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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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verschwunden.
    Es fehlten noch zehn Minuten, bis es vier Uhr schlagen würde, und es Zeit wurde, vor den Altar zu treten. Er begann, nervös zu werden. Andreas zog ihn vor die Kirche und hielt ihm einen mit Whisky gefüllten Flachmann hin.
    »Hier, trink einen Schluck.«
    »Danke. Verdammt, ich zittere ja wie Espenlaub.«
    »Kein Wunder. Du heiratest schließlich. Das ist schon was.«
    Zum hundertsten Mal in dieser Stunde schaute Johan auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Sie hätte jetzt hier sein müssen.

    Kein Auto zu sehen.
    »Wo bleiben die denn nur, verdammt noch mal?«
    Johan zog eine Zigarette aus der Tasche und gab sich Feuer. Der Platz vor der Kirche war leer. Und gleich würde es vier Uhr schlagen.
    Jetzt sah auch Andreas nervös aus.
    »Willst du sie nicht anrufen? Es kann doch etwas passiert sein!«
    Johan wählte Emmas Mobilnummer. Keine Antwort.
    Die Kirchturmglocken fingen an zu läuten. Es war vier Uhr. Warum kam sie nicht?
    Die Pastorin trat vor die Kirche und lächelte zufrieden.
    »Dann geht es los.«
    In diesem Moment kam ein Wagen den Fåröväg hochgefahren.
    Johan atmete auf.

Epilog
    Karin wanderte allein über den einsamen Strand. Die Touristensaison war zu Ende. Sie trug hochgekrempelte Jeans und ein Hemd. Eine Jacke hing über ihren Schultern. Sie war barfuß und hielt ihre Sandalen in der Hand, sie spürte das warme Wasser zwischen den Zehen. Der lange heiße Sommer hatte das Wasser zu unglaublichen sechsundzwanzig Grad erwärmt. Diese Temperatur wurde auf einem einsamen Schild mitten am Strand verkündet. Wer misst jetzt die Temperatur, überlegte Karin. Und wer macht sich die Mühe, sie auf das Schild zu schreiben? Es liest ja doch niemand.
    Die Luft war warm, wenn sich über dem Meer auch Wolken zusammenballten. Der kleine türkisfarbene Glaskiosk war geschlossen, für den Winter bereits mit Blenden versehen, er würde erst im nächsten Jahr wieder öffnen. Karin blieb mit dem Rücken zum Meer stehen und ließ ihre Blicke über die Dünen und den weiter oben beginnenden Wald wandern. Am Rand des Campingplatzes hatte Peter Bovides Wohnwagen gestanden. Über diesen Strand war er knapp zwei Monate zuvor an jenem Schicksalsmorgen gejoggt. Und hier war er seiner Mörderin begegnet.

    Es kam ihr so lange vor. Als sei sie anders geworden, älter. Sie hatte ein Geheimnis, von dem sie nicht wusste, wie sie es ertragen sollte, geschweige denn, wie sie es mit jemandem teilen konnte.
    Vera hatte in der Kabine auf der Fähre ein Mädchen geboren. Alles war gutgegangen. Die Geburt hatte nicht einmal zehn Minuten gedauert.
     
    Ehe Karin die Kabine mit den Eltern und dem Neugeborenen verlassen hatte, hatte sie verlangt, die Wahrheit zu erfahren.
    Der Täter, nach dem die Polizei die ganze Zeit gesucht hatte, war also eine Täterin. Und noch dazu eine hochschwangere. Wer wäre auf diese Idee gekommen.
    In der engen Kabine, ihr blutiges neugeborenes Kind an der Brust, hatte Vera zugegeben, dass sie Peter Bovide und Morgan Larsson erschossen hatte. Vorher hatte sie sie auf die Knie gezwungen und ein Geständnis von ihnen verlangt. Peter Bovide hatte gefleht und gebettelt. Hatte behauptet, der Mord sei ein Versehen gewesen. Tanja habe bei der Vergewaltigung laut geschrien, und Morgan habe ihr irgendeinen Gegenstand auf den Kopf geschlagen, um sie zum Schweigen zu bringen. Er habe nicht so hart zuschlagen wollen. Tanja war sofort tot gewesen, und die beiden Männer seien in Panik geraten und hätten sie ohne weiter zu überlegen über Bord geworfen. Dann sei es zu spät gewesen, und sie seien Hals über Kopf nach Nynäshamn geflohen.
    Diese Erklärung hatte natürlich überhaupt nichts geändert. Vera hatte ihren Entschluss ausgeführt.
    Die alte Armeepistole ihres Vaters, die sie beim Umzug aus Deutschland mitgebracht und als Erinnerung an ihn
behalten hatte, war jetzt zur Anwendung gekommen. In all den Jahren war Vera davon überzeugt gewesen, dass die beiden Männer auf Gotska Sandön aus Stockholm gestammt hatten und dass sie sie niemals wiedersehen würde, aber durch einen Zufall hatte sie Peter Bovide im Supermarkt in Slite erkannt, und danach hatte es nicht lange gedauert, bis sie auch Morgan Larsson gefunden hatte. Sie hatte angenommen, dass er ebenfalls aus Slite kam, und sie hatte begonnen, nach ihm zu suchen. In einem Personalverzeichnis der Cementafabrik hatte sie ihn schließlich entdeckt. Er hatte sich kaum verändert.
    Ohne ihrem Mann etwas davon zu sagen, hatte sie ihren Plan entwickelt. Aber

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