Somnambul Eliza (German Edition)
größeren oder kräftigeren Gegner zu besiegen“,
meinte Valeriu lapidar.
„Das mag schon sein. Aber es waren drei
und sie hatten Messer. Du –“, ihre Stimme erstarb. „Du könntest jetzt tot
sein.“
Valerius Blick verfinsterte sich und
Eliza glaubte für einen Moment, dass auch er erst jetzt den vollen Umfang der
Gefahr realisierte, der er sich ausgesetzt hatte. Doch dann sagte er: „Nein,
sie hätten mich nicht töten können, pisică mea . Aber sie haben dich beleidigt, bedroht und
geängstigt. Das tut mir unendlich leid, ich hätte es nicht so weit kommen
lassen dürfen.“
Der Wagen bog gerade in die
Mondscheingasse ein und Eliza verspannte sich plötzlich.
„Du solltest heute Nacht nicht allein
bleiben“, erriet Valeriu ihre Gedanken. „Ich komme mit dir nach oben und du
wirst die Dinge zusammensuchen, die du brauchst. Dann nehme ich dich mit zu
mir.“
Gehorsam nickte Eliza und sie war froh,
dass Valeriu Schutz bietend hinter ihr stand, als sie im Halbdunkel das
Schlüsselloch der Haustür suchte. Es war schon nach halb drei und fast alle
Fenster waren dunkle, bedrohliche Löcher. Lediglich bei Stephan brannte noch
Licht. Als sie mit noch immer bebenden Händen die Wohnungstür aufschloss,
öffnete sich zeitgleich auch die Tür gegenüber und Stephan stand da in einem
verwaschenen John-Galliano-T-Shirt, dessen Aufdruck mit dem Konterfei des
Designers als langhaariger Pirat bereits vom häufigen Waschen abbröselte , und mit einer weißen Leinenhose, die er als
eine Art Jogging-Hose im Haus zu tragen pflegte.
„Hab ich doch richtig gehört, dass die
Nachtschwärmer eingeflogen sind.“
Dann wandte er sich Valeriu zu und in förmlicherem
Ton fügte er hinzu: „Guten Abend, Herr Baron.“
Stephan deutete sogar eine Verbeugung
an. Valeriu grinste, erwiderte aber die formelle Begrüßung. Dann fuhr Stephan
mit Blick auf die noch immer kreidebleiche Eliza fort: „Ich war irgendwie unruhig
– hab wohl zu viel Kaffee getrunken – und dachte, ich warte mal lieber, bis du
nach Hause kommst. Ist irgendwas passiert?“
Eliza bat Stephan hinein und dann
erzählte sie ihm, was geschehen war. Valeriu saß neben ihr und hielt ihre Hand,
während er stumm ihrem Bericht lauschte, als wäre er selbst gar nicht dabei
gewesen.
„Es war innerhalb von Sekunden vorbei.
Ich glaube, die drei wussten überhaupt nicht, wie ihnen geschah. Valeriu hat
sie regelrecht alle drei gleichzeitig überwältigt. Das war wie im Film.“
Und mehr zu sich selbst fügte sie leise
hinzu: „Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat.“
Atemlos hatte Stephan ihr zugehört und
obwohl er sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten legte, stand sein Mund die ganze
Zeit über einen Spalt offen und klappte erst zu, als Eliza geendet hatte.
„Das ist ja entsetzlich. Wie grauenhaft,
so ein Überfall mitten in der City.“
Und zu Valeriu sagte er mit aufrichtiger
Bewunderung: „Sie sind ja ein richtiger Held, Herr Baron. Ich bin froh, einen
so überaus starken, ungemein mutigen Mann an Elizas Seite zu wissen.“
Dabei war Stephans Blick wieder etwas zu
sehnsüchtig und verklärt auf Valeriu hängengeblieben, doch die beiden sahen
großzügig darüber hinweg.
„Seid ihr schon bei der Polizei gewesen?
Ihr müsst unbedingt Anzeige erstatten.“
Erst jetzt meldete sich Valeriu zu
Wort: „Nein, ich denke, wir werden von einer Anzeige absehen. Keiner von uns
ist verletzt worden und meine Wertsachen habe ich zurück. Ich glaube nicht,
dass Eliza Wert darauf legt, den Überfall noch einmal in allen Einzelheiten
irgendeinem verständnislosen Beamten zu schildern. Ich würde ihr das gern
ersparen.“
Obwohl seine Worte den Anschein
erweckten, dass er diese Entscheidung allein aus Sorge um Eliza getroffen
hatte, lag in seinem Ton eine Entschiedenheit, die darauf schließen ließ, dass
es noch andere, gewichtige Gründe gab, den Vorfall nicht zu melden. Diesmal
aber war Stephan klug genug, nicht auf seinem Standpunkt zu beharren und die
Sache auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen fragte er ernsthaft besorgt: „Und
was, wenn diese Typen die Niederlage nicht auf sich sitzen lassen und Eliza
oder Ihnen nochmals auflauern?“
Elizas Hand verkrampfte sich in Valerius
und er massierte die Knöchel ihrer Finger während er ruhig entgegnete: „Das
glaube ich kaum. Und wenn doch, werde ich Eliza schon zu beschützen wissen.
Aber solche Überlegungen sind im Moment sicherlich nicht besonders förderlich.“
„Da haben Sie wohl recht“,
Weitere Kostenlose Bücher