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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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aus, wie der zur Begrüßung.
     
    Nachdem
sie das Kunsthistorische Institut verlassen hatten, beschlossen Valeriu und Eliza
noch einen Drink in der Roten Bar im Obergeschoss des Wiener Volkstheaters zu
nehmen. Ein unauffälliger Nebeneingang führte in den Prachtsaal mit seinem
avantgardistisch geschwungenen Bartresen, den schweren roten Vorhängen und den
prunkvollen Kronleuchtern. Der betörend plüschige Charakter des Theaterhaften
wurde auf superbe Weise mit der Atmosphäre eines trendigen Clubs verknüpft. Sie
lauschten der wunderbaren Jazz-Musik – gerade wurde Frank Sinatras Fly Me To The Moon gespielt - und
unterhielten sich über den Abend im Allgemeinen und über Frau Algeyer im
Besonderen.
    Es war fast zwei Uhr, als sie die Bar
verließen. Valeriu hatte den Wagen in der Parkgarage in der Stiftgasse
abgestellt. Der Weg war kurz, aber die Straße um diese Zeit sehr dunkel und menschenleer.
Elizas Absätze klackerten hallend auf dem Asphalt, wie es nur bei vollkommener
Stille möglich war. Dieses Geräusch allein war in der Lage, ihr Angst zu machen
und sie war dankbar, Valeriu bei sich zu haben.
    Dann plötzlich waren Schritte hinter
ihnen, die schnell und zielstrebig, aber nicht eilig und vollkommen wortlos
näher kamen. Den schweren, lärmenden Tritten nach zu urteilen, handelte es sich
um mehrere Männer. Unvermittelt begann einer von ihnen zu pfeifen. Schrill,
bedrohlich und monoton, wie ein makabrer Abzählreim. Eliza kannte diese
Melodie. Es handelte sich um Bernard Herrmanns Twisted Nerve , das Quentin Tarantino für sein Racheepos Kill Bill verwendet
hatte. Bei Eliza löste diese Melodie Beklemmungen aus. Sie assoziierte damit
Mordlust, Irrsinn und Blutvergießen. Angst ergriff sie. Instinktiv wusste sie,
dass sie verfolgt wurden und ihr Puls raste. Ihre Kehle war staubtrocken. Sie
war nicht in der Lage, Valeriu auf ihre Befürchtung hinzuweisen, doch er
verstand auch so.
    Er zog sie näher an sich und sein Griff
um ihre Schulter wurde fester. Doch er vermied es, seinen Schritt zu
beschleunigen.
    Sie hatten den Eingang der Parkgarage
fast erreicht, als die Männer sie einholten.
    Zwei Kolosse drängten sich links und
rechts neben ihnen auf den Gehsteig, während ein dritter, leichtfüßigerer Mann
noch immer hinter ihnen ging. Eliza spürte, dass der Mann, der neben ihr ging,
sie um Haupteslängen überragte. Sie richtete den Blick starr geradeaus, doch
sie wusste, dass er riesig war und breitschultrig wie ein gut bemessener
Kleiderschrank.
    Die drei schnitten ihnen den Weg ab und
Eliza schmiegte sich eng an Valeriu, als sie gezwungen waren, stehen zu
bleiben.
    Die beiden Hünen bauten sich vor ihnen
auf und verwehrten ihnen den Durchgang. Sie hatten den Körperbau von
Bodybuildern und in ihren schwarzen Anzügen sahen sie aus wie Türsteher oder
Bodyguards. Doch Eliza hatte das ungute Gefühl, dass Personenschutz heute Abend
nicht ihr Anliegen war.
    Noch immer war kein einziges Wort
gefallen.
    Eliza traute sich nicht, den Männern ins
Gesicht zu sehen. Sie wagte kaum, zu atmen und sie fürchtete, dass jeder Ton,
jede noch so kleine Bewegung die Situation eskalieren lassen würde. Kalter
Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie spürte dieses diffuse Gefühl des
Schwankens in Beinen und Füßen, kurz bevor man wirklich das Gleichgewicht
verliert. Sobald man sich der winzigen Standflächen der High- Heels bewusst wurde, ohne sich von der Stelle bewegen zu
dürfen, wurde die Empfindung des inneren Wankens fast unerträglich. Valeriu
stand dicht neben ihr und sein Arm lag noch immer fest und ruhig um ihre
Schulter.
    Sie spürte die Anspannung seines
Körpers, doch anders als sie, zitterte er kein bisschen und sein Atem ging
flach und regelmäßig. Die Stille war ohrenbetäubend. Dann trat der dritte Mann
aus dem Hintergrund auf sie zu und die beiden Riesen machten ihm Platz. Er war
kleiner, aber er schien das Sagen zu haben. Er war eine Art derbe Version von
Antonio Banderas, aber viel zu braun gebrannt und eine grässliche, markante
Tätowierung, die aus einem breiten schwarzen Zackenmuster bestand, verunzierte
ihn von der Schläfe bis hinab zur Schulter. Auch er trug einen dunklen Anzug
und die leicht deformierte Schlägernase und seine schwarzen, gegelten Haare, die er zu einem schmierigen Pferdeschwanz
gebunden trug, ließen ihn gefährlich wirken.
     „So spät am Abend noch auf der
Straße? Wisst ihr nicht, dass das verdammt gefährlich sein kann? Habt ihr keine
Angst, ausgeraubt zu werden?“

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