Sonea 3 -
Novizin sich ganz leise auf ihren Tag in der Universität vor, um Sonea nicht zu wecken. Und Kallen hatte zwar einige Zeit gebraucht, nachdem Sonea mehrfach vielsagend darauf hingewiesen hatte, dass sie im Hospital gewöhnlich die Nachtschicht übernahm, aber schließlich begriffen, dass von ihm erwartet wurde, leise anzuklopfen.
Heute Morgen schien er es vergessen zu haben.
Das Klopfen erklang erneut, noch lauter diesmal. Sonea stöhnte abermals. Warum öffnete Lilia nicht? Seufzend warf sie die Bettdecken zurück und zwang sich aufzustehen. Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar, um es zu glätten, griff sich einen Morgenmantel und zog ihn über ihre Nachtwäsche. Nachdem sie den Hauptraum betreten hatte, ging sie auf die Tür zu und sandte ein klein wenig Magie aus, um den Knauf zu drehen.
Als die Tür nach innen aufschwang, blickte ein stirnrunzelnder Kallen auf, dessen Stirn sich bei ihrem Anblick in noch tiefere Falten legte. Sein Blick flackerte zu ihrem Morgenmantel und wieder hinauf zu ihren Augen, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei nicht.
»Guten Morgen, Schwarzmagierin Sonea«, sagte er. »Entschuldigt die Störung. Ist Lilia hier?«
Sonea schaute zu Lilias geschlossener Schlafzimmertür auf der anderen Seite des Raums hinüber, dann ging sie darauf zu. Sie klopfte zuerst leise an, dann lauter, dann öffnete sie die Tür. Der Raum war leer. Das Bett war jedoch gemacht, daher war Soneas Tante und Dienerin, Jonna, offensichtlich bereits da gewesen und wieder gegangen.
»Nein«, antwortete sie und kehrte zur Haupttür zurück. »Und nein, ich weiß nicht, wo sie ist. Wenn ich es erfahre, werde ich Euch Bescheid geben.«
»Danke.« Kallen wirkte entschieden unglücklich, aber er nickte und trat von der Tür weg.
Sonea schloss die Tür, ging auf das Schlafzimmer zu und hielt dann inne. Es war ungewöhnlich, dass Lilia am Morgen fort war. Es lag nicht in ihrer Natur, sich schlecht zu benehmen oder Ärger zu machen, aber sie musste trotzdem überwacht werden, weil sie bewiesen hatte, wie leicht sie sich von anderen in die Irre führen ließ.
Aber vielleicht nicht mehr so leicht wie früher. Schließlich brachte es einen dazu, genau zu überlegen, wem man vertraute, wenn man von seiner engsten Freundin überlistet wurde, um schwarze Magie zu erlernen, damit diese Freundin einem einen Mord in die Schuhe schieben konnte. Ganz zu schweigen von der Entdeckung, dass Lorandra, die wilde Magierin, der Lilia bei der Flucht aus dem Gefängnis geholfen hatte, versucht hatte, Lilia diesen Gefallen zu vergelten, indem sie sie ihrem Sohn, dem berüchtigten Dieb Skellin, auslieferte, damit Lilia ihn schwarze Magie lehren konnte.
Sonea vertraute darauf, dass Lilia sich nicht willentlich erneut in ernste Schwierigkeiten bringen würde – aber vielleicht unwillentlich. Sonea musste außerdem den Anschein erwecken, als habe sie ein Auge auf alle anderen schwarzen Magier. Obwohl sie nicht offiziell Lilias Mentor war – das war Kallen –, hatten doch alle den Eindruck, dass sie die Verantwortung für sie übernommen hatte, als sie dem Mädchen erlaubte, in ihren Räumen zu wohnen.
Als Sonea sich im Zimmer umschaute, sah sie einen Zettel unter dem Wasserkrug auf dem Waschtisch hervorlugen. Sie nahm ihn an sich und las.
Bin früh aufgebrochen, um eine Freundin zu treffen. Sagt Schwarzmagier Kallen, dass ich von dort aus direkt zum Unterricht kommen werde.
Lilia
Sonea seufzte und verdrehte die Augen, aber ihr Ärger verflog bald. Die Nachricht war wahrscheinlich nicht für sie bestimmt, sondern für Jonna. Die Dienerin hatte den Zettel nicht gesehen – oder sie hatte nicht warten können, bis Kallen gekommen war –, oder aber sie hatte versucht, ihn zu erreichen, und ihn nicht gefunden.
Die Freundin war wahrscheinlich Anyi, die verhindert hatte, dass Lilia Skellin ausgeliefert wurde. Da Anyi Cerys Tochter war, war Sonea nicht restlos überzeugt, dass das Mädchen Lilia nicht auf irgendeine Weise auf Abwege führen würde.
Cery würde nicht zulassen, dass die Mädchen in Schwierigkeiten geraten. Trotzdem … ich frage mich, warum Lilia sich zu dieser frühen Stunde mit Anyi trifft – und wo. Sonea legte den Zettel beiseite. Sie wusste, dass Anyi ihre Räume auf demselben Weg betrat, auf dem Cery gelegentlich erschien: durch eine verborgene Tür im Gästezimmer. Aber wenn Lilia fortgegangen war, um sich mit Anyi zu treffen, bedeutete das, dass sie zusammen anderswo hingingen, und das war ein Grund
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