Songkran
Sir?“
„Dann müssen Sie ran, Gun. Sie und ihre Männer schaffen das. Verdammt! Ich muss Schluss machen, der Chef ist in der anderen Leitung. Viel Glück!“
Chaiyon legte den Hörer auf. Die rot leuchtenden Ziffern der digitalen Anzeige sprangen von der einunddreißig auf die dreißig.
Das Ultimatum
Donnerstagmorgen
Als die Stadt der Engel an diesem tropischen Morgen erwachte, hatten der leitende Polizeiinspektor Gun und die Nachtschicht einen Höllentrip hinter sich gebracht. Das zweiköpfige Sprengkommando war über eine Stunde zu spät gekommen. Ohne professionelle Unterstützung mussten Gun und ein Mitarbeiter den Sprengkörper entschärfen. Im Schein dreier Taschenlampen durchtrennten sie Drähte, deren tiefere Funktionen sie nicht kannten. Als Werkzeug diente den beiden Männern eine Kneifzange, die im Kofferraum von Guns Dienst-Corolla lag. Als Gun die Zeitschaltuhr vom Rest separiert hatte, spendeten ihm die Kollegen Applaus.
Der große Knall für Bangkok blieb in dieser Nacht aus. Die Beeinträchtigung des Tourismus im Nana Plaza war vernachlässigbar gering gewesen. Niemand der anwesenden Männer aus aller Welt erinnerte sich nach dem Aufwachen an die Vorgänge der vergangenen Stunden. Die Mitarbeiter der Polizeistation Lumphini wären gerne zur Tagesordnung übergegangen, wenn nicht ein brauner DIN-A4 Umschlag im Stapel der Tagespost gelegen hätte.
„Sir, Sie müssen sich das anschauen.“
Schweißgebadet wachte Gun auf. Das Notbett quietschte, auf dem er lag. Das unbequeme Feldbett war zwischen Schreibtisch und einem stählernen Aktenschrank aufgebaut. Benommen griff er zu seiner braunen Uniformjacke. Von Erschöpfung gezeichnet hatte er sie vor zwei Stunden über der Lehne seines Schreibtischsessels abgelegt. Er kramte nach seiner Armbanduhr in der Innentasche.
„Es ist neun Uhr dreißig, Sir“, sagte eine sanfte Frauenstimme, die der jungen Noi gehörte. Ihre feinen Gesichtszüge ergänzten ihre schmalen Augen zu einem Gemälde besonderer Schönheit. Die dunkelbraune Haut erzählte von ihren kambodschanischen Wurzeln. Auch sie war, wie die meisten ihrer Kollegen der Nachtschicht, nicht nach Hause gegangen. Die wenigen Stunden Schlaf und die Aufregung der zurückliegenden Stunden hatten ihre äußere Erscheinung kaum angekratzt.
„Wir haben eine Nachricht der Bombenleger bekommen.“ Sie reichte ihrem Chef den geöffneten Umschlag und ging zum Fenster, um die Jalousien hoch zu ziehen. Gun rieb sich die Augen.
„Warum sind Sie nicht heim gefahren?“, fragte er Noi, die ihre braune Dienstuniform durch eine blaue Jeans und einem gefakten T-Shirt von Lacoste ersetzt hatte.
„Ich fahre jetzt.“
Gun war mehr als doppelt so alt wie Noi, die für ihn fast wie eine Tochter war. Mit den Fingerspitzen ertastete er das Blatt Papier und zog es vorsichtig heraus.
„Wie ist der Umschlag hier hierhergekommen? Es ist kein Poststempel drauf.“
„Ein Motorradkurier hat ihn vor zehn Minuten abgegeben.“
„Wir müssen die Fingerabdrücke sichern“, sagte er leise zu Noi. „Jemand vom Labor soll herkommen und den Zettel abholen.“
Er legte das Papier auf seine Schreibtischunterlage. Noi hatte bereits sein Büro verlassen. Er begann zu lesen:
Dies ist eine Verlautbarung der Gruppe Phra Si An
Unsere Ziele und Absichten sind friedlicher Natur. Unsere Maßnahmen richten sich nicht gegen das thailändische Volk. Wir respektieren und verehren den König und die thailändische Verfassung. Wir verlangen von der Regierung, dass sie unsere Gesetze respektiert. Prostitution ist illegal in unserem Land. Thailand ist zum Bordell der Welt mutiert. Tausende von jungen Frauen verkaufen sich an die Ausländer dieser Welt. Dieser Ist-Zustand ist für uns inakzeptabel!
Die Bombe von gestern war eine Warnung. Falls die zuständigen Behörden nicht gegen die unerträgliche Massenprostitution aktiv werden, sehen wir uns gezwungen, zu drastischeren Maßnahmen zu greifen.
Unsere Forderungen lauten wie folgt:
1) Alle illegalen Außenbars auf der Sukhumvit müssen ab morgen Freitag unwiderruflich verschwunden sein.
2) Alle Bars außerhalb des Nana Plaza Entertainment Centers müssen ab Freitag in einer Woche unwiderruflich geschlossen sein.
3) Das Nana Plaza Entertainment Center muss am Freitag in zwei Wochen unwiderruflich geschlossen werden.
4) Die Gogo-Bars der Soi Cowboy müssen am Freitag in drei Wochen unwiderruflich geschlossen werden.
5) Alle Ladybars, Bordelle und
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