Sonnenfeuer
bereits eine Kaserne, ein Krankenhaus und einen herrlichen Amtssitz errichten lassen, von dem aus man eine liebliche Meerenge überblicken konnte, die als Albany Pass bekannt war. Im Augenblick markierte er Straßen auf dem gerodeten Gebiet und überwachte die Landzuteilung an seine künftigen Bürger.
»Sie sollten ein Stück Land kaufen, Beckmann«, hatte Jardine gesagt. »Ein hervorragendes Stück Land mit einer hübschen Aussicht würde Sie nur zwanzig Pfund kosten. Das ist doch fast geschenkt!«
Fast geschenkt? Beckmann glaubte trotz der Zuversicht dieses zähen und findigen Mannes nicht daran, daß diese winzige Siedlung überleben würde, aber er konnte es sich nicht leisten, Jardine vor den Kopf zu stoßen. Somerset war ein günstig gelegener Hafen. Die Handelsschiffahrt zwischen Batavia und Brisbane warf zwar viel Geld ab, war aber gefährlich, vor allem in der Gegend der Meerenge von Torres. Mordende asiatische Piraten lauerten den Schiffen auf, die zwischen den Riffen nur langsam vorwärtskamen, und die schiffbrüchigen Seeleute auf einsamen Inseln waren den wilden Schwarzen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, wenn sie nicht auf den glühend heißen Korallenatollen verdursteten. Jardine hatte schon vielen Seeleuten das Leben gerettet, indem er mit seinem eigenen Schiff in See gestochen war, um mit seinen Soldaten die Angreifer zurückzuschlagen. Er war wirklich ein außergewöhnlicher Zeitgenosse. Das Wichtigste war jedoch, daß es in Somerset frisches, sauberes Wasser gab.
»Vielen Dank, Sir, es ist in der Tat fast geschenkt«, hatte Beckmann erwidert, »aber ich besitze ein Haus in Brisbane.«
»Es drängt nicht. Sie haben ja genug Zeit, darüber nachzudenken. Übrigens habe ich gehört, daß Ihre Frau dieses Mal auch an Bord der
White Rose
ist. Sie müssen sie heute zum Abendessen mit zu uns an Land bringen.«
»Leider ist das nicht möglich. Mrs. Beckmann ist in Batavia erkrankt.«
»Batavia? Ein schmutziges Nest. Möchten Sie, daß unser Arzt nach ihr sieht?«
»Nein, vielen Dank. Sie ist bereits über den Berg, fühlt sich allerdings immer noch nicht ganz wohl und möchte das Schiff nicht verlassen.«
Jardine sah ihn eine Zeitlang verständnislos an und grinste schließlich. »Ich verstehe. Durchfall, nicht wahr? Sehr peinlich für eine Dame. Ist für jeden von uns peinlich. Mehl und Wasser, ein Geheimrezept. Das stopft. Aber dieses verdammte Wasser aus Batavia sollten Sie ins Meer kippen. Tierkadaver in den Brunnen sind dort nichts Ungewöhnliches. Sie sollten trotzdem zum Abendessen kommen, Käpt’n. Sie können in meinem Haus übernachten. Wir bekommen nicht oft Besuch, also lassen Sie uns feiern.«
Feiern! Beckmann hatte jetzt noch Kopfschmerzen, wenn er an Jardines Gelage in der letzten Woche dachte. Gussie war enttäuscht gewesen, hatte aber nicht gewagt, an Land zu gehen. Arme Gussie, diese Seereise war schrecklich für sie. Da ihr Ehemann soviel Zeit auf See verbrachte, war es ihr in Brisbane zu einsam geworden. Sie war gutmütig und eine ausgezeichnete Hausfrau, der es allerdings nicht leichtfiel, Freundschaften zu schließen. Die ungehobelten Nachbarn, unter ihnen viele entlassene Sträflinge, jagten ihr Angst ein. Außerdem vermißte sie ihren Sohn. Frederick hatte vorgehabt, mit ihnen nach Australien auszuwandern, aber seine Frau hatte in letzter Minute ihre Meinung geändert. Gussie vermißte ihre Familie und ihr Leben in Hamburg, das in geruhsamen Bahnen verlaufen war. Sie war so teilnahmslos und verzagt geworden, daß Otto ihr schließlich erlaubt hatte, ihn auf dieser Reise zu begleiten. Zwar hatte er zu bedenken gegeben, daß sie leicht seekrank wurde, aber in ihrer Freude hatte sie alle Einwände in den Wind geschlagen.
Nun litt sie schon seit Beginn der Fahrt an Seekrankheit, und als sie in Batavia an Land gingen, machte ihr das feuchtheiße Klima zu schaffen; ihre Nase rebellierte gegen den Gestank der Abfälle im Hafenbecken, der sich mit dem widerwärtig süßlichen Duft exotischer Pflanzen vermischte, und schließlich war sie von einer Tropenkrankheit befallen worden, die sie so geschwächt hatte, daß sie zurück an Bord getragen werden mußte. Beckmann seufzte. Und dann die Abendeinladung bei diesem Engländer! Nach Jardines Geschichten über zahllose Überfälle der Aborigines auf die Siedlung – Yardigans und Goomokodeens, wie er ohne erkennbare Gemütsregung feststellte – hatte Otto schlecht geschlafen. Die Eingeborenen tanzten wie grimmige Kobolde vor
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