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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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sonst gab es null Punkte. Ich ging es langsam an, sehr langsam. Trotzdem war ich nach drei Runden so fertig, dass ich sterben wollte. Ich blieb stehen. Scheiß auf die null Punkte, dachte ich gerade, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Rücken spürte. Eine andere Hand packte mich an der Schulter und ich wurde angeschoben wie ein altes Auto. »Nicht schlappmachen!«, hörte ich den Sportlehrer in mein Ohr brüllen. Dann gab er mir einen letzten Stoß. Er dachte wohl wirklich, ich sei ein Auto und er hätte meinen Motor wieder gestartet. Wenn ich doch bloß eins gewesen wäre! Autos stolpern nicht. Die Wucht des letzten Stoßes brachte mein Gleichgewicht derart durcheinander, dass ich nach rechts abdriftete und mit 10 0 Stundenkilometern auf ein Geländer krachte. Es krachte tatsächlich. Ich konnte genau hören, wie mein rechter Oberarmknochen zerbrach. Kein schönes Geräusch.
    Danach lag ich vier Wochen im Krankenhaus. Dieses Arschloch von Sportlehrer hat mich nicht einmal besucht. Ich hätte ihn verklagen sollen.
    »Ach ja, die Sache mit Ihrem Arm«, sagte Amsel leise.
    Ich hatte ihn da bewusst an etwas Unangenehmes erinnert. Schließlich war es einer von seinen Leuten, der mich ins Krankenhaus geschubst hatte. Er schuldete mir etwas.
    »Tja, Herr Sonnenschein«, sagte er freundlich. »In Anbetracht dieser Tatsache würde ich sagen, die Prüfung ist hiermit beendet. Warten Sie bitte einen Moment draußen. Herr Radtke wird Ihnen dann Ihr Ergebnis mitteilen. Auf Wiedersehen, Herr Sonnenschein.«
    Ich gab ihm und der Frau noch artig die Hand zum Abschied und ging hinaus. Gott, war ich froh, diese Scheißprüfung hinter mir zu haben!
    Ich setzte mich auf einen Stuhl und wartete. Immer ließen sie einen warten. Überall. Auf den Bus, aufs Essen, auf Weihnachten und auf beschissene Prüfungsergebnisse. Warten, warten, warten. Was gab es denn in meinem Fall noch großartig zu beraten? Faktisch hatte ich nichts gewusst. Null. Und genauso viele Punkte hatte ich verdient. Höchstens. Warten, warten, warten. Ich wollte endlich eine rauchen. Ich musste endlich eine rauchen. Ich steckte mir eine an. Was sollten sie schon machen? Mich rausschmeißen? Die Zigarette tat gut. Es war eine von den Zigaretten, die wirklich gut schmeckten. Meistens rauchte ich nur aus Langeweile. Die richtig guten Zigaretten waren die nach dem Essen, nach dem Kino oder nach irgendwelchen Prüfungen.
    Ich faltete mir einen Aschenbecher aus alten Kontoauszügen, die ich in meiner Jackentasche fand. 3,8 8 Mark stand auf dem einen. Scheißgeld. Als ich mir gerade die zweite Zigarette anzündete, kam Radtke endlich.
    »Mensch, David! Mach die Kippe aus! Wenn Amsel dich sieht! Du solltest dein Glück lieber nicht überstrapazieren.«
    Auf einmal hieß ich wieder David.
    »Wie viel?«, fragte ich.
    »Du hast Glück gehabt.«
    »Wie viel?«
    »Verdammtes Glück. Drei Punkte. Herzlichen Glückwunsch, David!«
    Er gab mir noch die Hand und ging wieder rein. Drei Punkte. Von jedem einer. Oder einen für den Kaiser, einen für Schiller, Friedrich, und einen für meinen Arm. Diese Betrüger. Jetzt sollte ich ihnen wohl dankbar sein. Danke schön, sehr gnädig. Scheiße. Das war’s dann wohl. Keine Schule mehr. Keine Mädchen mehr. Ich war ein gottverdammter Abiturient.

drei
    Als ich nach draußen auf den Schulhof kam, begrüßten mich eine Million spritzender Sektflaschen. Was für eine Verschwendung! Alle johlten und grölten sie und klopften mir auf die Schulter. Ich war ziemlich beliebt. Weiß der Teufel, warum.
    »Wie viele Punkte, Sunshine?«, fragte einer.
    »17«, sagte ich.
    »Was für ’n Durchschnitt?«, wollte ein anderer wissen und ich sagte »83«.
    In dem ganzen Gewühl sah ich niemanden, den ich mochte. Nicht mal annähernd. Und ich hatte eine vertraute Seele doch so nötig. Die Traurigkeit war wiedergekommen und ich brauchte jemanden, um sie zu vertreiben. Schnell.
    Wo war Kelly bloß? Süße Kelly. Wunderbare, über alles geliebte Kelly. Wo war sie nur?
    Zwei Jahre lang war ich schon in Kelly verliebt. Seit dem Tag, als sie mir plötzlich in Englisch/Leistung gegenübersaß. Sie saß einfach nur da und sah wunderschön aus, und als sie dann lächelte, setzte ich mich glatt neben meinen Stuhl. Natürlich fingen alle an zu lachen. Alle außer ihr.
    Kelly war die Kurzform für ich weiß nicht was. Sie war Engländerin, zur Hälfte jedenfalls, und sie sprach meinen Namen englisch aus. Ohne dass ich sie darum gebeten hatte.
    »David, du bist ein

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