Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Songkran

Songkran

Titel: Songkran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Matti
Vom Netzwerk:
Backsteine und streckte die Beine aus. Fieberhaft grübelte er, ob Noi in dem kurzen Augenblick im Treppenhaus seine Waffe gesehen hatte. Vielleicht war gerade in diesem Moment sein Hemd über den Knauf gerutscht. Er schaute auf das Roleximitat an seinem Handgelenk. Die Zeit drängte.
     
    Mit dem Taxi hatte Gun Toon in einer Nebenstraße der Khaosan abgesetzt. Umgehend war die junge Frau in ihr Hotel geeilt, hatte ihre Turnschuhe in eine Ecke des kleinen Zimmers gefeuert und sich aufs Bett geschmissen. Eingekauert unter der dünnen Bettdecke schützte sie sich vor dem kühlen Hauch der Klimaanlage. In dieser embryonalen Stellung schlummerte sie ein, bis sie etwas aus dem Schlaf riss. Möglicherweise ein Geräusch aus dem Nachbarzimmer, das von zwei Japanerinnen bewohnt wurde. Toon kniete sich auf das Bett und presste ihr rechtes Ohr fest an die Wand. Die Körnung der Raufasertapete fühlte sich kalt an. Absolute Stille herrschte im Raum der Japanerinnen. Den beiden Frauen aus Nippon war sie am Morgen auf dem Flur begegnet. Ein oberflächliches how are you war alles, was sie an Höflichkeiten miteinander ausgetauscht hatten.
    Was war dieses „etwas“, das sie aus ihrem Dahindösen gerissen hatte? Natürlich hatte Toon während der halbstündigen Taxifahrt den rückwärtigen Straßenverkehr beobachtet. Bei dem starken Verkehrsaufkommen waren ihr keine verdächtigen Fahrzeuge aufgefallen.
    Toon rollte sich seitlich über das Bett und kam an der Längsseite auf dem Teppich zum Stehen. Sie ging zum nahen Fenster, zog den Stoffvorhang leicht beiseite, so dass ein Spalt in der Mitte den Blick ins Freie ermöglichte. In der Gasse vor dem Hotel standen Stühle und Bänke einer Nudelbraterei und einer Suppenküche. Beim Anblick der dampfenden Woks meldete sich ihr Hungergefühl.
    Hochkonzentriert arbeiteten ihre Gehirnzellen die dort sitzenden Personen ab. Keine Auffälligkeiten, außer dass ein Gast so weit unter der Regenmarkise saß, dass sein Gesicht nicht erkennbar war. Im Schein der Straßenlaterne sah Toon die haarlosen Unterarme und Hände des Mannes. Auf dem Schoß des Unbekannten lag ein bauchiger Gegenstand, auf dem sich seine nackten Arme abstützten. Rechts neben und vor dem Unbekannten im Schatten verweilten gutgelaunte Rucksacktouristen und eine Gruppe junger Thais, ein für die Khaosan und ihrer Nachbarstraßen gewohntes Publikum. Kein Grund zur Besorgnis, wenn nicht das Gesicht im Schatten gewesen wäre.
    Toon zog den Vorhang in die Ausgangsstellung zurück. Plötzlich erstarrten ihre Bewegungen im Halbdunkel des Zimmers. Die Flurbeleuchtung sprang an und schien durch das Milchglas der Zimmertür, das im oberen Drittel des Holzrahmens eingearbeitet war. Toon erkannte durch das trübe Glas, wie die Kontur eines Kopfes und einer Schulter vorbei wanderten; ein großgewachsener Hotelgast vermutlich, denn kurz danach öffnete und schloss sich die Zimmertür am Ende des Ganges.
    Mit einem Kribbeln im Magen wandte sie sich vom Fenster ab und ging zur wackligen Kommode, auf dem ein Wasserboiler und eine kleine Keramikschale mit Teebeuteln standen. Plötzlich durchfuhr sie eine Gewissheit, als ob ein Messer in ihren Bauch gerammt würde. Die Arme des Mannes umklammerten einen Motorradhelm. Und es gab keinen Zweifel mehr für sie, dass dieser Mann und der einsame Motorradfahrer auf dem Expressboot ein und dieselbe Person waren.
    Auf Zehenspitzen schlich sie über den Läufer zum Fenster und drückte ihren Körper neben den Fensterrahmen. Vorsichtig zog sie den Vorhang in der Mitte auseinander und spähte durch den Spalt auf das emsige Treiben in der Gasse, die die Khaosan mit einer Parallelstraße verband. Der Körper des Fremden schien sich unter der Markise kaum bewegt zu haben. Das Licht der Straßenlaterne erhellte die Tattoos auf den Unterarmen des Unbekannten, die chinesische Schriftzeichen und ein buntes Drachensymbol zeigten.
    Welches Blickfeld deckten die Augen des Mannes ab? Von seiner Position unter der Markise hatte er den Hoteleingang und die Gasse im Blick, das Fenster von Toons Hotelzimmers jedoch nicht. Wahrscheinlich hatte er sie am Vorhang nicht gesehen? Der Chinese versperrte den Fluchtweg in Richtung Straße. War er alleine? Das Hotel hatte einen Hinterausgang, von dem ein Schleichweg zur belebten Khaosan führte, deren Restaurants und Straßencafés um diese Uhrzeit von jungen Ausländern überquollen. Ein möglicher Fluchtweg, wenn nicht in einer finsteren Ecke ein Killer postiert war.
     Ihr

Weitere Kostenlose Bücher