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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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Ehrenmann, René!“ rief Valeriu dem Lautsprecher
entgegen.
    „Sei doch bitte nicht so naiv, Valeriu.
Wenn ich sie gehen ließe, hätte ich doch auch mit dir nur halb so viel Spaß. Ich
weiß doch, dass dir dein ewiges Leben nicht allzu viel wert ist. Aber Elizas
bemitleidenswertes kleines Menschenleben ist deine Achillesferse, mein Freund.“
    „Ja, das ist es“, bestätigte Valeriu nun
völlig ruhig. „Und wenn du ihr nur ein einziges Haar krümmen solltest, wird
meine Rache fürchterlich sein, René.“
    René lachte auf. „Hatten wir diese
Drohung nicht schon einmal? Nun, wie dem auch sei. Ich habe nicht vor, mich an
deiner Angebeteten zu vergreifen. Das wirst du früher oder später schon selbst
erledigen.“
    Dann war wieder ein Knacken im
Lautsprecher zu vernehmen und es herrschte Stille.
    „Was hat er damit gemeint?“ fragte Eliza
mit leiser Stimme.
    Doch ehe Valeriu ihr eine Antwort geben
konnte, wurden sie über den Zweck der altmodischen Leuchtstoffröhren
aufgeklärt.
    „Schließ die Augen!“ ordnete Valeriu an.
„Das ist UV-Licht“, ergänzte er stöhnend.
    Mit zusammengekniffenen Augen kramte
Eliza in ihrer geräumigen, weißen Prada Gauffre nach
ihren beiden Sonnenbrillen und schob Valeriu seine große Tom-Ford-Fliegerbrille
auf die Nase. Er hatte bereits seine Lederhandschuhe übergestreift und den
grauen Kaschmirschal bis über das Kinn um den Hals geschlungen. Sie half ihm
mit zitternden Fingern, den Schal noch bis über die Ohren zu schieben. Es gab
keinen Platz, an dem Valeriu dem grellen Licht hätte entfliehen können.
    „Die Leinwände. Wir könnten eines der
Bilder als Sonnenschutz verwenden“, schlug Eliza vor und stürmte entschlossen
auf eines der großen Nitsch-Gemälde zu, bereit, ihre Hochachtung vor der Kunst
zu überwinden. Sie wusste selbst noch nicht, wie sie die zwei mal drei Meter
große Leinwand aus ihrer Verankerung lösen sollte, doch so weit kam sie auch
gar nicht. In dem Moment, in dem sie das Schüttbild berühren wollte, ratterten
mit ohrenbetäubendem Getöse in Sekundenschnelle vor allen vier Gemälden schwere
Stahlgitter herab und hätte Valeriu sie nicht geistesgegenwärtig blitzschnell
zurückgezogen, wäre sie vermutlich von dem herunterschießenden Gitter
erschlagen worden.
    „Es ist der Gedanke, der zählt. Du
hättest einen Nitsch für mich geopfert – das rechne ich dir hoch an“, sagte
Valeriu grinsend, doch Eliza sah die Falten der Anspannung in seinem schönen
Gesicht. 
    „Was kann ich dann tun? Hast du
Schmerzen?“ fragte Eliza.
    Er schüttelte mit dem Kopf, doch der
gequälte Ausdruck in seinem Gesicht sagte etwas anderes.
    „Ich bin froh, dass es Winter und nicht
Hochsommer ist. Mit bloßen Armen und Beinen wäre das hier kein Vergnügen.“ Er
rang sich ein Lächeln ab. „Du brauchst keine Angst zu haben. Künstliches
UV-Licht ist weniger gefährlich als echtes Sonnenlicht. Es ist nur unangenehm.“
    „Und es schwächt dich“, fügte Eliza mit
bebender Stimme hinzu. Sie nahm ihn in den Arm und versuchte, sein Gesicht an
ihrer Brust vor der unbarmherzigen Strahlung zu verbergen.
    „Ist es gut so?“ fragte sie besorgt.
    „Dein Dekolleté ist der privilegierteste
Ort, den ich mir vorstellen kann“, murmelte er und brachte sie sogar ein wenig
zum Kichern.
    „Helfen die warmen Sachen ein bisschen?“
wollte sie wissen, bemüht, durch die Aufrechterhaltung des Gesprächs ihre Angst
einzudämmen.
    Valeriu nickte in ihrer Umarmung. „Sie
bieten einen gewissen Schutz, ja. Aber letztlich sind sie nichts anderes als
Kleider, mit denen man durchs Feuer geht.“
    Eliza versuchte die Nachrichtenbilder
von Brandopfern, an deren verkohlten Leibern die Reste ihrer Kleider klebten,
aus ihrem Kopf zu verscheuchen.
    Valeriu stöhnte auf. Er versuchte, seine
Position zu ändern, doch es nützte nichts.
    „Deine Sachen sind ganz heiß“, stieß
Eliza hervor, als sie über seinen dunklen Wintermantel strich.
    „Du hast doch Schmerzen“, sagte sie mit
brüchiger Stimme und küsste sein angespanntes Gesicht.
     „Meine Augen brennen. Das ist
alles“, erwiderte er wenig glaubwürdig. „Das Schlimmste ist, dass ich auf diese
Weise sehr viel schneller Durst bekommen werde. Der Kampf gegen das Licht
kostet viel Energie“, fügte er ärgerlich hinzu.
    Dann blickte er sie plötzlich an und
nahm ihr Gesicht mit seinen kochend heißen Handschuhen in beide Hände. Er sah
sie eindringlich an und Eliza konnte durch die dunklen Gläser seiner
Sonnenbrille

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