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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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regelmäßigen
Abständen großformatige, schwarz-weiße Fotoarbeiten, die durch eine dezente
LED-Beleuchtung in Szene gesetzt wurden. Eliza musste sich etwas über die
Brüstung beugen, um in der düsteren Umgebung das ebenfalls von dunklen,
verschatteten Zonen bestimmte Motiv des ersten Bildes zu erkennen.
    Valerius scharfe Augen hatten schneller
erfasst, womit sie es zu tun hatten.
    „Das sind alles Newton-Fotografien. Wenn
du mich fragst, nicht unbedingt das Sammelgebiet, das man Frau Algeyer
zugeschrieben hätte“, sagte er stirnrunzelnd.
    „Und ausgerechnet diese Motive. Man
könnte meinen, die Auswahl sei nach ihrem Misogynie-Faktor getroffen worden.
Dabei gibt es so herrliche Fotografien von Newton“, fügte Eliza kopfschüttelnd
hinzu.
    Sie war vor einer Arbeit stehengeblieben,
die eine vor einem dunklen Ledersessel kniende, nackte Frau in Rückenansicht
zeigte, deren Kopfgeschirr mit einem Strick an einem Bettgestell befestigt war.
Es waren in der Tat nur an fetischistischer und sadomasochistischer Ästhetik
angelehnte Bilder vertreten: Ein auf einem Hotelbett kauerndes Model mit einem
Pferdesattel auf dem Rücken, eine nur mit Strümpfen bekleidete und mit
Handschellen gefesselte Frau sowie zahlreiche erotische Motive mit nackten,
lasziven Frauen und bekleideten Herren, die Eliza an die Orgienszene in Stanley Kubricks Schnitzler-Adaption Eyes wide shut erinnerten. Sie dachte daran, wie der Protagonist
in seiner voyeuristischen Neugier zu dem Anwesen gelockt worden war, in dem die
Geheimgesellschaft ihren ausschweifenden Lustbarkeiten frönte und wie er
plötzlich von deren Mitgliedern entdeckt und dann bedroht und gejagt worden
war. Und dieser verbotene Blick war es auch, der dem Besucher dieser
ausgefallenen Ausstellungssituation aufgezwungen wurde.
    Eliza war froh, als sie das Ende des
Steges erreicht hatten und mit einer Plattform aus alter Bausubstanz wieder
festen Boden unter den Füßen hatten. Erneut standen sie vor einer Tür, die
diesmal nicht offenstand und außerdem aus schwerem Metall gefertigt war, dessen
von Rost und Oxidationserscheinungen geprägte Patina sie als Relikt aus der
Zeit der Erbauung dieses Gebäudes kennzeichnete.
    „Warte hier“, ordnete Valeriu streng an
und schob Eliza einen Schritt hinter sich zurück, ehe er die Eisentür
vorsichtig öffnete.
    „Ich kann nicht wahrnehmen, was sich
dahinter befindet“, fügte er in sanfterem Ton erklärend hinzu.
    Eliza atmete auf, als sie in einen
typischen Ausstellungsraum schaute. Es handelte sich um einen großen,
fensterlosen, aber hell erleuchteten, annähernd quadratischen Raum in
klassischer White-Cube-Manier, an dessen cleanen, weißen Wänden großformatige,
abstrakte Gemälde hingen. In der Mitte des Raumes waren vier lehnenlose , würfelförmige Lederhocker zu einer größeren,
quadratischen Sitzgelegenheit zusammengeschoben.
    „Das sind Schüttbilder von Hermann
Nitsch“, erklärte Eliza überrascht.
    Als Valeriu nichts erwiderte und sie
sich zu ihm umdrehte, sah sie erschrocken, wie seine Nasenflügel bebten und die
Adern auf seiner schönen weißen Stirn hervortraten. Sein Blick war starr auf
eine der mit unterschiedlichen roten Substanzen bespritzten und beschütteten
Leinwände gerichtet.
    „Blut“, stieß Eliza hervor. „Er benutzt
Farben und Tierblut für seine Bilder.“
    „Ach, sag nur - das wäre mir jetzt wohl
entgangen“, meinte Valeriu sarkastisch durch zusammengebissene Zähne.
    „Ich habe genug gesehen. Lass uns
gehen“, entschied er knapp und Eliza konnte spüren, dass er immens gegen seine
Instinkte zu kämpfen hatte.
    Doch im gleichen Moment fiel die schwere
Eisentür geräuschvoll hinter ihnen ins Schloss und man konnte hören, wie
automatisch verschiedene Schließmechanismen verriegelt wurden.
    Dann erklang das typische Rauschen einer
Gegensprechanlage.
    „Ihr wollt doch nicht etwa gehen, ohne
den Kurator begrüßt zu haben? Ich habe mir nur wegen euch so viel Mühe mit der
Hängung gegeben“, erklärte eine vorwurfsvolle Männerstimme mit starkem
französischem Akzent, die Eliza schaudern ließ. Valeriu drückte sie fest an
sich.
    „Eine Einladung im Namen eines Witwers?
Eines Mannes, denn du eigenhändig zum Witwer gemacht hast? Bist du dir denn
wirklich für gar nichts zu schade, René?“ fragte Valeriu bitter in die Leere
des Raumes.
    Man konnte René förmlich grinsen hören:
„Ich muss sagen, ich fand mich sehr kreativ. Ich habe weder Kosten noch Mühen
gescheut, um für deine

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