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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mochte ihn, und das war wenigstens etwas.
    Beckmann beugte sich wieder über seine Karten und musterte die Küstenlinie um die Mündung des Endeavour River. Er konnte es sich nicht leisten, daran vorbeizufahren.

2
    W ill Gaunt hatte sich ganz genau ausgemalt, wie die Zukunft seines Sohnes aussehen sollte. Edmund würde als Kajütenjunge anfangen, einige Jahre als Matrose fahren, Befehle befolgen, sich mutig und tüchtig zeigen, Geld sparen und mit zunehmender Erfahrung Schritt für Schritt befördert werden. Auf diese Weise konnte er sich allmählich zur Spitze hocharbeiten und schließlich das kostbare Kapitänspatent erwerben.
    Dieser Einfall war ihm in einem lichten Augenblick gekommen – der erste Einfall, den Willy je gehabt hatte – und er konnte sich vor Aufregung kaum fassen, so genial fand er ihn. Bis zu jenem Tag hatte sich Willy vom Schicksal treiben lassen, hatte nicht mehr Gewalt über sein Leben gehabt als ein Stein, der eine gepflasterte Straße hinunterrollt. In den düsteren Elendsvierteln von Liverpool, die sein Zuhause gewesen waren, mußten die Einheimischen mit den Horden hungernder irischer Einwanderer um das tägliche Stückchen Brot kämpfen. Diebstahl war eine Lebensnotwendigkeit, und ein geschickter Dieb wurde von allen bewundert. Willy war weder ein guter noch ein schlechter Dieb. Er arbeitete einfach in diesem Beruf, und eigentlich wurde ihm niemals bewußt, daß er ums Überleben kämpfte.
    Als der klirrende Frost des Winters über die ausgemergelten Menschen hereinbrach, schlossen sich hinter Willy und seinen Kameraden die Gefängnistore. Verächtlich grinsend stapften die Sträflinge über den Gefängnishof, wo Magistratsbeamte ihren Preis ausriefen wie auf einer Auktion; die einzigen Bieter waren die Kolonien.
    Willy war es gleichgültig, daß er nun ein Weltreisender geworden war. Als er von Sydney aus zum Moreton-Bay-Gefängnis geführt wurde, sah er die Gräber anderer Sträflinge. Mit einem Dokument in der Tasche, das ihn als Freigänger auswies, schlug er sich nach Brisbane durch, um zu arbeiten. Er verlor jegliches Zeitgefühl, bis ihn ein gelangweilter Büroangestellter darauf aufmerksam machte, daß er nun schon seit mehr als einem Jahr ein freier Mann war.
    Seine Frau Jane Bird, ebenfalls eine ehemalige Strafgefangene, kratzte die zehn Guineen zusammen, die zum Kauf eines eigenen Hauses nötig waren. Dort sollte ihr Sohn aufwachsen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Willy schon so an die schwere Arbeit gewöhnt, daß er weiter seinem Tagwerk nachging und sich in mehreren Berufen versuchte, nur gelegentlich, aus alter Gewohnheit, handelte er noch mit gestohlenen Waren.
    Ein freier Mann zu sein bedeutete Willy sehr viel. Als junger Bursche hatte er sich keine Gedanken darüber gemacht, was das Wort »frei« eigentlich bedeutete, aber nun besaß er ein Stück Papier, das ihm diese Freiheit garantierte. Außerdem hatte er einen Sohn, dem die Möglichkeit offenstand, einmal eine wichtige Persönlichkeit zu werden, ein Mann, der anderen Leuten Befehle gab.
    Durch seine guten Beziehungen zu den Hafenarbeitern von Brisbane machte Willy Gaunt die Bekanntschaft des deutschen Kapitäns Beckmann. Beckmann besaß einen Küstenklipper, die
White Rose.
    Der scharfsichtige Willy hatte sich schnell ein Urteil gebildet: Beckmann war ein guter Kerl, ein Mann, dem man vertrauen konnte. Es erforderte ein wenig Überredungskunst, aber schließlich war der Kapitän bereit, seinem Jungen eine Chance zu geben, und so heuerte Edmund als Kajütenjunge auf der
White Rose
an.
    Jane war gestorben, als der Junge zehn Jahre alt war. Sie hatte ihren Mann inständig gebeten, für den Jungen zu sorgen, und Willy hatte Wort gehalten. Er liebte seinen Sohn und war stolz darauf, daß er so gut lesen und schreiben konnte wie ein großer Herr. Und nun sollte Edmunds Leben als Seemann beginnen.
     
    Drei Nächte in der Woche mußte Edmund Wache halten, auf Abruf bereit sein, Botschaften überbringen, mußte die Laternen überprüfen und einfach die Augen offenhalten.
    »Deine Augen sind noch jung«, hatte Kapitän Beckmann gesagt. »Meistens wissen sie zwar nicht, wonach sie Ausschau halten sollen, aber wenigstens sind sie noch nicht von gestohlenem Rum vernebelt.«
    Edmund saß hoch droben auf einer Spiere und beobachtete dienstbeflissen das ruhige, mondbeschienene Wasser der Whitsunday Passage. Endlich fühlte er sich einmal wohl, denn hier war der Seegang nicht so stark wie auf dem offenen Meer. Während alle

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