Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland

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gingen Fenster auf, und Neugierige starrten hinunter. Der Mann war ein Mensch, groß, sandfarbene Haut, breite Schultern. Seine Augen blitzten, und seine Kiefermuskeln arbeiteten, als der Leibwächter ihm das lockere, goldfarbene Herrenhemd aus der Hose zerrte, um es ihm, die Knöpfe aufsprengend, nach hinten über die Schultern zu ziehen.

    Tabea glotzte.
    »Hübsch«, sagte sie. »Bringt ihn her.«
    Er hatte ein goldenes Tattoo auf der Backe, und eine schwarze Strähne fiel ihm über die Augen. Er war ein Prachtexemplar, besonders mit dieser wilden Miene eines zutiefst Gekränkten. »Ein klasse Typ«, bemerkte sie laut und deutlich unter dem Gelächter von Topaz und Karen.

    Soi fuhr sie nach Hause. Die öffentlichen Uhren, an denen sie vorbeikamen, sagten zum Beispiel 18:49, obwohl es Tabea wie Mitternacht vorkam. Vielleicht, weil sie noch immer ihre Sonnenbrille trug. Kenny und seine Gang fuhren auf Krafträdern, eine Art Schutzstaffel. Lauter Jungs: Otis und Clegg und Lomax. Sie kannte diese Typen von früher, aus Hafenbars auf Pascal oder Ottica I: Söldner, Abenteurer, freiberufliche Helden. Aus irgendeinem Grund hatten sie immer nur einen Namen und waren wortkarg. Stattdessen protzten sie mit ihren neuesten Servos, zerquetschten Aschenbecher mit ihren verstärkten Fingern.
    Tabea saß mit Topaz und Zoe im Fond. Schon wieder diese dumpfen Kopfschmerzen! Sie biss die Zähne zusammen, schloss die Augen und reckte ihren Hals, bewegte den Kopf von einer Seite auf die andere. »Ich brauche noch ein paar Pillen«, sagte sie.
    »Du hast schon welche geschluckt«, sagte Topaz.
    »Zoe. Pillen.«
    »Wir haben keine dabei, Käpt’n.«
    »Pillen. Ich fahre nicht nach Hause, bevor mir jemand Pillen gibt.«
    »Gott, du nervst, Tabea.«
    Tabea traktierte den Boden des Wagens mit ihren Stiefelabsätzen.
»Ich bin der verdammte Käpt’n, gebt mir die verdammten Pillen.«
    »Mein Gott, irgendwer muss doch ein paar dabeihaben«, sagte Topaz, während Karen in ihrer Handtasche kramte. »Was für welche hast du denn? Du hast nicht wenigstens eine für mich? Ach, du bist vielleicht süß.«
    Tabea musterte die gewaltigen Holoreklamen in den Vergnügungskorridoren der oberen Etage, die eine um die andere vorbeischwammen wie halluzinierte Riesenspielkarten. SPIELE BAR GEWINNEN PLATIN SALON HÖHEPUNKT MALIBU-STARS BIER SCHIGENAGA-PORNOSTARS. Flüchtige Schwaden schraubten sich in die bunten Holos, Retro-Dämpfe aus den Krädern. Kennys Burschen machten sich besser, wenn sie in Bewegung waren, dachte Tabea und bewunderte die schrägen dunkelgrauen Silhouetten, die so abstrakt waren und doch so bedrohlich.
    »Was ist eigentlich aus dem Kerl geworden, den ich mir gönnen wollte?«

    »Ti Frau is witah tah«, sagte Soi, als sie die Auffahrt hochfuhren.
    Es war eine Schrantin im gelben Kostüm. Sie saß auf einem hohen Felssims und beobachtete das Apartment. Sie hatte sich vorhin schon hier herumgedrückt, als fühle sie sich gezwungen, hier zu sein, sei aber zu scheu, näher heranzugehen. Vielleicht nur ein Fan. Vielleicht dachte sie auch, Kenny und Soi könnten ihr zu einem Job verhelfen; wenn das aber der Grund ihres Hierseins war, dann sollte sie sich vielleicht ein kleines bisschen mehr ins Zeug legen.
    Tabea sah zu der Schrantin hoch, als sie unter dem Sims vorbeikamen. »Hast du nichts Besseres zu tun?«, hätte sie am liebsten gerufen.

    Von Krädern umgeben, hielt der Wagen an. Topaz fuhr das Fenster herunter und winkte Kenny heran. Kenny schnupperte, wischte sich mit der Pfote über die Schnauze. Die Frau war ihm längst aufgefallen.
    »Schaff sie uns vom Hals«, sagte Käpt’n Jute.

    Kenny trug seine graue Weste, den Reißverschluss bis zum Hals zugezogen, und enge schwarze Knickerbockers. Er stand auf dem Sims vor der Frau, breitbeinig, mit peitschendem Schwanz. »Was hast du hier verloren?«
    Es war eine ganz einfache Frau. Sie trug Sandalen und schien um den Inhalt ihrer Plastiktragetasche besorgt. Die Schrantin war völlig harmlos. Sie roch nach Furcht und Respekt. Seine Worte machten sie zittern. Aber sie kauerte sich nur noch mehr zusammen, machte keine Anstalten zu gehen.
    Kenny schlug ein-, zweimal mit der Schwanzspitze auf den Boden. »Käpt’n Jute will nicht gestört werden«, sagte er.
    Die Frau hob das Gesicht. Ihre Augen waren von einem anmutigen, zarten Grün, die Lippen blassviolett. Sie duckte den Kopf. Durch das dünne Material ihres Kostüms waren die Brustwarzen deutlich zu sehen. Es entging ihm