Sommerzeit
schwerfallen, sich versteckt zu halten.
Seine Müdigkeit war jetzt wie weggeblasen. Erik Sohlman rief aus dem Haus in Kyllaj an, das jetzt auf Spuren hin untersucht wurde. Er berichtete, dass sie unter einer Klappe im Kellerboden eine Waffe gefunden hatten. Wie erwartet war es eine russische Armeepistole, eine Korovin aus den zwanziger Jahren, und es ließ sich feststellen, dass sie erst kürzlich benutzt worden war.
Dann war es still. Mehrere Stunden lang liefen keine Neuigkeiten mehr über die Gesuchten ein. Um fünf gab Knutas auf und fuhr nach Hause. Sein Kopf war einfach leer. Er ging sofort ins Bett, schmiegte sich an seine schlafende Frau und legte den Arm um sie.
Aber es dauerte noch lange, bis er endlich einschlief.
Samstag, 19. August
K yrkviken auf Fårö badete in rotgelbem Nachmittagslicht. Wiesen und Weiden leuchteten. Johan traf zusammen mit seinem besten Freund bei der Kirche ein, Andreas Eklund, ebenfalls Journalist beim schwedischen Fernsehen.
Er war Johans Brautführer, und sie hatten die letzte Stunde bei einem Bier im Gartencafé Fårösund verbracht und darüber philosophiert, dass Johans Junggesellendasein nun endgültig ein Ende nehmen würde. Er hatte Emma vor der Trauung nicht sehen dürfen. Wenn sie schon in der Kirche heirateten, dann wollte Emma auch alles so machen, wie es sich gehörte.
Wenn sie früher über ihre Hochzeit gesprochen hatten, hatte Emma eine kirchliche Trauung immer strikt abgelehnt, da sie schon eine hinter sich hatte. Aber diesmal hatte sie überhaupt nicht widersprochen. Sie würden in der Kirche von Fårö getraut werden, danach sollte es im Fåröhus ein Fest geben. Sie würden Wein trinken und Lamm grillen und die ganze Nacht tanzen. Am nächsten Tag sollte es dann auf Hochzeitsreise an die italienische Riviera gehen.
Bei der Kirche sah Johan die vielen festlich gekleideten Menschen, und ein Gefühl von Unwirklichkeit überkam
ihn. Dort stand seine Mutter in einem taubenblauen Seidenkleid und unterhielt sich lachend mit Emmas Eltern. Seine Brüder trugen Smoking und bewegten sich unbefangen zwischen Emmas gotländischen Verwandten. Pia Liljas kohlschwarze Haare ragten auf, sie trug ein knallrotes eng sitzendes Kleid und Lackschuhe mit himmelhohen Absätzen. Sie sprach mit Peter Bylund, und Johan überlegte belustigt, ob zwischen den beiden vielleicht etwas ablief. Elin trug ein rosa Kleidchen mit Seidenschleife, und Emmas Tochter Sara war Brautjungfer. Auch sie war in Rosa gekleidet.
Filip lief hin und her, und er und einige andere kleine Jungen warfen mit Kieselsteinen, die sie vom Weg aufsammelten. Johan ließ seine Blicke eine Zeit lang auf Sara und Filip ruhen. Seinen Bonuskindern, wie er sie nannte. Er glaubte, bisher eine gute Beziehung zu ihnen aufgebaut zu haben, vor allem zu Sara, also würde schon alles gutgehen. Oder genauer gesagt, er würde dafür sorgen, dass es gutging.
Zusammen mit Andreas lief er an den Gästen vor der Kirche vorbei und betrat die Sakristei. Er begrüßte die Pastorin, eine sympathische Frau von vielleicht fünfzig. Der Küster tippte ihm auf die Schulter.
»Hören Sie, hier ist ein Kameramann.«
»Was? Woher kommt der denn?«
»Vom schwedischen Fernsehen – er möchte wissen, ob er filmen darf.«
Johan warf einen Blick ins Kirchenschiff. Da stand Peter Bylund mit der Filmkamera auf der Schulter.
»Ist das okay?«, fragte er. »Grenfors meint, wir müssten das große Ereignis dokumentieren. Kann doch eine nette Erinnerung sein, oder?«
»Ich übernehme die Kamera, damit die Aufnahme auch was wird.«
Pia stand daneben und grinste.
Johan war gerührt. Jetzt bereute er, den Redaktionschef nicht zu seiner Hochzeit eingeladen zu haben.
»Ja, natürlich geht das. Sicher.«
Die Gäste strömten jetzt in die Kirche und nahmen Platz in den Bankreihen. Anders Knutas kam durch den Mittelgang, Arm in Arm mit Line. Johan ging auf ihn zu und begrüßte die beiden.
»Hallo, wie schön, dass ihr gekommen seid.«
»Das tun wir doch gern.«
Knutas schien sich nicht so ganz wohl in seiner Haut zu fühlen. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie einander im Hafen von Slite angeschrien. Johan freute sich darüber, dass Knutas trotzdem gekommen war. Er fragte sich, was es für den Ermittlungsleiter für ein Gefühl sein mochte, dass es nicht gelungen war, die Norrströms festzunehmen. Noch gab es eine kleine Chance. Nach Vera und Stefan Norrström wurde international gefahndet, aber bisher blieben die beiden spurlos
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