte den Kopf. „Ich wollt‘ ihn anrufen, aber ich war zu feige.“
„Du liebst ihn noch sehr, oder?“ Sie warf ihm einen mitfühlenden Blick zu.
„Ja, aber …“ Ben senkte den Blick, „… er hat mich zu sehr verletzt.“
„Vielleicht ja, weil er selbst verletzt war. Oder überfordert“, entgegnete Isabelle. „Ich mein‘ … Ach, du kennst meine Meinung längst.“
„Nun sag schon“, hakte Ben nach und sah wieder zu ihr auf.
„Na ja“, begann Isa daraufhin. „Ich find‘ schon, dass alles, was er für dich getan hat, seine Fehler wieder gutmacht.“ Sie pausierte und seufzte laut. „Du liebst ihn, er liebt dich … Wo ist das Problem?“
„Beim Stipendium“, schoss es aus Ben.
Und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er es mit dieser Antwort auf den Punkt brachte. Auf einmal erkannte er, dass er Alex die zweite Chance nicht verwehrte, weil er enttäuscht von ihm war, sondern weil er sich selbst einen Riegel vor seine Gefühle geschoben hatte. Zu groß war seine Angst, während seines New York-Aufenthalts von dem Blonden verletzt zu werden. Es fehlte das notwendige Vertrauen. In der kurzen Zeit, in der er mit Alex zusammen gewesen war, hatten sie ständig mit Problemen zu kämpfen gehabt. Bisher hatten sie kaum Zeit gehabt, sich richtig kennenzulernen. Deshalb befürchtete er, dass ihre Liebe nicht genügte, um der Entfernung standzuhalten. Und das Stipendium wollte er auf keinen Fall aufgeben. Auch nicht für Alex – so gern er es auch getan hätte. Das Auslandssemester war seine große Chance und die musste er wahrnehmen.
„Be-en!“, rief Max und warf ihm einen verärgerten Blick zu.
„Ich lass‘ ihn schon viel zu lange warten“, sagte Ben zu Isabelle und deutete dabei zu Max. „Und ehrlich gesagt … Ich will nicht mehr
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