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Sommersturm (German Edition)

Sommersturm (German Edition)

Titel: Sommersturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Büttner
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noch nicht ein einziges Mal sein Gesicht
gesehen."
    Natürlich
starrten nun alle mich an, demonstrativ behielt ich die Kamera vorm Gesicht und
filmte einen nach dem anderen. Alle Blicke flogen zurück zu Betty.
    „Du
bist bei Höfer gewesen“,  fragte sie ungläubig, „um mit ihm über Julians
neues Hobby, das Filmen,  zu sprechen?“
    „Hobby!
Pah!“, fuhr Olga dazwischen. „Das ich nicht lache! Er will uns provozieren,
weiter nichts! Vielleicht ist das sein Hobby.“
    „Ich
kann nicht behaupten“, erklärte Martha, „dass dieser Kamera-Unsinn meine
Meinung über ihn positiv beeinflusst. Er ist aggressiv, schlecht erzogen und
provoziert Erwachsene, wo es nur geht. Im Übrigen auch seine Lehrer.“
    „Sagt
das Herr Höfer?“, fragte Betty.
    „Jawohl!
Genau das sagt er!“ Martha kam langsam in Form, sie hatte sich warm geredet und
wurde lauter.
    „Und?
Was sagt er über mich ?“
     Bettys
Frage brachte Marthas gerade zurückgewonnene Sicherheit erneut ins Wanken.
„Wieso über dich?“
    Betty
lächelte sanft. „Du hast doch mit ihm über mich gesprochen, nicht über Julian.
Mein Lebenswandel war dein  Thema. Julian spielte da doch nur eine
Nebenrolle.“ Ihr Lächeln gefror.
    „Woher
willst du das wissen?“, zischte Martha. „Spionierst du mir vielleicht nach?“
    „Kein
schlechter Witz“, gab Betty trocken zurück. „Wer spioniert denn hier wohl wem
hinterher? Natürlich habe ich Höfer gefragt, was du wolltest. Es hat mich
ehrlich interessiert.“
    Martha
holte tief Luft.
    „Also
schön“, sagte sie. „Wenn du das Thema schon anschneidest, Bettina: Wir, Kurt
und ich, bereuen aufrichtig, dass wir es damals zugelassen haben, dass du das
Sorgerecht für Julian bekommen hast. Du bist einfach nicht in der Lage, einem
jungen Menschen das zu geben, was er braucht.“
    „Und
das wäre?“ Betty brannte.
    „Klare
Verhältnisse!“, rief Martha. „Von Geborgenheit und Nestwärme einmal ganz zu
schweigen und ... Kurt, sag du doch auch mal was!“
    Aber
Kurt schwieg beharrlich und zwang Martha auf diese Weise, selbst einen
draufsetzen: „Und moralische Werte!“ Ihre Stimme vibrierte.
    Betty
lachte kurz auf.
    „Natürlich“,
erwiderte sie, „in Sachen Moral seid ihr ja die absoluten Meister. Du und
Kurt.“
    „Genau!“
Martha war hilflos vor Empörung. Dann klingelte das Telefon. Wir hatten keine
bestimmte Uhrzeit vereinbart, aber ich wusste sofort, dass es Henry war.
Inzwischen bereute ich meine Intrige fast, denn der arme Kurt tat mir irgendwie
Leid, mittlerweile sogar Martha. Kurt hockte auf dem Sofa wie ein Haufen Elend.
Eigentlich hatte ich gar nichts gegen ihn. Er war nichts weiter als ein armer Schlucker , der unter Marthas Fuchtel stand. Ich wünschte
mir, ich hätte Henry den Auftrag zu diesem blöden Anruf nie gegeben. Fieberhaft
fragte ich mich, was ich jetzt noch tun konnte und es gab nur eine Antwort: Ich
musste das Telefon vor Martha erreichen.
    Die
aber war nur noch drei Schritte vom Apparat entfernt. Ohne nachzudenken, warf
ich die Kamera auf den Tisch und sprang auf. Ich hatte keine Ahnung, wie ich
das alles zu Ende bringen sollte, aber ich hatte ein klares Ziel. Gerade in der
Sekunde, als Martha nach dem Hörer griff, bemerkte sie mich und hielt
erschrocken inne. Für einen Sekundenbruchteil geriet ihre Entschlossenheit ins
Stocken. Mit einer Art Hechtsprung stürzte ich nach vorne und riss Martha im
Flug den Hörer aus der Hand. Der Apparat und ich landeten auf dem Boden. Es
klingelte schon zum vierten oder fünften Mal. Verblüfft starrte Martha mich von
oben an.
    „Ich
erwarte einen wichtigen Anruf“, sagte ich und rappelte mich hoch. „Extrem
wichtig!“
     Noch
ehe Martha reagieren konnte, hatte ich den Hörer am Ohr.
     „Ja?“
    „Julian?“
Ich hatte mich nicht getäuscht, es war Henry.
    „Allerdings“,
antwortete ich.
      
Ich hatte keine Ahnung, was ich weiter sagen sollte. Die anderen glotzten mich
lauernd an. Sicher konnte ich sagen: „Falsch verbunden!“ und dann auflegen.
Aber ganz sicher hätte Henry dann sofort einen zweiten Versuch gestartet.
     „Hallo
Henriette“, sagte ich stattdessen. „Schön, dass du anrufst. Ich hab schon
gewartet.“ 
    „Sag
mal, spinnst du jetzt? Ich bin’s, Henry.“
    „Ich
sag doch, ich hab schon gewartet.“
    „Bist
du blöd? Hier ist Henry, verdammt!“  
    „Es
freut mich, dass es Dir gut geht. Ja, hier ist auch alles in Ordnung.“
     „Bin
ich im falschen Film oder was?“
    „Schon
möglich. Nein,

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