Sommersturm
Wannenrand hockte und sich die Haare mit
einem Handtuch trocken rieb . Das zerrissene Kleid
hatte sie nicht mehr an, dafür ihren Morgenmantel. Sie ging zum Spiegel und
untersuchte ihr Gesicht. Das alles tat sie so mechanisch, dass ich mich fragte,
wie lange es noch dauern würde, bis der Zusammenbruch kam.
Ich
blieb im Türrahmen stehen und beobachtete sie, keine Sekunde ließ ich sie aus
den Augen. Mit einem Kosmetiktuch betupfte sie die Wunde neben ihrem
Mund. Die Haut um die Wundränder herum war stark angeschwollen. Unter dem
rechten Auge, auf der Stirn und der linken Wange erkannte ich
Hautabschürfungen.
„Bitte
sag mir endlich, was passiert ist!“, forderte ich, ohne mich von der Stelle zu
rühren.
„Gar
nichts.“
„Sehr
witzig“, sagte ich und wurde langsam wütend. „Wer hat dich so zugerichtet,
verdammt? Ich will es wissen!“
Betty
drehte sich zu mir um und betrachtete mich ernst.
„Ich
glaube kaum“, sagte sie, „dass du ein Recht hast, so mit mir zu reden.“
„Warum
erzählst du mir nicht, wer es war?“, beharrte ich.
„Weil
ich es selbst nicht weiß“, sagte Betty und wandte sich wieder dem Spiegel zu.
„Ein paar Typen sind in der Innenstadt über mich hergefallen, als ich gerade in
mein Auto steigen wollte. Sie hatten Masken über ihre Gesichter gezogen, ich
konnte sie nicht erkennen. Sie waren zu dritt, aber der eine von ihnen hat
eigentlich gar nicht mitgemacht. Nachher hat er sogar versucht, mir zu helfen.“
Ich
traute meinen Ohren nicht.
„Du
bist überfallen worden? Auf offener Straße?“
Mir
wurde schummerig und jetzt war ich es, der sich auf den Rand der Badewanne
setzen musste.
„Meinst
du, wenn’s drinnen passiert wäre, hätte es weniger wehgetan?“ Betty lächelte
gequält.
„Was
haben sie gemacht?“, fragte ich. „Haben sie dich...“
„Nein“,
sagte Betty, „haben sie nicht.“ Fast klang es, als wolle sie mich nur
beruhigen, ich wurde misstrauisch.
„Aber
was haben sie dann von dir gewollt?“, fragte ich. „Haben sie dich ausgeraubt?“
„Nein“,
sagte Betty. „Aber selbst wenn ich Geld bei mir gehabt hätte: Darum ging es
ihnen nicht. Da gehe ich jede Wette ein.“
„Und
um was, bitte schön, ging es ihnen?“ Ich schrie fast, meine Nerven lagen blank.
„Vielleicht
wollten sie mir einfach Angst machen“, mutmaßte Betty. „Ich weiß es nicht.“
„Was
soll das denn heißen?“ Ich war fassungslos. „Drei Typen fallen nachts
über eine Frau her, einfach um ihr Angst zu machen?
Das ist doch totaler Schwachsinn!“
„Mein
Gott!“, schrie Betty zurück, „soll ich es dir vielleicht auch noch erklären?
Geh mir bloß nicht auf die Nerven. Ich sage es jetzt nur noch ein allerletztes
Mal: Ich hab keine Ahnung, was die von mir wollten! Hast du das jetzt endlich
kapiert?“ Sehr viel leiser fügte sie hinzu: „Aber es kam mir so vor, als ob sie
mich einschüchtern wollten. Und nun lass mich einfach in Ruhe. Bitte!“
Ich
kam mir ziemlich blöd vor.
„Entschuldige“,
sagte ich kleinlaut. „Aber ich kapiere einfach nicht, was da passiert ist. Hast
du denn wenigstens irgendeinen Verdacht? Kam dir irgendwas an den Typen bekannt
vor?“
„Nein,
gar nichts. Aber jetzt, bitte, sei so lieb und lass mich allein.“
„Aber
deine Wunden müssen behandelt werden“, sagte ich aufgeregt. „Ich ruf jetzt den
Notarzt.“ Schon war ich auf halbem Weg zum Telefon.
„Julian“,
sagte Betty und lächelte sogar ein bisschen, während sie mich ansah. „Ich weiß,
dass du es gut meinst, aber ich brauche wirklich keinen Arzt. Es ist alles in
Ordnung. Ich will jetzt einfach etwas Ruhe, verstehst du das?“
Ich
verstand es, aber ich sah auch, dass ihr sogar das Lächeln wehtat. Wieder stieg
Wut in mir auf. In diesem Moment hätte ich den Typen, die Betty das angetan
hatten, am liebsten jeden Knochen einzeln gebrochen. Ich hatte die Türklinke
schon in der Hand, als ich einen letzten Versuch startete: „Oder soll ich
lieber die Polizei rufen?“
„Raus!“,
war Bettys Antwort.
Ich
schlich mich davon
In
voller Montur warf ich mich aufs Bett, verschränkte die Arme unterm Kopf und
starrte an die Decke. Ich kriegte das Bild der lädierten Betty nicht aus meinem
Schädel. Und dazwischen immer wieder Luisa. Ihr letzter zorniger Satz hatte
sich viel tiefer in mich gebohrt, als ich zunächst gedacht hatte. Hatte sie nur
geblufft oder war sie tatsächlich zu Dean gegangen? Dann endlich wusste ich,
was ich tun konnte. Das untätige
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